Monatelang stand der historische Schienenbus Wumag in der Werkstatt. Rechtzeitig zur Nikolausfahrt ist er wieder einsatzbereit.

Bremervörde. Manch ein Technikfan würde wohl ins Schwärmen kommen, ein anderer vielleicht viele Worte über die deutsche Ingenieurskunst verlieren. Doch EVB-Mechaniker Jörn Buschmann schätzt es knapper: "Das ist schon mal was anderes. So'n Getriebe wie das hat man natürlich nicht jeden Tag." Genau genommen, gibt er zu, ist es wohl das erste Mal im Leben, dass er ein vergleichbares historisches Bauteil auf der Werkbank hat.

Die Rede ist von einem ölglänzenden, obstkistengroßen Teil mit vielen Zahnrädern, das in der Bremervörder Wartungshalle der Eisenbahngesellschaft EVB gerade den letzten Schliff erhält. Es handelt sich um das Getriebe des "Wumag" - jenes historischen Schienenbusses aus dem Jahr 1926, der mit vollem Namen "Triebwagen Nürnberg 761" heißt und normalerweise für Ausflugsfahrten zwischen Buxtehude und Harsefeld eingesetzt wird.

Seit dem Frühjahr mussten die beliebten Fahrten ausfallen - Schuld war ein Schaden an eben jenem Getriebe, das Jörn Buschmann wieder flott gemacht hat. Seit Juni hat er immer wieder, neben seiner Tätigkeit an den großen, modernen Dieselloks, daran gearbeitet. Manche Zahnräder mussten, mangels Ersatz, extra angefertigt werden. Jetzt ist es soweit: In diesen Tagen werden letzte Arbeiten vorgenommen, damit der Wumag zur Nikolausfahrt am Sonntag, 4. Dezember wieder rollen kann. An diesem Wochenende findet auch der Harsefelder Weihnachtsmarkt im Klosterpark statt.

"Die Fahrt wird die Jungfernfahrt, nach einer langen Pause. Danach wird der Wumag dann voraussichtlich wieder von Mai bis September, an jedem zweiten Sonntag im Monat, eingesetzt", sagt Marten zum Felde, stellvertretender Vorsitzender der "Buxtehude-Harsefelder Eisenbahnfreunde".

Dem Verein ist es zu verdanken, dass die Öffentlichkeit noch heute etwas von dem nostalgischen Gefährt hat. In den 1970er-Jahren entdeckten Technikfans aus der Region, unter ihnen Dieter-Theodor Bohlmann, Kurator des Stader Technikmuseums, den Schienenbus im Harsefelder Betriebswerk der damaligen "Buxtehude-Harsefelder Eisenbahngesellschaft". Die Technikfans restaurierten den Wumag und gründeten den Verein, der seit 1979 die Ausflugsfahrten organisiert. Die EVB, der der Zug gehört, stellt für diese Fahrten die Lokführer.

Noch ist er freilich leer, der Wumag, der zurzeit auf dem Werksgelände geparkt ist. Abnutzungsspuren auf den Holzbänken und an den Vertäfelungen, den metallenen Haltegriffen und den beigefarbenen Stoffvorhängen künden von dem langen und ereignisreichen Leben, das der Schienenbus bereits gehabt hat. Die "Waggon- und Maschinenbau AG" (kurz: Wumag) in Görlitz konstruierte ihn als eines von sechs Versuchsfahrzeugen, die nie in Serie gingen, aber von der Deutschen Reichbahn eingesetzt wurden. Zunächst fuhren sie im damaligen Ostpreußen, später im Elbe-Weser-Dreieck.

In den 1950er-Jahren wurden sie ausgemustert. Der "T 761" ist der letzte seiner Art. Doch schon bald wird es in seinem Inneren wieder belebt zugehen - wohl noch belebter als zu jenen Zeiten, als Fahrgäste noch auf den nummerierten Plätzen saßen und vielleicht, zur Erfrischung, manchmal die holzeingefassten Fenster herunterließen, die mit Lederriemen befestigt sind.

Zumindest ein Gast war damals sicherlich nicht an Bord: "Bei der Nikolausfahrt ist natürlich wieder der Weihnachtsmann dabei", sagt Marten zum Felde. Eltern können sich zuvor mit Glühwein und Kaffee aufwärmen, der auf dem Vereinsgelände angeboten wird, das im Bereich des Harsefelder Bahnhofes hinter dem Penny-Markt liegt. Gegen zehn Uhr wird voraussichtlich die erste der etwa halbstündigen Fahrten beginnen. Der Fahrpan wird von der Verwaltung der Samtgemeinde Harsefeld noch ins Internet gestellt.

Wem sie nicht reicht, die 14 Kilometer lange Fahrt, kann sich bei dem Verein auch für weitaus längere Reisen bewerben. Denn die Gruppe geht alle zwei Jahre auf große Fahrt, zuletzt ging es 2010 nach Berlin, 1997 schon einmal bis nach Kaliningrad. "Das nächste Ziel steht noch nicht fest. Aber Stralsund ist eine Idee", sagt Marten zum Felde. Interessenten werden gebeten, per E-Mail Kontakt aufzunehmen.

bhef@gmx.de

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