In unserer Serie “Im sicheren Hafen“ steuern wir Sportboothäfen entlang der Elbe zwischen Bleckede im Osten und Freiburg im Westen an.

Früher rauschten regelmäßig dort, wo heute am Altländer Yachtzentrum Boote in der ruhigen Elbe liegen, Panzer in das Wasser. Ihre schweren Ketten krallten sich in den sandigen Boden und zogen das Gefährt unter schäumendem Wasser zum Elbgrund, bis es ganz unter der Oberfläche verschwunden war. Nur ein Schnorchel lugte dann noch aus dem Wasser hervor.

Nach rund 100 Metern begann dann das Wasser erneut zu schäumen, der Panzer schob sich aus dem Wasser und fuhr mit röhrendem Motor und klappernden Ketten die betonierte Rampe zur eigens für Übungszwecke von der Bundeswehr zwischen Elbufer und Lühesand aufgeschütteten Insel hinauf. Kurz darauf ging es wieder zurück - durch die Elbe und anschließend eine breite Betonrampe zum heutigen Gelände des Altländer Yachtzentrums hinauf.

Denn bis am Mittwoch, 30. September 1992, das Pionierbataillon 3 der Bundeswehr aufgelöst wurde, gehörte das Gelände den Streitkräften, die den Platz als Übungsgelände nutzten. Noch heute nennen die Lüher das Areal im Andenken an die Pioniere "Pio-Platz", auch wenn die militärische Historie des Platzes nunmehr rund 20 Jahre zurückliegt.

Erst vor einigen Jahren kehrte ein Hauch Militär in den Hafen zurück. "Ein Mitglied unseres Vereins hatte sich ein altes finnisches Minensuchboot gekauft und an den Steg gelegt", erzählt Klaus-Günter Feindt, 1. Vorsitzender des Wassersportclubs Lühe, kurz WSC. "Die Wasserschutzpolizei sah eine Kanone an Deck und war sofort zur Stelle." Nachdem sich herausgestellt hätte, dass die Kanone unbrauchbar gemacht worden war, verwandelte sich die Aufregung allerdings in Belustigung.

Während am Pio-Platz noch die Panzer rollten, hatten die Mitglieder des WSC ganz eigene Probleme. "Wir hatten seit der Gründung 1975 immer viele Mitglieder", sagt Klaus-Günter Feindt. "Doch früher lagen die Boote der Mitglieder noch verstreut, über viele einzelne Privatstege verteilt. Deshalb konnte kein umfassender Zusammenhalt entstehen." Der 65-Jährige weiß, wovon er spricht - er ist eines der Gründungsmitglieder.

Im Jahr 1998 fiel der Pio-Platz jedoch in Privathand, namentlich in die Hände Hans Heinrichs. Der im Alten Land geborene Unternehmer hatte 1980 die Reederei SAL, Schifffahrtskontor Altes Land, gegründet und zu einem der führenden Anbieter von Schwerlast-Transport zur See gemacht. Heute ist er 70 Jahre alt. Gleichzeitig engagierte er sich für die Region, in der er aufgewachsen ist.

+++ Leicht zu finden +++

+++ Gründer +++

+++ Pressewart +++

"Der Heinrichs hat wirklich ein Herz für die Schifffahrt", meint Klaus-Günter Feindt. "Wenn er den Hafen nicht gekauft und ausgebaut hätte, wäre nie ein Yachtzentrum entstanden, wie wir es heute hier haben." Durch Heinrichs' Kauf sei die Bootsfahrer-Szene in der Region zudem merklich aufgeblüht.

Ohne Heinrichs' Einsatz würde daher heute womöglich auch nicht der einzelne, 450 Meter lange Steg vom Pio-Platz an der Pio-Insel vorbei in die Lühesander Süderelbe ragen. 50 Liegeplätze bietet der Verein an ihm an.

Einen dieser Liegeplätze nutzt Thomas Simalla. Der 78-Jährige bereitet gerade Abendessen für sich in der Bordküche seines großen Segelbootes vor. Dass er überhaupt im Hafen Grünendeich liegt, geschieht nicht häufig - obwohl er dort Mieter eines Dauerliegeplatzes ist. Denn kurz nach seiner Pensionierung vom Feuerwehrdienst in Hamburg vor 15 Jahren segelte Simalla los - in Richtung Mittelmeer.

"Seitdem bin ich einen Großteil des Jahres im Mittelmeer. Eigentlich bin in ständig allein. Aber das macht mir überhaupt nichts aus", sagt Thomas Simalla. Er schätze das sonnige Wetter, die undurchdringliche Ruhe auf dem Meer und das maritime Flair. Denn mit Wasser war der rüstige Abenteurer sein ganzes Leben lang verbunden. Schon als Schüler und bis zu seinem 27. Lebensjahr paddelte er regelmäßig auf der Alster.

Dass er nach 15 Jahren Segeln auf mediterraner See immer noch wohlbehalten nach Grünendeich zurückkehrt, liegt nicht nur an Fortune und Gesundheit, sondern auch an Simallas eigener Arbeit.

"Ich war lange Zeit Schiffszimmerer. Alle meine Boote habe ich selbst gebaut", sagt er. So auch seinen Mittelmeer-Segler, der sein letztes großes Werk ist. Auch habe er gleichzeitig mehrere nautische Prüfungen abgelegt und sei viele Jahre beruflich zur See gefahren. "Selbst um Südamerika bin ich schon gesegelt - ein echtes Abenteuer."

Ob sich unter den 115 erwachsenen und 50 jugendlichen Mitgliedern des WSC Lühe jemand versteckt, der mit 78 ebenfalls eine solche Geschichte erzählen kann, steht noch in den Sternen. Fest steht, dass der Verein viel dafür tut, seine Mitglieder an das Wasser zu binden.

"Wir haben eine engagierte Jugendgruppe und geben sogar neugierigen Erwachsenen die Möglichkeit, in einem Schnupperkursus die Grundlagen des Segelns zu erlernen", sagt Sören Schult, Pressewart des WSC Lühe. Dass der 35-Jährige selbst als Ausbilder tätig ist, hängt er jedoch nicht an die große Glocke.

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Während er erzählt, wackeln im Hintergrund, auf der bei durchwachsenem Wetter rauen Elbe, einige Jollen im Wind. Die Erwachsenengruppe übt gerade. Die spitzen, bunten Segel zischen, noch etwas chaotisch, aneinander vorbei. Da kommt eine plötzliche Bö auf, eine Jolle neigt sich gefährlich stark und plumps - fällt der angehende Segler neben seinem quer auf dem Wasser liegenden Boot ins ungemütliche Nass. Auch die besten Segler fangen mal klein an. Er ist unversehrt und schafft es gar, mit Hilfe seiner Seglerkollegen das Boot wieder aufzurichten. Schon fährt er fleißig die nächsten Manöver.

Neben der Jugendarbeit organisiere der Verein zudem Winterregatten, Rallye-Regatten, herkömmliche Regatten, abendliche Klönschnacks und ein jährliches Grünkohlessen, erzählt Sören Schult. Für einige Menschen mag die Vorstellung von Grünkohl bereits abenteuerlich sein - für die Grünendeicher Segler ist das traditionelle norddeutsche Gericht erst die Grundlage für ein gelungenes Abenteuer.

Dienstag nächster Woche berichten wir aus dem Stadthafen und dem Hafen des Segler-Vereins Stade