Silvia Nieber (SPD) spricht im Abendblatt-Interview über den Wahlkampf und ihre kommenden Aufgaben als Bürgermeisterin.

Stade. Die Hansestadt Stade hat eine neue Bürgermeisterin. Die SPD-Kandidatin Silvia Nieber gewann am Sonntagabend mit 59,63 Prozent gegen ihre CDU-Konkurrentin Kristina Kilian-Klinge. Das Hamburger Abendblatt sprach mit der neuen Bürgermeisterin über den Wahlkampf, über Stade und ihre zukünftigen Aufgaben.

Hamburger Abendblatt: Herzlichen Glückwunsch, Frau Nieber. Sie haben fast 60 Prozent der Stimmen bei der Bürgermeisterwahl bekommen, obgleich ein Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet wurde. Hatten Sie einen so deutlichen Erfolg erwartet?

Silvia Nieber: Ich hatte mir um die 60 Prozent gewünscht. Alle in der SPD hatten gesagt, du bist verrückt. Aber ich hatte ein gutes Gefühl, auf das ich mich meist auch verlassen kann. Wenn es anders gekommen wäre, hätte ich damit leben können.

Wie waren denn die letzten Stunden vor der Wahl, waren sie aufgeregt?

Bis Sonntagmittag war ich nicht aufgeregt, aber als ich in Bad Münder losfuhr, war ich dann doch nervös. Ich wusste, das wird jetzt spannend. Man stellt sich dann die Frage, ob man alles richtig gemacht hat, ob genügend Termine gemacht wurden, ob man sich gut präsentiert hat und so weiter.

Haben Sie einen Moment an einem Wahlerfolg gezweifelt?

Das Gefühl hatte ich nicht. Ich hatte mehr als 500 Hausbesuche gemacht und viele öffentliche Gespräche geführt. Die Erfahrungen waren gut, die Menschen sind in den letzten Wochen von sich aus auf mich zugekommen und haben mir positive Rückmeldungen gegeben. Das hat mich natürlich gefreut.

Sie haben Stade im Wahlkampf nun etwas kennengelernt. Welchen Eindruck vermittelt die Stadt auf Sie?

Stade ist eine wunderschöne Stadt, für die ich natürlich, gemeinsam mit der Verwaltung und den Parteien, eine große Verantwortung trage. Unsere Aufgabe wird es sein, die Stadt sinnvoll weiterzuentwickeln. Montagmorgens sind hier bereits Menschentrauben von Touristen, das zeigt, welche Anziehungskraft Stade hat und daher müssen wir das Potenzial der Stadt vorsichtig und passend weiterentwickeln.

Welche Ideen haben Sie dafür?

Ich möchte mir zunächst die Tourismus- und Kulturarbeit ansehen. Welche Verknüpfungen gibt es, welche Pauschalangebote sind möglich und lohnt sich auch ein Engagement der Stadt im Tagungstourismus? Wir haben hier viele medizinische Fachtagungen- und Vorträge, da denke ich, dass dieses Know-how mit der Stadt weiterentwickelt werden könnte. Als Standtort vor den Toren Hamburgs ist Stade für solche Angebote sicher attraktiv genug.

Wie wollen Sie aber solche Dinge umsetzen angesichts der angespannten Finanzlage der Stadt? Da müssen Sie ja einen ziemlichen Spagat leisten, um entsprechende Investitionen zu tätigen.

Bei finanziellen Engpässen kenne ich mich aus, damit habe ich mich seit 2003 in Bad Münder arrangieren müssen. Ich kann mir aber vorstellen, dass wir mit Dämmungs- und Sanierungsmaßnahmen langfristig viel Geld sparen können, denn die Energiekosten der Stadt sind hoch. Solche Investitionen rentieren sich, auch wenn wir nicht alles auf einmal saniert werden kann. Das muss strukturiert erfolgen.

Ihr SPD-Kollege Kai Holm hat sich gegen weitere Privatisierungen für die Haushaltskonsolidierung ausgesprochen...

Ich sehe das identisch. Eine Privatisierung der Kommunalen Betriebe oder der Elbe-Kliniken kommt nicht in Frage. Die Klinik arbeitet wirtschaftlich und bietet eine hervorragende Gesundheitsversorgung, auch weil dort alle an einem Strang ziehen. Das muss respektiert und honoriert werden. Ich sehe somit keinen Grund, hier etwas zu ändern.

Wie ist eigentlich ihr Verhältnis zu Frau Kilian-Klinge. Im Wahlkampf haben sie sich bei Veranstaltungen Respekt gezollt, dennoch waren sie Konkurrenten.

Ich denke, dass die Wahl auf unser Verhältnis keine Auswirkungen haben wird. In Demokratien muss man den Ausgang einer Wahl nicht nur tolerieren sondern auch respektieren und akzeptieren. Ich denke, dass wir auch künftig zum Wohle der Bürger gut zusammenarbeiten können. Mir liegt an einem guten Kontakt.

Sie sind die einzige Bürgermeisterin im Landkreis. Sind Sie eine Galionsfigur?

Das weiß ich gar nicht. In Hameln war ich auch damals die erste Frau, damit habe ich kein Problem gehabt. Wichtig war mir, den Job gut zu machen und ich weiß, wie Bürgermeister geht. Das habe ich gezeigt. Ich denke, das zählt und wird respektiert.

Nochmals zurück zum Wahlabend. Sie haben fast 60 Prozent erreicht. Was war die Ursache für den Erfolg?

Wir hatten eine höhere Wahlbeteiligung als zuletzt und wir haben einen strukturierten Wahlkampf gemacht. Fakt ist auch, dass man an der Erfahrung, die ich als Verwaltungschefin habe, nicht leicht vorbeikommt. Ich weiß, wie Bürgermeister geht und wie man eine Verwaltung leitet. Das soll aber nicht heißen, dass ich fehlerfrei bin. Ich denke auch, dass es nicht reicht, nur aus Stade zu kommen. Ein guter Seemann muss auch nicht zwangsweise von der Küste kommen.

Wie viel Rieckhof und wie viel Nieber wird es künftig geben?

Herr Rieckhof hat viele gute Dinge angestoßen, die ich übernehmen kann. Dennoch werde ich eigene Akzente setzen. Das ist mit meine Aufgabe.

Einige Menschen meinen, Stade sei nur ein Sprungbrett für höhere Posten...

Ich sehe das überhaupt nicht so. Ich habe kein Interesse, andauern umzuziehen und mir alles neu zu erarbeiten. Ich möchte länger bleiben. Mindestens acht Jahre.