Die Sopranistin Nora Friedrichs tritt am 4. September im Rahmen des Holk-Fests in Stade auf. Mit dem Abendblatt sprach sie über ihren Werdegang.

Stade. Vom 25. August bis zum 8. September findet in Stade zum 12. Mal das "Holk-Fest" statt. Unter den sieben Veranstaltungen an zum Teil ungewöhnlichen Orten ist auch ein Konzert der Sopranistin Nora Friedrichs. Die 26-Jährige, die in Engelschoff bei Himmelpforten aufgewachsen ist, studiert derzeit Gesang an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, kann aber schon jetzt auf erste internationale Erfolge zurückblicken. Das Hamburger Abendblatt traf sie zum Interview.

Hamburger Abendblatt: Frau Friedrichs, Sie sind im Landkreis Stade aufgewachsen, sind Auftritte wie der beim Holk-Fest für Sie etwas Besonderes?

Nora Friedrichs: Absolut. Ich habe im letzten Jahr beim Holk-Fest das Eröffnungskonzert gesungen, und das war ein tolles Erlebnis. Zum einem, weil ich mit der Mährischen Philharmonie Olmütz ein ganz tolles Orchester hinter mir hatte, und zum anderen, weil im Publikum viele Menschen saßen, die ich kannte. Meine Familie natürlich, aber auch meine frühere Gesangslehrerin oder Lehrer aus meiner Schulzeit. Konzerte in Stade sind deswegen immer etwas Besonderes.

Kennen Sie das Holk-Fest noch von Früher, als Sie selbst klein waren?

Friedrichs: Ja, ich war oft mit meinen Eltern dort. Wir besuchen regelmäßig die Eröffnungskonzerte. Auch für dieses Jahr sind die Karten schon gekauft. Das ist immer eine tolle Sache, weil dort wirklich gute Musiker auftreten.

Und wie ist das, wenn man dieses Eröffnungskonzert plötzlich selbst spielt?

Friedrichs: Großartig. Es hat mir wahnsinnigen Spaß gemacht. Auch, weil ich das Team vom Stadeum schon lange kenne. Ich bin dort schon als Schülerin öfter aufgetreten, und es war super, nach all den Jahren wieder auf dieser Bühne zu stehen. Ich hatte selten ein so tolles Konzert.

Bei Ihrem diesjährigen Konzert werden Sie die schönsten Werke aus Oper und Lied präsentieren. Was genau erwartet die Zuschauer?

Friedrichs: Es wird zwei Teile geben: Im ersten Teil singen wir Lieder, im zweiten Stücke des Opernrepertoires. Im Liedbereich haben wir auch einige eher unbekannte Werke ausgewählt, die uns besonders am Herzen liegen wie zum Beispiel das italienische Liederbuch von Hugo Wolf. Ich habe mit Sebastian Naglatzki einen Bassbariton dabei, mit dem ich viel im Wechsel singen werde.

Und im Opernteil?

Friedrichs: Da singen wir viele Klassiker. Ich finde es schön, wenn das Publikum einige Stücke wieder erkennt, weswegen wir einige Mozart-Duette dabei haben. Bei Duetten ist es besonders reizvoll, die jeweilige Szene auch schauspielerisch darzustellen. Außerdem wird es mit bekannten Arien von Verdi und Bizet echte Opern-Highlights für die Zuhörer geben.

Neben Bariton Sebastian Naglatzki werden Sie bei dem Konzert von der Pianistin Ana Miceva begleitet. Woher kennen Sie die beiden?

Friedrichs: Wir kennen uns durch unser Studium, sind im Laufe der Zeit sehr gute Freunde geworden und sind auf einer Wellenlänge, sowohl persönlich, als auch musikalisch. Außerdem haben wir die gleiche Vorstellung, wie man Konzerte gestalten sollte. Das erleichtert sowohl die Organisation als auch die Probenarbeit.

Sie studieren seit 2006 an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Wie geht es für Sie weiter?

Friedrichs: Den szenischen Teil meines Abschlusses habe ich schon absolviert. Im Herbst und im Frühjahr 2013 folgen noch drei Prüfungen, in denen mein Gesang bewertet wird, und dann bin ich fertig. Im kommenden Herbst beginnen auch die Vorsingen für die Spielzeit 2012/13. Ich würde mir natürlich wünschen, ein Engagement an einem Opernhaus zu bekommen. Besonders mag ich die Gegend um Wiesbaden, da gibt es viele tolle Theater. Ich kann ja nicht verlangen, dass ich als Anfängerin gleich an die Mailänder Scala komme. Ich würde aber sicherlich nicht "Nein" sagen, wenn sie anrufen (lacht).

Haben Sie schon immer gerne gesungen?

Friedrichs: Musik war immer ein Thema. Mein Vater ist Komponist und war lange als Professor an einer Musikhochschule tätig. Ich habe schon als Kind Instrumente gespielt, aber erst mit 18 beschlossen, Operngesang zu studieren.

Ein Schulmusical führte dazu, dass Sie mit 14 anfingen, Gesangsunterricht zu nehmen, richtig?

Friedrichs: Genau, meine Eltern haben dieses Schulmusical damals organisiert. Aufgeführt haben wir es übrigens im Stadeum. Dabei habe ich gemerkt, dass es eine Leidenschaft von mir werden könnte, Singen und Schauspiel zu verbinden. Damals fand ich Oper allerdings noch ziemlich langweilig, dafür musste ich erst älter werden.

Wie kamen Sie dazu? Heute wollen die meisten doch Popstar werden.

Friedrichs: Klassische Musik war mir aufgrund des Berufes meines Vaters nie fremd. Meine Mutter ist außerdem großer Opernfan und so war ich schon von Kindesbeinen an immer in der Oper. Operngesang hat mich irgendwann einfach gereizt, Popgesang hingegen nie. Ich kann das auch nicht singen.

Ist Operngesang nicht viel schwieriger?

Friedrichs: Ja, das denkt man immer. Es ist aber einfach ein ganz anderer Stil. Ich könnte es nicht, weil ich eben eine zum Operngesang ausgebildete Stimme habe. Ich finde, dass nichts komischer klingt, als eine Opernsängerin, die Popstücke singt.

Was hören Sie Zuhause am Liebsten?

Friedrichs: Ich höre privat tatsächlich nicht viel Musik, weil ich mich den ganzen Tag damit beschäftige und froh bin, wenn dann mal Stille um mich herum ist. Aber wenn ich zum Beispiel ausgehe, höre ich gern Funk, Jazz, Soul und alten Deutschen HipHop.

Und wer sind beruflich Ihre Vorbilder?

Friedrichs: Anna Netrebko. Viel besser als sie kann man es meiner Meinung nach nicht machen. Ihre Technik ist brillant und sie liefert trotz ihres wahnsinnig vollen Terminkalenders immer eine großartige Leistung ab, ich finde das ist absolut erstrebenswert.

Sie haben mittlerweile schon diverse Nachwuchspreise bekommen und mehrere Konzerte im Ausland gespielt. Was sind auf lange Sicht Ihre Ziele?

Friedrichs: Die großen Opernhäuser möchte ich schon gerne mal von Innen sehen, und zwar von Bühnenseite aus. Mailänder Scala, Berlin, Dresden, Zürich und München sind tolle Adressen. Wenn ich das nicht schaffe, geht die Welt auch nicht unter, aber mein Ziel ist schon nach ganz oben zu kommen. Und ganz oben ist natürlich die Metropolitan Opera in New York.

Sie kommen aus dem beschaulichen Engelschoff. Wie würden Sie New Yorker Zuschauern diesen Ort beschreiben?

Friedrichs: I ch würde sagen, es ist der schönste Ort der Welt. Er besteht aus einer Straße, ein paar Häusern und jeder Menge Kühen. Es gibt keine Sehenswürdigkeiten, aber es ist einfach mein Zuhause. Ich bin ein echter Landmensch, die Stadt geht mir schnell auf die Nerven und ich freue mich immer, wenn ich meine Eltern besuche und die Wiese vor der Tür habe. Vor allem das würde ich den New Yorkern erzählen, denn die meisten von denen haben vielleicht noch nie eine Wiese gesehen!