Die Positionen der Parteien zu Elbvertiefung, Erneuerbaren Energien, Massentierhaltung, Autobahnen - und zu den maroden Finanzen.

Stade/Buxtehude. Wie wird der künftige Kreistag aussehen? Diese Frage beschäftigt die Bürger, aber auch alle Parteien, denn der Ausgang der Wahl ist so gut wie nicht vorhersagbar. Ganz gleich, wie sich der neue Kreistag zusammensetzt, die Aufgaben, die auf die Abgeordneten warten, sind mannigfaltig. Die Folgen einer möglichen Elbvertiefung, die angeschlagenen Kreisfinanzen, der Ausbau der Autobahnen, der Bau von Mastställen und die zukünftige energetische Ausrichtung der Region sind einige der zentralen Themen, die in den kommenden Jahren klare Positionierungen erfordern.

Der Kreistag setzt sich aus den 52 Kreistagsabgeordneten und dem Landrat zusammen. Unterstützt wird der Kreistag in seiner politischen Arbeit vom Kreisausschuss und von Fachausschüssen. Die werden überwiegend aus Kreistagsmitgliedern gebildet. Dort werden die jeweiligen Themen beraten und die Beschlussvorlagen für den Rat vorbereitet.

Die CDU ist derzeit die stärkste Fraktion im Kreistag mit 21 Sitzen, gefolgt von der SPD mit 18 Sitzen. Die Freie Wählergemeinschaft (FWG) und die Grünen haben jeweils vier Sitze, die FDP zwei Sitze. Benjamin Koch-Böhnke von der Linken sowie der ehemalige CDU-Politiker Hinrich Rohbohm, jetzt in der Partei der Vernunft, und Adolf Dammann, NPD, haben je einen Sitz.

Elbvertiefung

Hier sind die Positionen klar. Eine weitere Vertiefung der Elbfahrrinne, wie sie Hamburg fordert, wird von den meisten Parteien als überflüssig und zu riskant abgelehnt. Die Linke ist strikt gegen die Elbvertiefung, sie sei aus wirtschaftlicher Sicht für Hamburg nicht notwendig, da sie lediglich drei Prozent aller Schiffe nützen würde. "Diese Schiffe können aber bereits jetzt den Hafen anlaufen", sagt Koch-Böhnke.

Auch die Freie Wählergemeinschaft und die Grünen sehen keine Notwendigkeit, nochmals in den Verlauf der Elbe einzugreifen. Die Grünen um Spitzenkandidat Ulrich Hemke befürchten ökologische Konsequenzen, eine Gefährdung der Deichsicherheit und eine Versalzung von Böden.

Anders die FDP. Sie ist nicht strikt gegen das Projekt, will aber Garantien. "Die Deichsicherheit geht vor. Wir brauchen vernünftige Regeln und einen Interessenausgleich mit den Obstbauern", sagt FDP-Spitzenkandidat Serkan Tören. Gefahren für Anwohner müssten vermieden werden. Die SPD ist gegen eine Elbvertiefung und sieht die Zukunft der Großcontainerschiffe bei Wilhelmshaven. Dazu müsste ein guter Feeder-Verkehr von und nach Hamburg aufgebaut werden. Für CDU-Spitzenkandidat Helmut Dammann-Tamke haben Deichsicherheit und berechtigte Interessen der Anwohner oberste Priorität. Nur wenn diese gewährleistet seien, sei eine Elbvertiefung denkbar.

Erneuerbare Energien

Alle Parteien begrüßen, die Windparks zu erneuern und künftig noch stärker auf erneuerbare Energien wie Biogas und Solarenergie zu setzen. Die Linke befürwortet, etwa künftig mehr Bürgerwindparks zu errichten, auch weil diese ein gutes wirtschaftliches Standbein für Kommunen seien. Die SPD will Erneuerbare Energien fördern, aber nicht auf herkömmliche Energieträger wie Kohle verzichten.

Die Union will vor allem auf Energieeinsparung und Energieeffizienz setzen. Bei der Windkraft habe der Kreis seine Hausaufgaben gemacht. Die Landesvorgabe von mindestens 150 Megawatt Strom aus Windenergie im Landkreis sei mit aktuell 300 Megawatt und mit 600 Megawatt, wenn alle Möglichkeiten über Repowering genutzt sind, sogar mehr als doppelt erfüllt. Nun müsse die Energieeffizienz von Gebäuden gestärkt werden.

Kreisfinanzen

Die angeschlagenen Kreisfinanzen sorgen bei allen Parteien für Nachdenklichkeit. Sparpotenzial gibt es wenig, da die meisten Ausgaben des Kreises Pflichtaufgaben sind. Die Sozialdemokraten und auch die CDU wollen einen konsequenten Schuldenabbau. Viel Spielraum gibt es dafür aber nicht. Mittelfristig sieht die SPD dennoch Einsparmöglichkeiten in den Verwaltungsabläufen des Kreises, indem mehr Eigenverantwortung auf die Sachbearbeitungsebene gelegt wird und die Vorgesetztenebene auf reine Führungsaufgaben reduziert wird.

Die FDP macht sich für eine Senkung der Kreisumlage stark. "Diese ist unverhältnismäßig hoch", sagt Tören. Der Kreis dürfe nicht zum Abstellplatz von Aufgaben werden, die Städte und Gemeinden tragen müssten. Die Grünen lehnen eine Senkung der Kreisumlage ab, finanzielle Versprechungen seien einfach nicht zu machen. Die FWG will unter anderem keine weitere Aufstockung des Verwaltungspersonals, sondern eine Straffung von Verwaltungsabläufen und Flexibilisierung des Personaleinsatzes, um die Kosten zu senken. Auch eine Privatisierung der Altenheime und Kultureinrichtungen müsse erwogen werden.

Massentierhaltung

Relativ einig sind sich die Kreistagsparteien bei der Frage nach Sinn oder Unsinn von großen Mastanlagen für Tiere, wie in Hedendorf. Die Grünen wollen eine andere Agrarwirtschaft und würden dem ganzen am liebsten einen Riegel vorschieben. "Wir haben da zumindest ein sehr ungutes Gefühl", sagt Ulrich Hemke. Auch die FDP findet die Entwicklungen problematisch. "Wir sind gegen die Massentierhaltung, aber für eine Stärkung der Landwirtschaft", sagt Serkan Tören. Mit dieser Position können sich auch die Linke und die FWG identifizieren. Eine artgerechte Haltung wollen die CDU und SPD auf alle Fälle in der Landwirtschaft garantiert wissen. Die Landwirtschaft müsse trotz aller Kritik an den Mastbetrieben gestärkt werden. Sie sei ein bedeutender Wirtschaftsfaktor im Kreis.

Autobahnen

Streitthema bleibt die Autobahn. Die Grünen sind gegen den Bau der A 20. "Wir sehen auch eine A 26 nach Drochtersen als unzumutbar an", sagt Ulrich Hemke. Diese führe zu dicht an Wohngebieten vorbei, zudem fehle Geld für das Projekt. "Die A 26 von Stade nach Hamburg ist faktisch geschaffen und braucht nun eine Anbindung nach Hamburg, auch wenn wir die A2 6 nicht gutheißen können", sagt Hemke.

Für die FDP kann die Autobahn gar nicht schnell genug kommen. "Die Anschlussstellen der A26 müssen schnell geklärt werden, ebenso muss der Bau der A 20 schnellstmöglich realisiert werden", sagt Serkan Tören. Die Freien Wähler haben sich für eine westliche Variante der A 20 ausgesprochen. Sie wollen eine sinnvolle Verbindung der A 26 mit der A 20. Das will auch die SPD. Die Sozialdemokraten möchten beide Autobahnprojekte vorantreiben und die Frage nach der Buxtehuder Autobahnanbindung, wie die FDP, endgültig lösen.

Die CDU will weiterhin die beiden großen Verkehrsprojekte unterstützen. Sie sieht den Erhalt und den bedarfgerechten Ausbau des Straßennetzes für wichtig an. Anders die Linke. "Wir waren noch nie für die A 26, auch weil die Erklärung, dass Hamburg verkehrlich entlastet würde, nicht stimmt", sagt Koch-Böhnke.