Das sind die Lösungsvorschläge der Spitzenkandidaten zur Tourismusentwicklung, Leerständen und Bevölkerungsrückgang.

Drochtersen. In den nächsten Jahren rückt die Gemeinde Drochtersen in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Dort sollen nicht nur die geplante Küstenautobahn 20 und die A 26 kreuzen, sondern auch ein Elbtunnel gebaut werden. Die Kommune möchte auf Tourismus setzen, doch derzeit liegt vor allem die Gastronomie auf der Elbhalbinsel Krautsand eher brach. Mit Blick auf die Kommunalwahl am 11. September hat das Abendblatt mit den Spitzenkandidaten von CDU, SPD, den Grünen, FDP und der Freien Wählergemeinschaft (FWG) Drochtersen über wichtige Themen gesprochen.

Die Gemeinde Drochtersen hat fast 12 000 Einwohner. Sie ist im Jahr 1972 aus dem Zusammenschluss der Gemeinden Drochtersen, Assel und Hüll entstanden. Die Mehrheit im Gemeinderat haben derzeit die Christdemokraten mit 16 Sitzen. Die Sozialdemokraten kamen bei der Kommunalwahl 2006 auf neun Sitze, die FWD ergatterte zwei Sitze, Dirk Schütt sitzt mittlerweile allerdings parteilos im Rat. Bürgermeister Hans-Wilhelm Bösch (CDU) wurde im Jahr 2007 für acht Jahre zum ersten hauptamtlichen Bürgermeister gewählt.

Die A 20 gehört zu den größten Neubauplanungen Deutschlands. Nach derzeitigem Planungsstand beginnt sie in Westerstede, Landkreis Ammerland, und soll bei Ritsch auf die geplante A 26 treffen. Derzeit soll im Bundesverkehrsministerium ein Autobahnkreuz mit zusätzlichem Anschluss an die Bundesstraße 495 geplant werden. Endgültige Ergebnisse werden allerdings frühestens Ende dieses Jahres erwartet.

Dass die geplanten Autobahnen der Kehdinger Gemeinde große Entwicklungschancen offenbaren, darin sind sich die Spitzenkandidaten einig. Selbst die Grünen lehnen die Autobahn nicht kategorisch ab. Einig sind sie sich ebenfalls darin, dass die Freiwilligen Feuerwehren beim Bau eines Elbtunnels die neuen Aufgaben nicht ohne weiteres leisten können, gerade was die Tunnelsicherheit angeht. Während SPD-Spitzenkandidat Heino Baumgarten auf Unterstützung von Bund und Land hofft, regt FDP-Spitzenkandidatin Gabriele Dammers an, Möglichkeiten einer Berufsfeuerwehr auszuloten.

Die geplanten Autobahnen verbessern die Anfahrtsmöglichkeiten der Kehdinger Gemeinde. Das soll sich auch positiv auf den Tourismus auswirken, der in den kommenden Jahren vorangebracht werden soll. Ein erster Schritt wurde mit dem Tourismusbüro gemacht, das im April 2010 eröffnet wurde. Doch die Drochterser haben im Tourismus noch Nachholbedarf. Vor allem das gastronomische Angebot auf der Elbinsel Krautsand ist nicht zufriedenstellend. Grünen-Kandidatin, Edda Eggers, bezeichnet die Situation als Katastrophe. "Da muss etwas passieren", sagt Eggers. Sie schlägt vor, beispielsweise Reitwanderwege auszubauen oder das wenig vorhandene Wassersportangebot zu vergrößern.

Eine Jugendherberge sei ebenfalls denkbar, damit Jugendliche auf Krautsand ihre Freizeit verbringen. Kai Seefried (CDU) setzt auf das geplante Ferienhausgebiet "Elbidyll": "Es würde eine Initialzündung für die weitere Entwicklung sein." FWG-Spitzenkandidat Cornelius van Lessen lehnt dieses Baugebiet hingegen ab. Er fordert, bauliche Veränderungen im ehemaligen Hotel "Zur Elbaussicht" zuzulassen. "Mit der Verwirklichung und Zulassung dieser Planungen ist die Elbinsel Krautsand hinreichend für den Tourismus erschlossen", sagt van Lessen.

SPD-Spitzenkandidat Heino Baumgarten ist wie CDU-Kollege Seefried zuversichtlich, dass noch in diesem Jahr erste konkrete Planungen für die Ferienhaussiedlung "Elbidyll" getätigt werden können. Dennoch bleibe die Lage im Gastronomie-Sektor auf Krautsand schwierig. "Wir müssen auf Krautsand das wieder hinbekommen, was in den 60er- und 70er-Jahren war", sagt er mit Blick auf die frühere Anzahl der Tagestouristen auf der Elbinsel.

Doch nicht nur im Bereich Tourismus ist einiges zu tun für die Drochterser. Noch immer stehen einige Geschäfte leer. Zwar sagen die Spitzenkandidaten, dass das Problem der Leerstände in Drochtersen nicht gravierender sei als in anderen Kommunen, doch sie wissen, dass etwas getan werden muss. Um interessant für Geschäftsbetreiber zu sein, müsste die Kaufkraft in Drochtersen gehalten werden, sagt SPD-Spitzenkandidat Heino Baumgarten. Er weist allerdings auch darauf hin, dass es in Drochtersen bereits viele Einkaufsmöglichkeiten gibt. Für Gabriele Dammers (FDP) sei es schwierig als Kommune bei leer stehenden Geschäften etwas zu tun. Die Gewerbesteuer könne gesenkt werden. "Aber allein deswegen siedelt sich niemand an", sagt Dammers. Die Gemeinde müsse auch nach außen attraktiver werden.

Edda Eggers von den Grünen weist darauf hin, dass es schwierig sei, besondere Geschäfte in den Ort zu locken. "Wer eine gute Idee hat, beispielsweise einen interessanten Blumenladen, kann die Mieten oft nicht bezahlen", sagt Eggers. CDU-Spitzenkandidat Seefried möchte das Problem mit Hilfe der Städtebauförderung lösen. Immobilieneigentümer könnten gefördert werden, ihre Gebäude zu modernisieren, um dann auch leichter Mieter zu finden. Seefried strebt ein Fördergebiet Ortszentrum Drochtersen an. Langfristig könne er sich Ähnliches auch für die Ortschaft Assel vorstellen.

In den kommenden Jahren werden Kommunen im ländlichen Raum verstärkt mit den Folgen des demografischen Wandels zu kämpfen haben. Das gilt vor allem für dünn besiedelte Kommunen wie Drochtersen. SPD-Spitzenkandidat Heino Baumgarten gibt das Ziel vor, die Einwohnerzahl möglichst zu halten. Ein wichtiger Schritt sei die Familienfreundlichkeit. "Eine Maßnahme ist, die Kindergarten-Gebühren so gering wie möglich zu halten - am liebsten streichen", sagt Baumgarten.

Für Kai Seefried (CDU) seien in diesem Zusammenhang die Bildung und Familienfreundlichkeit zentral. In diesem Bereich habe die Gemeinde auch schon einiges getan, wie zum Beispiel Ganztagsbetreuung oder den Krippenbetrieb an fast allen Kindergärten. Zudem legen 2014 die ersten Schüler ihr Abitur in Drochtersen ab. Ebenso wichtig sei für Seefried allerdings auch die Ausweisung günstiger Baugebiete. Ein konkretes Anliegen in diesem Zusammenhang hat Cornelius van Lessen (FWG). Er unterstützt die Schaffung eines neuen Baugebietes in Verlängerung des "Fasanenweges" in Drochtersen.

Dieses rund 1,4 Hektar große Grundstück gehöre der Gemeinde Drochtersen. Van Lessen fordert allerdings, dass die Gemeinde Drochtersen die Erschließung dieses Baugebiets selbst vornimmt und es nicht an einen Erschließungsträger veräußert. Für die Familienfreundlichkeit fordert van Lessen die Krippenplätze weiter auszubauen. Und: "Kindergartenbeiträge sind zu ermäßigen oder ganz abzuschaffen."

Für FDP-Spitzenkandidatin Gabriele Dammers gelte es den Wegzug von Menschen zu verhindern, mehr Nachwuchs zu fördern und neue Menschen nach Drochtersen zu locken. Kindergärten in allen Ortsteilen und ein Gymnasium mit Abitur seien erste Schritte, um die Jugend im Ort zu halten. Weiterhin müsse die Lebensqualität gesteigert und die Vorteile beworben werden. Dazu gehören ihrer Meinung nach günstige Mieten und die Nähe zu Hamburg, die mit dem Bau der Autobahn 26 noch weiter gestärkt werde.