36-jähriger Vietnamese stellt sich der Polizei und gesteht die Tat. Sein Motiv ist bislang unklar

Stade. Für die Putzfrau des Stader Altstadthotels "Zur Hanse" ist dieser Sonntag eigentlich ein Arbeitstag wie jeder andere. Doch als sie gegen 15 Uhr eines der Zimmer betritt, sieht sie etwas, das sie so schnell nicht vergessen wird. Auf dem Bett liegt eine tote Frau. Sofort holt die Reinigungskraft Hilfe. Mittlerweile ist klar: Die Frau wurde erstickt. Gestern Mittag stellte sich ein 36-jähriger Vietnamese aus Stade der Polizei, er gestand die Tat und wurde vorläufig festgenommen.

Bereits am Sonnabendabend hatten das Opfer, eine 31-jährige in Vietnam geborene Staderin, und der Tatverdächtige gemeinsam in dem Hotel an der Straße "Am Burggraben" eingecheckt. Das Hotel, das sich aus einem Haupthaus und zwei Gästezimmern zusammensetzt, verfügt über 30 Zimmer, davon vier Appartements und fünf Ferienwohnungen. Es wurde vom Deutschen Tourismusverband mit drei beziehungsweise vier Sternen für die Appartements ausgezeichnet.

Polizeibeamte gingen zunächst nicht von einem Gewaltverbrechen aus

Der Verdächtige ist wie das Opfer in Vietnam geboren. Nach Abendblatt-Informationen handelt es sich um ihren Schwager. Beide sollen häufiger Gäste des Hotels gewesen sein. Als die Polizei den Tatort am Sonntagnachmittag erreichte, ging sie zunächst nicht von einem Gewaltverbrechen aus. Das Zimmer war nicht verwüstet und es gab auch keine Anzeichen auf einen gewaltsam herbeigeführten Tod der Frau.

Dennoch ordneten die Ermittler eine Obduktion in der Rechtsmedizin der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf an. Das könnte mehrere Gründe gehabt haben. Erstens handelte es sich bei dem Opfer um eine junge Frau, was einen natürlichen Tod etwas unwahrscheinlicher macht. Zweitens war es ungewöhnlich, dass die Staderin in einem Hotel gefunden wurde und nicht zu Hause. Drittens hatte sich ihr männlicher Begleitung das Zimmer zwar mit der Frau geteilt, das Hotel allerdings am frühen Sonntagmorgen bereits wieder verlassen. Die Obduktion zog sich bis zum späten Montagabend hin.

Die Untersuchung der Leiche ergab, dass die junge Frau, die zwei Kinder hinterlässt, im Laufe des Sonntags erstickt wurde. Die Polizei leitete sofort eine Fahndung nach dem Verdächtigen ein. Diese blieb zunächst erfolglos. Gestern gegen 11 Uhr stellte sich der 36-Jährige schließlich bei der Polizei in Stade. Im Laufe der polizeilichen Ermittlungen ergaben sich zudem weitere Hinweise zum Tathergang.

Im Laufe ihres Aufenthaltes sind die beiden Hotelgäste nach Polizeiangaben offenbar in Streit geraten, der dann eskalierte und für das Opfer tödlich endete. Der Verdächtige wurde gestern im Laufe des Tages auf dem Polizeirevier in Stade vernommen. Dabei hat der Mann die Tat eingeräumt. Über ein Motiv und die weiteren Beweggründe der Tat sowie der anschließenden Flucht hat er bisher jedoch keine weiteren Angaben gemacht. Die Stader Staatsanwaltschaft hat bereits einen Haftbefehl beantragt und übernimmt die Leitung der Ermittlungen. Der Verdächtige soll heute dem Haftrichter vorgeführt werden.

Die Staatsanwaltschaft will nun nach Angaben von Pressesprecher Kai Thomas Breas möglichst zügig Anklage gegen den Tatverdächtigen erheben. Allerdings müssten zunächst alle Spuren gründlich ausgewertet werden, sagt Breas. Verhängt das Stader Amtsgericht einen Haftbefehl gegen den Verdächtigen, wird dieser zur Untersuchungshaft in eine niedersächsische Justizvollzugsanstalt gebracht, bis dahin bleibt er in Polizeigewahrsam. Für eine Gerichtsverhandlung ist die Anklage der Staatsanwaltschaft erforderlich. Ein möglicher Prozess muss spätestens in sechs Monaten beginnen.

Kommt es zu einem Gerichtsverfahren, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, wie es für den Verdächtigen neben einem Freispruch enden könnte. Werden Mordmerkmale festgestellt und es kommt zu einer Verurteilung, droht dem Täter eine lebenslange Haft. Eine ähnlich harte Strafe ist zu erwarten, wenn ein Totschlag in besonders schwerem Fall festgestellt wird. Sowohl bei einer Verurteilung wegen Totschlags als auch wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge muss der Verdächtige mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren rechnen.

Reduzieren würde sich das Strafmaß nur dann, wenn eine verminderte Schuldfähigkeit festgestellt werden würde. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn der Täter bei der Tat unter starkem Alkoholeinfluss gestanden hatte oder im Affekt handelte. Ein Freispruch wäre das Resultat einer Handlung in Notwehr. Im Jahr 2009 gab es laut Kriminalstatistik der Polizei im Bereich der Polizeiinspektion Stade zwei Morde beziehungsweise Totschläge. Beide Fälle konnten aufgeklärt werden.