Drei Gasthöfe in der Region laden Feinschmecker zum kulinarischen Schmaus am offenen Kaminfeuer ein. Da lohnt sich auch der weiteste Anfahrtsweg

Vor 40 000 Jahren aßen Menschen am Lagerfeuer und erzählten sich Geschichten. Ein Stück Steinzeit steckt noch immer in uns. Heutzutage zeugen brennende Kerzen von der festen Faszination für Flammen. Wir wollten wissen: Wo kann man am offenen Feuer feinschmecken? Und wir wurden fündig.

Schäferhof

"In meinem Zimmer gibt's ja gar kein Telefon", musste Dieter Hildebrand feststellen, als er vor einiger Zeit im Schäferhof übernachtete. Zuviel Ruhe für den Kabarettisten, Teil des Konzeptes von Christian Glet. In Zeiten von künstlichem Kaminfeuer auf DVDs setzt der Inhaber des Heidehotels auf Tradition. Bis 2007 arbeitete er für die TUI im Tourismus. Dann übernahm er mit seiner Frau Katerina den heimatlichen Betrieb mit Restaurant und 22 überwiegend frisch renovierten Zimmern.

Auf eine Sterne-Klassifizierung durch den Hotel- und Gaststättenverband Dehoga verzichtet er freiwillig "Wir lassen uns nicht in Schubladen stecken". Den Gästen scheint's zu gefallen, seinen Umsatz hat der Quereinsteiger seit dem Start verdreifacht.

Die beste Sicht auf offenes Feuer im Kaminzimmer garantiert Tisch 27. Zur Begrüßung überrascht uns der Hausherr mit altrosafarbenem Apfelsekt ohne Alkohol, dafür mit gepressten Rosenblättern für den Geschmack und ein Hauch Hagebutte für die Farbe. Danach empfiehlt er den frisch geschossenen Hirsch von der Landschlachterei Meyer in Bispingen. Sein Küchenchef Stefan Behrens legt die Kalbsmedaillons auf Hagebuttensoße, kleidet dazu Prinzessbohnen in einen Speckmantel und brät Kräutersaitlinge in der Pfanne. Auf die obligatorische Bratkartoffelbeilage verzichtet er zum Glück und präsentiert leckere Walnussspätzle. 17,50 Euro sind dafür gut kalkuliert.

Die Speisekarte hat viel Lokalkolorit - von der kross gebratenen Grützwurst "Heidjer Knipp" über Keule oder Ragout von der Heidschnucke bis hin zum Heidehonigparfait. Vieles davon für den kleinen Hunger auch preisermäßigt. Das Logo des Vereins Regionale Esskultur auf unseren Gläsern weist die kurzen Wege der meisten Waren. Allen voran die Heidekartoffeln vom Hof Höpen oder die glücklichen Forellen aus der nachbarschaftlichen Zucht.

Im Sommer sind 230 Quadratkilometer Naturschutzgebiet die beeindruckende Kulisse um den Schäferhof. Im Winter locken Gemütlichkeit und Pauschalen den stadtflüchtigen Übernachtungsgast. Zum Beispiel zwei Übernachtungen unter der Woche mit zweimal Frühstück und ein 3-Gänge-Abendessen für 99 Euro pro Person. Voriges Jahr war Bundespräsident Christian Wulff zu Besuch und schrieb ins Gästebuch: "Danke für die große Gastfreundschaft und Gemütlichkeit. Wir haben uns sehr wohl gefühlt und den Kuchen genossen."

Rauchfang Oldenhöfen

Da wird sich Ihr Navigationsgerät freuen. Die Lobby des guten Geschmacks liegt am Ende der Welt. Na ja, fast. Auf jeden Fall ein wenig versteckt und sehr idyllisch. Um ganz besonderes Feuerflair zu erleben, müssen Sie nach Oldenhöfen, einem kleinen Dorf mit 60 Einwohnern in der Nähe von Scheeßel reisen.

Der Rauchfang wurde um 1800 als Häuslingshaus erbaut und beherbergt seit 1993 ein ambitioniertes Restaurant. Auch hier sorgen die Jahreszeiten für zwei Welten. Wenn's draußen warm ist, sitzen die Gäste am liebsten auf der überdachten Terrasse mit Blick ins Grüne oder im hellen Wintergarten. Dann werden die großen Fenstertüren geöffnet und man tritt in den Garten mit weiter Wiese und alten Eichen.

An kalten Tagen spielt sich das Leben im vorderen Teil des Fachwerkhauses ab. Die Attraktion befindet sich mitten im Raum: eine offene Feuerstelle, der magische Anziehungspunkt im Rauchfang. Sie dürfen sich zuerst an die Flammen setzen und eine freundliche Stimme bietet einen Aperitif an. Die Stimme gehört Susanne Kaiser, der Dirigentin im Servicebereich. Sie reicht Kir Limette oder alkoholfreies Holunderbeerale. Ihr Mann Axel erlebt die Wärme hautnah am Herd.

Danach geht's zum Tisch. Wo früher das Vieh wohnte, wird heutzutage gegessen. Steaks, Lamm oder Seezunge gehören zum ständigen Repertoire des Küchenchefs. Sein Handwerk ist bodenständig, setzt oft mediterrane Akzente. Kurios: Weinbergschnecken erleben im halben Dutzend ihre Wiederauferstehung (7 Euro). Vegetarier freuen sich über Kürbisravioli mit gebratenen Pilzen (14,50 Euro).

Jetzt ist Wildsaison. Das jahreszeitliche 3-Gänge-Menü des Hauses startet mit einem winterlichen Salat und gebratenen Jakobsmuscheln. Als Hauptgericht gibt es Hirschrückenfilet an Wildpreiselbeerjus, dazu Rosenkohlpüree und handgeschabte Spätzle. Mit Calvados-Apfelcrêpe und Vanilleeis zum Dessert zahlen Sie 38,50 Euro. Wer sich zum Menüfinale für verschiedene Käsesorten und Brot entscheidet, dem werden 41 Euro berechnet. Der Michelin-Führer lobt das sehr gute Preis-Leistungsverhältnis.

Hof & Gut

Dass in Itzenbüttel Feuer im Kamin brennt, ist Johanna Coleman und Axel Brauer zu verdanken. Auf einer geerbten Hofstelle starteten sie ein Projekt, das weit über einen Restaurantbetrieb hinausgeht. Die Ursprünge der Anlage gehen zurück bis ins 16. Jahrhundert. Immer schon spielten Pferde hier eine wichtige Rolle. Deswegen begann man 2007 mit der Eröffnung einer Reitschule. 15 Ponys und Pferde stehen für Unterricht, Ausritte und Kindergeburtstage im Stall. In der ehemaligen Korn- und Kartoffelscheune verwirklichten die Betreiber ein Wohnprojekt, in dem Kinder und Erwachsene ein modernes Zuhause auf dem Land gefunden haben.

Das Herz der Anlage ist das alte Bauernhaus. Sein Innenleben wurde saniert, bis zum vorläufigen Höhepunkt der Hofgeschichte: die Eröffnung des Restaurants Stub'n im Herbst vorigen Jahres. Mittendrin ein offener Kamin mit Gästen drumherum. Für die kalte Jahreszeit haben sich Küchenchef Frank Schiffner und Restaurantleiter Ulf Röbe vorgenommen, einen Klassiker neu zu etablieren: das Fondue. Vor dem Kaminfeuer ist das gesellige Essen besonders kuschelig. Zur Wahl stehen Käse- oder Fleischfondue (19,50 Euro/ 27,50 Euro). Ersteres passt hervorragend als langsamer Begleiter eines gemütlichen Weinabends.

Die österreichische Sommeliere Anni Schwaiger empfiehlt die passenden Gewächse zum Eintunken von Brot (selbst gebacken) und Biokartoffeln (selbst geerntet) in den gasbeflammten Pott mit Cheddar, Emmentaler und Bergkäse. Das Fleischfondue kommt mit vorportionierten Rinderstücken aus Filet, Rumpsteak und Entrecote auf den Tisch, vornehmlich aus der Nachbarschaft. Hier weiden die hofeigenen Aubrac-Rinder, eine französische Rasse, die in Itzenbüttel gezüchtet wird.

Nach Lust und Laune spießen die Gäste Fleisch oder Gemüse auf und tunken es in die Brühe. Frank Schiffner hat vier feine Dips kreiert: Cocktail, Kräuter, Honig-Schmand-Chili und Sardelle-Kapern-Tomate. Dazu schenkt Anni Schwaiger "Carmino" ins Glas, eine Rotweincuvée vom Kaiserstuhl. Das große Fondue-Finale besteht traditionell aus der gebrauchten Brühe, die mit Port oder Sherry aus einer Espressotasse getrunken wird. Tolles Aroma.