Mecit Cetinkaya ist seit 20 Jahren Trainer beim TuS Finkenwerder, er bildet seine Jungs jedoch nicht nur im Faustkampf erfolgreich aus.

Finkenwerder. Schon auf den Plakaten in Finkenwerder stand "20 Jahre Boxen." Ein Kampfabend in der farbenfreudig herausgeputzten altehrwürdigen Gorch-Fock-Halle zwischen ein wenig Nostalgie und viel Zukunftshoffnung. Es waren allerdings die schon erfahrenen und mit Titeln ausgestatteten Kämpfer, die oben im Ring für beste Unterhaltung sorgten. Allen voran Berat Tolga Aciksari, derzeit der stärkste Boxer im Trikot des TuS Finkenwerder. Der 19-Jährige, der gerade seine Ausbildung zum Lackierer und Karosseriebauer abschließt, hatte in Lorenzo Zarwadei vom BSV 19 Hamburg einen erfahrenen und ausgesprochen sperrigen Widersacher. Unter den "Berat, Berat-Anfeuerungen" der Finkenwerder Mädchen und Jungen versuchte der amtierende Hamburger und norddeutsche Meister, die Kunst des Faustkampfes zu demonstrieren. Da sein Gegner aber immer wieder wild drauf losschlug und klammerte, kam es häufig zu Rangeleien zwischen den Seilen. Am Ende aber blieb Berat Aciksari klarer Punktsieger in diesem Kampf der Gewichtsklasse bis 69 Kilo.

"Werbung für unseren Sport hat auch David Burakiewicz vom Harburger SC gemacht", lobte der Chef der Veranstaltung, Mecit Cetinkaya. "Der David ist ein Mann für die Zukunft des Hamburger Amateurboxens." Der 21-Jährige, der gerade sein Abitur absolviert hat, bezwang in einem mitreißenden Duell den holländischen Vizemeister Yusuf Likoglu knapp nach Punkten. David und Berat werden auch zur Hamburger Auswahl gehören, die am 23. Mai zu einem Städtekampf nach Trapzon, der Heimatstadt von Mecit Cetinkaya, fliegt. Finkenwerders Trainer möchte auch gerne den erst zwölf Jahre alten Tolga Ekinci mitnehmen (wenn es Eltern und Lehrer erlauben), der in einem beherzten Schülerkampf den Berliner Meister Al Mohamed besiegte.

Und dann stand bei dieser Jubiläumsveranstaltung auch Rony Gerulat, Finkenwerders einsatzfreudiger Postbote im Ring. Der Gegner des 32-jährigen Familienvaters war Sportstudent Marion Pittroff vom BSV 19. Der hatte zu Beginn dem neuen Publikumsliebling wohl nicht richtig ernst genommen und war überrascht, wo all die vielen Schläge herkamen, die er einstecken musste. Punktsieger ganz klar Rony Gerulat. Niederlagen mussten die Nachwuchskämpfer Özgür und Melvin Ulas einstecken und bei den Junioren auch der Hamburger und norddeutsche Meister Onur Cömertel.

Trainer Mecit Cetinkaya hat vor 20 Jahren das Boxen wieder nach Finkenwerder gebracht. Er war acht Jahre alt, als er mit den Eltern 1977 nach Deutschland kam. Das Hamburger Abendblatt sprach mit ihm über 20 Jahre Boxerfolge in Finkenwerder.

Hamburger Abendblatt: Herr Cetinkaya, wie hat das eigentlich angefangen?

Mecit Cetinkaya, 43: Als ich 1991 mit dem Boxen in Wilhelmsburg aufhörte, kamen Freunde in Finkenwerder zu mir und fragten, ob wir nicht etwas für die Kinder tun können, weil viele auf der Straße herumlungern? Ich bin damals zu Thomas Kielhorn gegangen. Der Präsident des TuS Finkenwerder hat es ermöglicht, dass wir die Gorch-Fock-Halle gelegentlich benutzen konnten. Wir haben da sonntags mit den Kindern ein bisschen Fußball gespielt, dann auch einen Sandsack aufgehängt.

Wann haben Sie mit dem richtigen Boxtraining begonnen?

Cetinkaya: Vor 20 Jahren. Wir haben 1992 erstmals an den Hamburger Jugendmeisterschaften teilgenommen und vier Titel geholt. Das war gleich ein Feuerwerk im Hamburger Boxsport.

Können Sie sich an die Namen der vier ersten Meister im TuS-Trikot erinnern?

Cetinkaya: Natürlich. Das waren Turan Yilmaz, Sahin Esen, mein kleiner Bruder Murat Cetinkaya und Abdul Seri, dessen Bruder übrigens heute Abend die Siegerehrungen vornimmt.

Haben Sie einmal überschlagen, wie viele Hamburger- und Norddeutsche Meistertitel ihre Jungen in den zwei Jahrzehnten für den TuS Finkenwerder erkämpften?

Cetinkaya: Ich habe zwar ein Buch, in dem ich das alles festgehalten habe, aber erst wenn ich mich zur Ruhe setzte, habe ich Zeit, um das zusammen zu fassen.

Werden 100 Meisterschaften zusammen kommen?

Cetinkaya: Sicher. Wahrscheinlich mehr. Dazu gehören auch die erfolgreichen Profiboxer Gökalp Özekler und Mahir Oral.. Gökalp Özekler hat zwei Jahre in Finkenwerder geboxt, auch Mahir Oral stammt von der Elbinsel. Wir hatten hier so viele gute Jungs. Der kleine Fatih Yilmaz hat es sogar einmal fertig gebracht, in einer Saison zuerst bei den Junioren Hamburger, norddeutscher und auch Dritter bei den deutschen Meisterschaften zu werden und das auch bei den Männern.

Auffallend aber bleibt, dass noch immer die meisten der Kämpfer türkische oder auch russische Namen haben.

Cetinkaya: Und doch sind die meisten von denen längst Deutsche. Richtig aber bleibt, in unserem Sport hat nur Erfolg, wer sich im Leben durchsetzen, wer sich beweisen will. Das sind häufig nicht gerade die Kinder, die sehr behütet aufwachsen.

Beim Rückblick auf 20 Jahre Trainerarbeit beim TuS Finkenwerder, was macht Sie stolz?

Cetinkaya: Nicht in erster Linie die sportlichen Erfolge. Aber wenn ich erlebe, wie viele meiner Jungen sich auch im Leben durchgeboxt haben, das freut mich. Vor einigen Wochen, um ein Beispiel zu nennen, rief mich Michael Bade aus San Francisco an. Der Bengel hat sich dort mit einer Sicherheitsfirma selbstständig gemacht. Das wir unser Scherflein dazu beitragen konnten, dass die Jungen beim Boxen Selbstbewusstsein aufgebaut und Disziplin gelernt haben und sich besser draußen im Leben zu Recht finden, das ist viel, viel wichtiger als jeder Meistertitel.