Musik in allen Unterrichtsfächern ist Kern eines Pilotprojekts der Bertelsmann-Stiftung an der Grundschule Sprötze, dass seit Juni läuft.

Trelde. Dass die Blockflöten einmal so etwas wie die letzte Rettung der Trelder Grundschule werden würden, hätte vor ein paar Jahren wohl niemand gedacht. Sicher, Musik spielte schon immer eine große Rolle an der kleinen Außenstelle der Grundschule Sprötze. Die Schüler sangen Lieder, besuchten Kinderopern in Hamburg oder lernten Rechnen mit dem Mathe-Rap. Aber so professionell, wie der Schwerpunkt jetzt umgesetzt werden soll, ging es vorher nicht zu.

Das Zauberwort heißt "Musikalische Grundschule". Seit Juni dieses Jahres ist die Schule am südwestlichen Rand der Stadt Buchholz gemeinsam mit 101 weiteren Einrichtungen in Niedersachsen bei diesem Projekt der Bertelsmann-Stiftung mit im Boot, bei dem Musik mit allen Unterrichtsfächern kombiniert wird. Es soll dabei helfen, die Grundschule attraktiv für die so dringend benötigten Schüler aus den umliegenden Ortschaften zu machen, denn ansonsten würde der Schulstandort Trelde mit seiner knapp 200-jährigen Geschichte vor dem Aus stehen. "Die Anmeldungen aus dem Ort allein reichen für den Erhalt nicht aus", sagt die kommissarische Schulleiterin Christiane Kourist.

55 Mädchen und Jungen werden derzeit in dem 2004/2005 sanierten Gebäude am Drestedter Weg unterrichtet. 21 von ihnen stammen aus Trelde, 16 aus Kakenstorf, 14 aus Drestedt, drei aus Bötersheim plus ein weiteres Kind. Die zehn Erstklässler sind in einer Kombiklasse mit 13 Zweitklässlern untergebracht, während die dritte und vierte Klasse separat unterrichtet werden. "Erst ab 25 Schüler wären die Klassen geteilt worden", sagt Christiane Kourist.

Für das kommende Schuljahr hofft sie auf ausreichend Anmeldungen, um wieder eine einzelne erste Klasse anbieten zu können. "Bisher sieht es gut aus, aber wir wissen nicht, wie viele Schüler etwa zur Waldorf- oder Montessorischule abwandern." Vor allem diese Schulen sind die große Konkurrenz für Trelde, das vor sieben Jahren seine Eigenständigkeit verlor und zur Außenstelle der Schule in Sprötze wurde, denn sie sind nicht an Einzugsbereiche gebunden. Noch dazu liegt die Waldorfschule Nordheide in Kakenstorf direkt vor der Haustür.

Die Profilierung als Musikalische Grundschule soll das Blatt nun wenden und Schüler nach Trelde locken. "Wir würden dann ebenfalls eine Ausnahmegenehmigung für den Einzugsbereich der Schule erhalten", erklärt Buchholz' Erster Stadtrat Jan-Hendrik Röhse. Bis vor kurzem hatte ein langjähriger, spezieller Vertrag mit den Samtgemeinden Hollenstedt, zu der Drestedt gehört, und Tostedt, zu der Kakenstorf und Bötersheim gehören, der Schule die ausreichende Schülerzahl gesichert. Der Vertrag war geschlossen worden, weil sich Hollenstedt und Tostedt damals an den Kosten für die Schulsanierung beteiligt hatten. Daraufhin waren die Kosten, die die Gemeinden hätten tragen müssen, wenn sie ihre Schüler außerhalb der Gemeindegrenzen unterrichten lassen, mit dem Geld für die Sanierung verrechnet worden.

"Der Vertrag ist mittlerweile ausgelaufen und jetzt jeweils mit einer einjährigen Frist kündbar", sagt Röhse. Für Trelde bedeutet das, dass die Schule jedes Schuljahr aufs Neue hoffen muss, genügend Kinder zusammenzubekommen. "Ob das neue Konzept jetzt tatsächlich die Wende bringt, wird sich erst zeigen müssen", räumt er ein.

Für Christiane Kourist zumindest liegen die Vorteile eindeutig auf der Hand. Über Musik, Rhythmus und Bewegung gehe den Kindern das Lernen viel leichter von der Hand, sagt sie. Die Motivation steige ebenso an wie die Sozialkompetenz, und selbst manche weniger singfreudigen Jungs tauten beim Klatschen des Taktes plötzlich auf. Ein Blick in die Turnhalle bestätigt ihre Worte. Ausgelassen hüpft ein gutes Dutzend Mädchen und Jungen unter den Augen von Lehrerin Maike Petershagen über den Linoleumboden. Der Musikunterricht ist eine Symbiose mit dem Sportunterricht eingegangen.

"Wir tanzen Tarantella", erklärt Justin. Über den Tanz aus Süditalien hätten die Leute früher gedacht, dass man so das Gift aus dem Körper bekommen könne, wenn man von einer Tarantel gebissen wurde. "Aber das stimmt natürlich gar nicht", fügt er hinzu.

Bisher sei alles, was mit Musik zu tun habe, noch ziemlich lose in den Stundenplan integriert, sagt die Schulleiterin. Sie verweist etwa auf ein Lernkonzept, das den Kindern Deutsch und Mathe unter anderem mit Hilfe von Liedern und Bewegung näher bringt, auf die wöchentlichen Montagskreise, bei denen der Tag mit Singen eingeleitet wird, und auf den Blockflötenunterricht ab dem ersten Schuljahr.

Mit der neuen Profilierung soll das alles noch ein bisschen systematischer angegangen werden. Nach der Auftaktveranstaltung der Musikalischen Grundschule im niedersächsischen Kultusministerium im September hat für die Lehrer der Grundschule Sprötze/Trelde der praktische Teil begonnen. Musiklehrerin Rita Simsa-Zugck, die auch für die Ausbildung der Referendare verantwortlich ist, hat die inhaltliche Leitung übernommen und gibt ihr Wissen an die anderen Lehrer im Kollegium weiter. Regelmäßige Schulungen sind geplant, dazu kommt ein Coach ins Spiel, der die Fortschritte in der Umsetzung regelmäßig überwacht. Nach zwei Jahren muss die Grundschule dann eine Prüfung ablegen. "Erst wenn wir die bestehen, dürfen wir uns offiziell Musikalische Grundschule nennen", sagt Christiane Kourist. Neben Sprötze/Trelde sind im Landkreis Harburg auch die Grundschulen in Egestorf, Brackel und Neu Wulmstorf bei dem Projekt dabei.