Auch im Landkreis Harburg gibt es bereits 14 Anlagen. Acht weitere sollen demnächst genehmigt werden

Luhdorf. "Wer das Energie Einspeisungsgesetz (EEG) "richtig angepackte, der konnte einen schönen Strauß Blumen damit verdienen", sagt Rudolf Meyer aus Luhdorf. Der Vorsitzende des Landvolks Niedersachsen, Kreisverband Lüneburger Heide, spielt damit auf den vermeintlichen Biogas-Boom im Landkreis Harburg an. Im Kreis Harburg bauten seit 2006 Landwirte 14 Biogas-Anlagen, für weitere acht Anlagen laufen derzeit bei der Kreisverwaltung in Winsen die Genehmigungsverfahren.

Als vor einiger Zeit die SPD im Kreistag forderte, der Kreis müsse, um den "Boom" in Bahnen zu lenken und einen "Wildwuchs" zu vermeiden, ein Steuerungsinstrument für Biogasanlagen kreieren, da konnte Meyer, CDU-Kreistagsmitglied und ehemaliger CDU-Bundestagsabgeordneter, die Angst der SPD nicht teilen.

Meyer: "Bei uns kann doch überhaupt nicht die Rede von Boom sein. Unser Kreis ist für Biogas nicht prädestiniert. Wenn die Rotenburger oder die Soltauer nach Steuerung rufen, in beiden Kreisen liegt die Zahl bei rund 100 Anlagen", dann sei das sicherlich verständlich, aber nicht für den Landkreis Harburg.

Aus mit dem Boom für Biogasanlagen, damit wenigstens rechnet Meyer, sei es spätestens dann, wenn das EEG in 2012 geändert sei. Auch wenn offiziell nicht von Subventionen für Biogasanlagen die Rede ist, über das geltende EEG werden die Anlagen über garantierte Abnahmepreise subventioniert.

Ein Beispiel: Bei einer durchaus üblichen Anlagengröße von 500 Kilowatt, erhält der Landwirt jetzt noch einen garantierten Preis von 21,58 Cent pro Kilowatt/Stunde. Damit kann ein Landwirt der eine Biogas-Anlage in der Größenordnung betreibt, vorausgesetzt seine Anlage läuft rund um die Uhr, über das ganze Jahr auf Hochtouren einen Erlös von rund 895 000 Euro einfahren. Rund 200 000 Euro Gewinn können dabei erwirtschaftet werden. Dagegen steht eine hohe Investitionssumme von rund zwei Millionen Euro für eine 500-Kilowatt-Anlage.

Meyer: "Und jeder kann sich denken, dass die wenigsten Kollegen zwei Millionen Euro im Sparstrumpf haben, sie müssen den Bau ihrer Anlage also über eine Bank finanzieren." Auch der Anschluss der Anlage an das Erzeuger-Netz gehe, so Meyer, auf das Konto des Landwirts.

Das neue EEG setzt den garantierten Preis von 19,13 Cent fest, das mindert den jährlichen Erlös eines Anlagenbetreibers um rund 100 000 Euro. Und Fachleute, so Meyer, gingen nicht davon aus, dass die Investitionskosten für Biogas-Anlagen so weit sinken würden, dass die niedrigeren Stromerlöse aufgefangen werden könnten. Eine Biogasanlage wandelt Rohstoffe, im Landkreis Harburg ist es in der Regel Mais, in Energie um. Abnehmer sind die Energieerzeuger, die den Strom an Endverbraucher weitergeben. Und sie geben nicht nur den Strom weiter, sondern auch die Preise, die sie selbst zahlen, im Fall von Biogas-Anlagen die vom Gesetzgeber festgesetzten Preise. Der Endverbraucher subventioniert also die Biogas-Anlagen.

Um seine Anlage über das ganze Jahr voll auslasten zu können, braucht der Landwirt Mais. Meyer: "Man rechnet pro Anlage 250 Hektar Mais. Und nach derzeit geltender Förderrichtlinie bekommt ein Landwirt pro Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche im Durchschnitt 300 Euro Agrarprämie von der EU." Kann der Landwirt auf genügend eigene Anbaufläche zurück greifen, landen diese Subventionen in seiner Tasche, muss er aber Mais einkaufen, um seine Anlage wirtschaftlich zu betreiben, ist er auf Vertragspartner angewiesen. Mit den neuen Förderrichtlinien der EU, die ab 2013 gelten wird, rechnet Rudolf Meyer mit einer deutlich niedrigeren Hektarprämie und einem weiteren "deutlichen Dämpfer für Landwirte, die Biogasanlagen betreiben oder planen".

Wenn Rudolf Meyer das Wort Vermaisung hört, mag er nur schmunzeln, da stecke auch einiges an "Polemik hinter diesem Argument". Sicher, der Flächenbedarf für den Mais führe inzwischen zu Konflikten unter den Landwirten.

Das liege aber eher daran, dass ein Biogas-Betreiber "ganz anders rechnen kann mit seinen festgesetzten Stromerlösen, als beispielsweise ein Milchbauer, der heute nicht sagen kann, was morgen der Liter Milch auf dem Markt bringt". Das spiele natürlich eine große Rolle beim Abschluss von Pachtverträgen. Einen echten Strukturwandel erwartet der Vorsitzende des Landvolks nicht durch die neuen Biogas-Anlagen, sondern vielmehr mit der Abschaffung der Milchquote im Jahr 2015. Rudolf Meyer: "Wenn wir dann einen freien Markt für die Milchwirtschaft haben, werden die Strukturen der Milch produzierenden Betriebe um einiges größer werden."