Bei Bargstedt wird die EVB-Bahnstrecke saniert. Ein 1000 Meter langer Spezialzug ist dafür im Einsatz. Er zieht die Tonnen an Material mit sich.

Bargstedt/Zeven. Ein altes Sprichwort, so erzählt Thomas Schegerer, lautet: Einmal Gleisbauer, immer Gleisbauer. "Bei mir trifft das zu", erzählt der 44-jährige Bayer. In seiner Familie habe der Gleisbau eine lange Tradition, die halte er seit etwa 20 Jahren am Leben. Doch trotzt aller Tradition: Die Arbeit hat sich verändert, denn Schegerer, Bauleiter bei der Firma Eurailpool, hat ganz anderes Werkzeug zur Verfügung als seine Vorfahren.

Derzeit ist der Bauleiter mit seinem Arbeitstrupp in Bargstedt tätig. Im Gepäck hat er eine PM 200-1 BR/C, Baujahr 1984. Hinter dem kryptischen Kürzel verbirgt sich eine sogenannte Planumverbesserungsmaschine in Modulbauweise. Das klingt immer noch kryptisch. Einfacher ausgedrückt: Es ist ein aus unzähligen Anhängern bestehender, ein Kilometer langer Werkstattzug, der Gleise anhebt, das Gleisbett ausgräbt und mit Fließbändern entsorgt, der ein neues Gleisbett mit mehreren Schotterarten anlegt und die Eisenbahngleise dann wieder an ihren ursprünglichen Ort absetzt und verankert. "Das Gerät ist eine enorme Arbeitserleichterung", sagt Schegerer und zeigt auf das Zugmonstrum.

1200 Tonnen Material hat das Fahrzeug geladen, bis zu 135 Kubikmeter Schotter werden von der Schaufelkette pro Stunde abgegraben. Vier solcher mehr als 15 Millionen Euro teuren Spezialzüge gibt es in Deutschland im Bestand der Eurailpool. Sie sind rund um die Uhr im Einsatz. In Deutschland, Bosnien, Ungarn und überall, wo Bahnstrecken saniert werden müssen.

Nun ist die Maschine also zwischen Bargstedt und Harsefeld unterwegs, denn die Gleise sind dort teilweise mehr als 100 Jahre alt. "Die müssen jetzt angepackt werden, wenn wir weiterhin einen reibungslosen Verkehr für die Fahrgäste bieten wollen", erklärt Eckhard Spliethoff, Pressesprecher der EVB-Bahngesellschaft, die die Strecke zwischen Buxtehude und Bremerhaven betreibt. "Die Sanierung der Strecke kostet fünf Millionen Euro, wobei das Land die Maßnahme zu 75 Prozent bezuschusst. Wenn die Arbeiten auf dem 5,5 Kilometer langen Abschnitt abgeschlossen sind, werden die Züge wieder planmäßig und auch viel leiser über die Gleise rollen", sagt Spliethoff. Gerne hätte die EVB die Sanierung früher angepackt, doch eine Gesetzeslücke zum Unterhalt des Schienennetzes mache es der EVB nicht leicht, alles sofort anzugehen. "Wir müssen daher leider immer wie ein Bittsteller beim Land auftreten", sagt der Pressesprecher.

Thomas Schegerer interessieren solche Aspekte nur wenig. Für ihn zählt vor allem eines: Rechtzeitig mit der Arbeit fertig werden, denn am 30. Juli soll der Zug bereits auf der Strecke zwischen Fürstenberg und Neustrelitz in Mecklenburg-Vorpommern die Gleisstrecke sanieren. "Wir arbeiten im Schichtbetrieb, rund um die Uhr. Sonst schaffen wir den Zeitplan nicht", sagt der Bauleiter.

Fast 50 Arbeiter sind an der Strecke beschäftigt, 16 von ihnen sitzen in winzigen Kabinen in den einzelnen Zugmodulen oder kontrollieren von außen, dass alles planmäßig verläuft. Andere wiederum helfen, die neue Schotterschicht zu verteilen, die die Maschine aufträgt, nachdem der Boden aufgeschüttet und verdichtet worden ist. Gerade einmal 25 Meter kommt der Zug in einer Stunde vorwärts. Das wirkt langsam, ist aber immer noch deutlich schneller als ein konventioneller Gleisbau mit Baggern, Lastwagen und Kränen. Der dauert Monate.

In der Mitte des quietschgelben Zuges, wo ein überdimensionaler Pumuckl aufgemalt ist, werden die Gleise um 50 Zentimeter angehoben, dann wird langsam die Tragschicht unter dem Gleisbett weggefräst. Ein Arbeiter kontrolliert von seiner Kanzel aus, dass sich die Maschine zentimetergenau entlang der festgelegten Trasse vorwärts arbeitet, während andere Mitarbeiter immer wieder die Abstände zwischen Zug, Gleisbett und Messfäden prüfen und den Zug notfalls hydraulisch anheben oder absenken. Die Arbeit wird immer wieder unterbrochen, wenn per Hand eine vermoderte Holzschwelle abgeschlagen werden muss. "Das ist aber kein Problem, die Schwelle wird im hinteren Teil der Maschine ersetzt", sagt Schegerer.

Für die Kommunikation untereinander sind die Arbeiter auf der kilometerlangen Baustelle mit Funkgeräten ausgestattet. Bei dem Lärm, den die Maschine verursache, gehe das auch nicht anders, erklärt Schegerer. "Sonst würden wir innerhalb kürzester Zeit sonst wo im Gleisbett graben. Das ist alles Präzisionsarbeit." Und auch Routine. Besonders komplizierte Situationen gebe es für das erfahrene Team nicht mehr, sagt Schegerer mit bayrischer Urgemütlichkeit. "Wir haben schon alles erlebt und alles gelöst."