Kaputtes Fluttor hat Brücke am Sperrwerk nach oben gedrückt. Unfälle und Staus waren die Folge. Sperrung für mindestens zehn Tage vorgesehen.

Cranz. Ein Defekt am Este-Sperrwerk in Cranz hat gestern für Autounfälle und kilometerlange Staus im Alten Land gesorgt. Gegen 6 Uhr morgens hatte sich eines der Fluttore des Sperrwerkes so stark verkeilt, dass die darüber liegende Brücke um mehrere Zentimeter nach oben gedrückt wurde. Die Polizei sperrte die Straßen "Cranzer Hauptdeich" und "Neuenfelder Hauptdeich" auf beiden Seiten der Brücke ab. Wegen des Berufsverkehrs zum Airbus-Werk in Finkenwerder staute sich der Verkehr besonders auf der niedersächsischen Seite, im Bereich von Jork. Erst gegen Mittag entspannte sich die Lage wieder.

Der Verkehr wird derzeit über den Obstmarschenweg (Landesstraße 140) geführt. Laut Rainer Bohmbach, Sprecher der Polizeiinspektion Stade, ist die Brücke erst einmal bis Sonntag, 18. Dezember, für den Autoverkehr gesperrt. Allerdings ist nach Angaben der Hamburg Port Authority (HPA) derzeit unklar, ob die notwendigen Reparaturen bis dahin beendet sein werden. Das Sperrwerk ist für den Schiffsverkehr geschlossen.

"Wir gehen davon aus, dass während der derzeitigen Sturmflut ein schwerer Gegenstand gegen das innere Fluttor gespült wurde", sagte gestern Stephan Kräßig, Bauingenieur bei der HPA und Objektverantwortlicher für das Sperrwerk. Bei dem Gegenstand könne es sich um ein Metallteil, "Schrott oder eine Eisenbahnschwelle", gehandelt haben, so Kräßig weiter. Einen Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg hielt er für "unwahrscheinlich". Klarheit sollte gestern Abend noch ein Taucher-Einsatz bringen. "Wir müssen den Schaden einschätzen. Erst dann können wir sagen, wie umfangreich die Reparaturen sein werden und wie lange sie dauern werden", so Kräßig. Er sagte auch, dass es so einen Defekt an dem Sperrwerk nach seiner Kenntnis noch nie gegeben habe.

Dass der Schaden indes beträchtlich ist, ist bereits mit dem bloßen Auge zu erkennen. Das innere der beiden Fluttore ist schräg unter der Brücke verkeilt, laut Stephan Kräßig ist es aus der unteren Führung gesprungen. Oberste Priorität der HPA war gestern laut Stephan Kräßig die Sicherung des Flutschutzes für das Umland des Elb-Nebenarmes Este. Denn für die nächsten Tage seien wieder Sturmfluten an der Elbe zu erwarten. Mittels einer Not-Hydraulik wurde gestern Vormittag das äußere Fluttor geschlossen. Weiterhin stellte die HPA zwei mit Erde beladene Lastwagen auf die gesperrte Brücke. Die Last soll verhindern, dass das defekte Tor die Brücke weiter nach oben drückt. Denn ein Hohlkörper im Inneren des Tores sorgt für Auftrieb.

Materielle Schäden hatte gestern indes nicht nur die HPA zu beklagen. Fünf Autofahrer, die morgens die Brücke vor der Polizeisperrung befuhren, bemerkten das aus dem Boden ragende Brückenteil zu spät. Sie fuhren gegen die sogenannten Metallfinger, die die Brückenklappe mit der Fahrbahn verbinden. "Bei vier der Autos waren die Räder und Aufhängungen beschädigt. Sie konnten nicht mehr weiterfahren und mussten abgeschleppt werden", so Jens Ratfeld, Sprecher der Polizei Hamburg. Von Verletzungen sei der Polizei nichts bekannt. Die Staus nach der Sperrung hätten sich gestern auf Hamburger Gebiet allerdings in Grenzen gehalten, da Airbus-Mitarbeiter das Gelände in Finkenwerder trotz der Sperrung erreichen konnten.

Anders die Lage im Alten Land. Laut Polizeisprecher Rainer Bohmbach reichte der morgendliche Stau auf der Kreisstraße 39 vom Sperrwerk bis zum Jorker Ortsteil Borstel. Über die Umleitung habe sich der Verkehr, ebenfalls auf der K 39, bis nach Jork-Königreich gestaut. Die Tatsache, dass an der dortigen Este-Brücke zwei Ampeln stehen, habe die Lage zusätzlich verschärft. Wegen des Staus kam es zu mehreren Auffahr-Unfällen. "Es gab aber nur leichte Blechschäden, keine Verletzungen", erklärte Bohmbach.

Das Este-Sperrwerk war erst im Sommer für mehrere Wochen für den Autoverkehr gesperrt worden. Den Juli über musste der Verkehr ruhen, weil die Steuerungstechnik und der Belag der Fahrbahn erneuert wurden. Stephan Kräßig betont, dass die damaligen Arbeiten in keinem Zusammenhang zum jetzigen Defekt stünden.

Das Sperrwerk verfügt über eine relativ moderne Technik. Zwischen 1998 und 2000 errichtete die Stadt Hamburg das 68 Meter lange und 31 Meter hohe Bauwerk. Es ersetzte das ehemalige, im Jahr 1968 konstruierte Sperrwerk. Ein höheres Schifffahrtsaufkommen machte den Neubau nötig, außerdem sollte die Sietas-Werft in Neuenfelde besser erreichbar sein. Die Baukosten in Höhe von 40 Millionen Euro teilten sich die Stadt Hamburg und die Sietas-Werft.