Wolfgang Horn ist der neue Schulleiter des Gymnasiums Athenaeum in Stade, das mittelfristig zu einer Ganztagsschule werden soll.

Stade. Am Freitag haben sich Niedersachsens Schüler für zwei Wochen in die Herbstferien verabschiedet. Wolfgang Horn macht nicht frei. Der neue Schulleiter des Stader Gymnasiums Athenaeum hat Einiges auf dem Zettel. Den großen Umbruch plant er jedoch nicht. Schließlich sei das Athenaeum in allen Bereichen ziemlich gut aufgestellt, sagt der 60-Jährige. Das Vorhandene solle bewahrt und vorsichtig entwickelt werden. So soll das Athenaeum etwa mittelfristig eine angebotsorientierte Ganztagsschule werden.

Wolfgang Horn sitzt entspannt auf dem Stuhl in seinem neuen Büro. Er spricht ruhig und sachlich, zwischendurch lächelt er immer wieder. Den Stress der letzten Tage merkt man dem Pädagogen nicht an. Dabei muss er sich nicht nur in seinen neuen Posten einarbeiten. Er ist bis zum November auch noch in seine bisherige Tätigkeit eingespannt. Seit 1994 ist Horn beim Studienseminar Stade für die Ausbildung von Gymnasiallehrern mitverantwortlich. Zuletzt war der 60-Jährige dort stellvertretender Seminarleiter.

Darüber hinaus wird Horn gleich zu Beginn seiner Amtszeit als Schulleiter des Athenaeums mit einem Großprojekt konfrontiert. Bis zum Oktober 2012 soll an dem Gymnasium an der Harsefelder Straße ein rund 5,5 Millionen teurer und 3375 Quadratmeter großer Neubau mit 15 Klassenzimmern, mehreren Ruheflächen, einer Aula und Materialräumen entstehen. Die offizielle Grundsteinlegung ist bereits für diesen November geplant.

Mit Freude blickt der Schulleiter dem Bauprojekt entgegen, schließlich sei die Planung für das Gebäude seiner Ansicht nach "gut gelungen". Während sich das Athenaeum baulich verändert, möchte Wolfgang Horn auch inhaltlich Akzente setzen. Dabei betont er allerdings, dass die Schule bereits jetzt in allen Bereichen gut aufgestellt sei. Deshalb sehe er eine große Aufgabe darin, dass Erreichte zu bewahren. Schule und Unterricht müssten behutsam entwickelt werden, sagt Horn.

Ein wichtiger Faktor sei für den Vollblut-Pädagogen dabei "guter Unterricht". Der 60-Jährige war selbst Schüler am Athenaeum und hat ganz andere Erfahrungen in Stade gemacht. Während seiner Schulzeit in den 1960er Jahren sei es ein reines "Paukgymnasium" gewesen. Die Lernatmosphäre war geprägt von Distanz zwischen Lehrern und Schülern. Viele Lehrer seien Kriegsheimkehrer gewesen. "Die Schüler waren ihnen fremd und sie waren den Schülern fremd", sagt Horn.

Die Lehrer seien nicht sehr offen gewesen und hätten keine klaren Vorstellungen gehabt. Horn bezeichnet die damalige Situation als "nicht ganz einfach". Dies sei seiner Ansicht nach ein Grund gewesen, weshalb die Schüler in seiner Generation aufmüpfig geworden sind und Ende der 1960er Jahre gegenüber Lehrern und dem System opponiert haben. Zudem sei es ein Grund unter vielen gewesen, warum er diesen Beruf gewählt habe. "Ich habe erfahren, wie ungerecht Unterricht oder Benotung sein können", sagt er rückblickend.

Um es besser zu machen studierte Horn Germanistik, Geografie und Pädagogik in Hamburg, wo er auch sein Referendariat absolvierte. Im Jahr 1979 kehrte er als Lehrer ans Athenaeum zurück. Während seiner Laufbahn als Lehrer und deren Ausbilder entwickelte Horn ein konkretes Bild von einem seiner Ansicht nach guten Lehrer. Zum einen müsse den Schülern transparent gemacht werden, warum das Gelernte für sie sinnvoll ist. Autorität sei zunächst sekundär: "Als Lehrer sollte man sich nicht über den Grad der Autorität definieren", sagt Horn. Diese entstehe seiner Ansicht nach ohnehin automatisch, wenn Lehrer kompetent und ein fachliches Vorbild sind.

Entscheidend sei jedoch guter Unterricht: "Man muss gut unterrichten können." Das Qualitätsmanagement vom Unterricht sieht Horn als eine wichtige Aufgabe für ihn als neuen Schulleiter. Schließlich resultiere aus gutem Unterricht auch eine Atmosphäre, die lernförderlich ist. Auch in diesem Bereich sei am Athenaeum bislang gut gearbeitet worden. "Die lernfördernde Atmosphäre hier ist gut", sagt Horn, auch im Vergleich zu anderen Gymnasien, die er während seiner langjährigen Tätigkeit für das Studienseminar Stade kennen gelernt hat.

Dennoch hat er ein Ziel mit dem Athenaeum: "Es muss sich mehr öffnen", sagt er. Horn möchte Austauschprogramme forcieren, Schülern anhand von Klassen- und Studienfahrten ermöglichen, über den Tellerrand zu schauen. Zudem möchte er langfristig Spanisch als Unterrichtsfach etablieren. Bislang gibt es Spanisch am Athenaeum lediglich als Arbeitsgemeinschaft (AG).

Nachmittagsangeboten wie AGs soll zudem künftig ein höherer Stellenwert eingeräumt werden. Mittelfristig möchte Horn das Haus zu einer angebotsorientierten Ganztagsschule entwickeln. Im nächsten Jahr soll die konkrete Planung beginnen. Ziel sei es, die Identifikation der Schüler mit ihrer Schule zu vergrößern. Dazu sollen den Schülern Angebote gemacht werden, die sie freiwillig nutzen können. Horns Verständnis der Ganztagsschule sei nicht, den normalen Unterricht in den Nachmittag zu verlegen.

Ein wichtiger Schritt in Richtung Ganztagsschule ist bereits in Planung. Wenn der Neubau abgeschlossen ist, dann bekommen die 1435 Schüler eine Mensa. Bis dahin möchte Horn die unterschiedlichen Interessen von Schülern, Eltern, Mitarbeitern, Schulverwaltung und Schulträger zur Ganztagsschule unter einen Hut gebracht haben. "Das wird schwierig genug", sagt Horn.