Die 49-jährige Autorin Renate Kiekebusch hat Anekdoten und Geschichten aus Stade in ihrem Buch “Unser Stade“ zusammengetragen.

Düdenbüttel/Stade. Kennen Sie noch die Atlantis-Bar, Stades verruchtes Etablissement, in dem der Striptease der Fräuleins die Männer von daheim weglockte, wenn es dort zu langweilig war? Oder aber die Geschichte vom letzten Stader Bierbrauer, dessen Hund Ajax regelmäßig, nachdem er sich selbst mit Stader Pils abgefüllt hatte, sturzbetrunken durch die Stader Straßen torkelte? Oder aber die Geschichte vom "Kömdoktor", dessen Patienten in der Kneipe seiner Frau bei einem Bier auf ihren Termin warteten und später mit dem Doktor dessen selbst gebrannten Schnaps vertilgten?

Sie kennen sie nicht? Das ist nicht weiter schlimm, denn diese Geschichten, die bisher nur von Mund zu Mund in trauter Runde und an Stammtischen weitererzählt wurden, können nun jederzeit nachgelesen werden. Und dies dank Renate Kiekebusch, die in ihrem neuen Buch "Unser Stade - Geschichten und Anekdoten" zahlreiche wenig bekannte und zum schmunzeln anregende Episoden aus Stades Zeit nach 1945 zusammengetragen hat.

Kiekebusch hat bereits drei Bücher auf Plattdeutsch verfasst

"Das Buch ist für mich Neuland, denn bisher habe ich immer nur plattdeutsche Texte verfasst", sagt die Düdenbüttlerin, die eigentlich Buchhändlerin ist und eher zufällig zum Bücherschreiben kam. 2004 hatte sie aus Spaß an der Freud und Liebe zum Plattdeutschen an einem Wettbewerb einer Regionalzeitung für plattdeutsche Geschichten teilgenommen.

Wie so oft, kam eines zum anderen. Kiekebuschs bei dem Wettbewerb eingereichten Texte überzeugten, sie wurde als plattdeutsche Kolumnistin bei der Zeitung angeheuert und sammelte in dieser Zeit ihre ersten Geschichten, die bald darauf in Buchform erschienen. Drei plattdeutsche Bücher hat sie bereits veröffentlicht - das neue Buch über Stade ist das erste, das sie auf Hochdeutsch verfasst hat.

"Dass es überhaupt dazu gekommen ist, dieses Buch zu schreiben, ist zum Großteil ein Zufall", sagt sie. Das Buch sei regelrecht zu ihr gekommen. Besser gesagt, die Anfrage, ein Buch voller Anekdoten für Stade zu verfassen wurde an sie von Frank Tinnemeyer von der Stade-Tourismus GmbH herangetragen. Der wiederum wurde vom Wartberg-Verlag gefragt, ob er jemanden wüsste, der ein Stader Anekdotenbuch zu Papier bringen könnte. Und Tinnemeyer hatte seine, wie Kiekebusch sagt, "üblichen Verdächtigen" in und um Stade angeschrieben. Am Ende bekam Kiekebusch den Zuschlag.

Der Düdenbüttlerin kannte die Stader Geschichte nach 1950 selbst kaum

Ein wenig mulmig war der Düdenbüttlerin dennoch - schließlich kannte die 49-Jährige Stades Geschichte um 1950 bis dato nicht. Zudem sollte das Buch innerhalb von drei Monaten fertig sein. Aber Tinnemeyer und seine Mitarbeiter wussten Rat und halfen. "Die haben mir sofort ein paar Stader genannt, mit denen ich mal reden sollte", sagt Kiekebusch. Sie kaufte sich ein Diktiergerät und tingelte damit von einer Tür zu anderen, beim trauten Gespräch sprudelten die Geschichten dann aus den Stadern nur so heraus. "Ich musste gar nicht lange nach Themen suchen und nachbohren. Ein Näschen für Geschichten war hier gar nicht nötig. Es gab einfach zu viele gute Geschichten", sagt die Autorin.

In gerade einmal vier Wochen hat sie dann die Aufnahmen ausgewertet, die Geschichten gegenrecherchiert und dann niedergeschrieben. "Ich war selbst überrascht, dass das nachher so schnell ging", sagt Kiekebusch.

Über Stades Geschichte hat sie bei ihren Recherchen auch selbst viel gelernt. "In Stade ist früher ganz kräftig gemauschelt worden", sagt sie. So wie überall sonst auch. Sie selbst sei daher nun eine echte Geheimnisträgerin, sagt sie nicht ohne einen gewissen Stolz. Denn einige der Anekdoten und Skandälchen konnte sie doch nicht zu Papier bringen - wegen der bestehenden Persönlichkeitsrechte, wie sie sagt. "Bei dem, was man da so zu hören bekommt, da schüttelt man schon zuweilen den Kopf", sagt sie. Dass beispielsweise die Stader Altstadt zu Beginn der 70er Jahre komplett abgerissen werden sollte und den Stadtvätern der Erhalt der heute denkmalgeschützten Fachwerkhäuser schlichtweg gewesen sei, das kann sie immer noch nicht begreifen.

Ihr Blick auf Stade habe sich mit der Arbeit an dem Buch auf alle Fälle deutlich verändert. "Ich habe unter anderem erkannt, wie viele Menschen dort unglaublich engagiert sind und was sie alles für die Stadt tun. Das fällt einem ansonsten nicht so schnell auf", sagt die Düdenbüttlerin.

Das Buch "Unser Stade" ist im Wartberg-Verlag erschienen und kostet elf Euro. Das Buch wird am Sonntag, 16. Oktober, von 11 Uhr an bei einer Matinee in der Kulturstätte "Seminarturnhalle", Seminarstraße 7, der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Eintritt zu der Veranstaltung ist frei.