Koma-Storys ist ein Jugendprojekt zum Thema Alkoholmissbrauch. Schüler inszenieren den Exzess und seine Ursachen.

Hanstedt. Dieser Faslam ist gar nicht lustig. Ein Teenager bricht auf der Tanzfläche zusammen. Das Mädchen hat sich bei einem Wetttrinken bis zur Besinnungslosigkeit gesoffen. Ihre sturzbetrunkenen Freunde haben zwar den Notarzt alarmiert, begreifen aber nicht wirklich, was passiert ist. Einer baggert sogar die Sanitäterin an: "Was 'n geiler Arsch", lallt der Junge. Der Rausch endet beinahe tödlich.

"Faslam" ist der Titel eines Theaterstücks der Haupt- und Realschule Hanstedt, das Lehrer Kristian Goose, 38, geschrieben und zusammen mit zwölf Schülern inszeniert hat. Das Schauspiel erzählt vom Komasaufen während der fünften Jahreszeit in der Lüneburger Heide, wenn der Rausch zur generationenübergreifenden Freizeitbeschäftigung wird. Das ist dann, wenn Teenager in Anwesenheit der Erwachsenen Korn in sich hineinschütten. Wenn Väter und Mütter schmunzelnd denken: "Ich war früher auch besoffen und aus mit ist trotzdem was geworden."

"Faslam" ist die Koma-Story der zwölf jungen Hanstedter Schüler, wie sie ihnen am Wochenende begegnen könnte. Das Schauspiel ist einer von insgesamt acht Festivalbeiträgen des Jugendprojekts "Koma-Storys". Schulen und Jugendträger im Landkreis Harburg inszenieren zurzeit eigene Theaterstücke oder drehen Filme, die Alkoholmissbrauch zum Thema haben. Alle Produktionen sind bei einem Festival am 8. März im Veranstaltungszentrum "ric" in Hittfeld zu sehen.

Beiträge steuern noch die Oberschule Rosengarten bei, die Heideschule, Waldschule und Stadtjugendpflege in Buchholz, die Hanseschule und die Jugendwerkstatt "Komm" in Winsen sowie die Reso-Fabrik in Tostedt.

Initiator ist der Verein "Zukunftsräume - Kinder- und Jugendförderung im Landkreis Harburg". Bis zu 16 000 Euro, allein aus Spenden finanziert, lässt sich der Verein mit 50 Mitgliedern sein Präventionsprojekt kosten. So ist möglich, dass die Schauspielerin Loretta Wollenberg die Laienproduktionen künstlerisch berät.

Seit April arbeiten die Hanstedter Schüler an ihrem Theaterstück: 20 Proben vor den Sommerferien, 20 nach den großen Ferien und zwei Wochenenden mit Übernachtung in der Schule. Mittlerweilen beherrschen die zwölf bis fünfzehn Jahre alten Jungen und Mädchen die Rollen ihrer 35 Minuten langen Koma-Story so sicher, dass sich bei den Dialogen auch schon improvisieren. "Die sind so gut, dass wir es jetzt perfekt machen können", lobt Loretta Wollenberg. Dadurch, dass die Schüler die Ideen selbst entwickeln, sagt "Zukunftsräume"-Vorsitzender Reiner Kaminski, sei die vorbeugende Wirkung von Theater und Film hier sehr groß.

Die Hanstedter Aufführung belässt es nicht bei der realistischen Beschreibung des Exzesses. In Rückblenden macht Regisseur Kristian Goose die Ursachen begreifbar. Diese Koma-Story ist die Geschichte einer verführten Jugend.

Etwa wenn Papa beim Kindergeburtstag den "Kindersekt" spendiert und "noch ein Schnäpschen dazu". Oder wenn Teenys mit dem Bollerwagen durch das Dorf ziehen, beim Faslam lallend an den Haustüren schnorren und als Antwort hören: "Das habt ihr aber schön gemacht!" Szenen wie diese haben die jungen Schauspieler selbst erlebt. "Ein bisschen kriegt man das ja mit", sagt Isabelle (14), "beim Faslam, auf dem Weihnachtsmarkt. Das muss ja nicht bei den Freunden sein." Das Theaterstück appelliert an die Verantwortung der Eltern, soll aber die Faslam-Tradition nicht in Frage stellen.

Die Hanstedter Koma-Story verzichtet auf eine Ansprache mit dem erhobenen Zeigefinger. Den Filmriss des Rauschopfers zeigt der Regisseur in einem Videoclip, untermalt mit düsterer Musik aus dem "Matrix"-Soundtrack.

Den dramaturgischen Kniff hat er aus dem Thriller "Lola rennt" überzeugend für die Bühne adaptiert. Geschickt verpackt Kristian Goose eine ernste Botschaft locker. Es darf auch gelacht werden.