Die Angeklagten Sergej L. und Alexander V. müssen sich vor Gericht verantworten. Zwei weitere Männer sind noch auf der Flucht.

Oldendorf. Nach dem Raubüberfall in Oldendorf, bei dem Ende vergangenen Jahres der Unternehmer Gerd H. ums Leben kam und seine Frau schwer verletzt wurde, hat die Staatsanwaltschaft Stade jetzt Anklage gegen zwei Männer erhoben. Der 40-jährige Himmelpfortener und der 36-jährige Oldendorfer wurden bereits Ende März dieses Jahres festgenommen. Zwei weitere Täter befinden sich noch auf der Flucht, die Staatsanwaltschaft vermutet beide in Weißrussland.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 40-jährigen Himmelpfortener vor, in der Nacht zum 12. Dezember 2010 mit zwei derzeit noch flüchtigen Komplizen den 50-jährigen Unternehmer Gerd H. und seine 51-jährige Frau Monika in ihrem Wohnhaus am Koppelring überfallen und ausgeraubt zu haben. Die Täter verlangten Bargeld und zwangen die Opfer, ihre EC-Karten herauszugeben. Anschließend erpressten sie gewaltsam die dazugehörigen PIN-Nummern.

Die Täter erbeuteten 6000 Euro Bargeld und hoben später von der örtlichen Volksbank-Filiale weitere 5500 Euro von den Konten der Opfer ab. Die Opfer wurden gefesselt und geknebelt. Gerd H. erstickte, heißt es in der Anklageschrift. Seine Frau musste schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht werden. Etwa dreieinhalb Monate suchten die Ermittler der Mordkommission nach den Tätern. Rund 500 Hinweise aus der Bevölkerung mussten ausgewertet werden. Am 24. März dieses Jahres klickten zum ersten Mal die Handschellen.

Gegen 8 Uhr morgens nahmen Beamte eines mobilen Einsatzkommandos den damals 39-jährigen Familienvater Sergej L. aus Himmelpforten fest. Der Mann war gerade auf dem Weg zur Arbeit. Sergej L. wurde jetzt wegen Raubes mit Todesfolge angeklagt. Die Anklage lautet nicht Mord oder Totschlag, weil den Tätern kein Vorsatz nachgewiesen werden kann, sagte Kai Thomas Breas, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Stade, gestern.

Nur zwei Tage nach dem ersten Zugriff schnappte die Falle der Ermittler wieder zu. Ein Sondereinsatzkommando (SEK) der Polizei stürmte gegen 6.30 Uhr die Wohnung des damals 35-jährigen Familienvaters Alexander V. in Oldendorf, etwa 1000 Meter von dem Haus entfernt, in dem Gerd H. und seine Frau gewohnt hatten. Das SEK kam zum Einsatz, weil die Ermittler der Stader Mordkommission davon ausgingen, dass der Verdächtige Waffen in seiner Wohnung haben könnte.

Dieser Verdacht bestätigte sich jedoch nicht, nachdem die Beamten die Wohnung nach Beweismitteln durchsucht hatten. Alexander V. war so überrascht, dass er sich widerstandslos festnehmen ließ. Der heute 36-Jährige wurde jetzt wegen Beihilfe zum Raub mit Todesfolge angeklagt. Er soll die Idee für die Tat gehabt haben, an der Organisation beteiligt gewesen und zudem mit mehreren tausend Euro an der Beute beteiligt worden sein.

Außerdem soll V. die beiden flüchtigen Mittäter aus Weißrussland angeworben haben. Zwei junge Männer, 20 und 23 Jahre alt, aus dem Raum der weißrussischen Hauptstadt Minsk, sollen Gerd H. und seine Frau gemeinsam mit Sergej L. überfallen und ausgeraubt haben. Nach den beiden wird mit einem internationalen Haftbefehl gefahndet. Doch dieser Haftbefehl ist noch immer nicht vollstreckt.

Das Problem liege laut Staatsanwaltschaft darin, dass die beiden Verdächtigen die weißrussische Staatbürgerschaft besitzen und deshalb nicht ausgeliefert werden. Zudem gebe es keine entsprechenden politischen Vereinbarungen mit dem Land im Osten Europas. Nach Aussage von Staatsanwalt Breas gebe es nun zwei Möglichkeiten. Zum einen könnten die weißrussischen Behörden die beiden Verdächtigen selbst verfolgen und ihnen den Prozess machen, was aber derzeit als sehr unwahrscheinlich erscheine.

Zum anderen könnten die beiden Verdächtigen in ein anderes Land reisen, mit dem Deutschland ein Auslieferungsabkommen abgeschlossen hat, oder sogar nach Deutschland selbst. Wenn die Verdächtigen dann festgenommen werden, kann die Staatsanwaltschaft sie strafrechtlich verfolgen.

Doch vorerst können die Stader Behörden nur abwarten. Das gilt nicht im Fall von Sergej L. und Alexander V. Sie sitzen seit ihrer Festnahme Ende März in Untersuchungshaft. Die Ermittlungen gegen die Männer seien laut Staatsanwaltschaft abgeschlossen.

Nach Abendblatt-Informationen kennen sich die beiden Familienväter schon länger. Der 40-jährige L. wohnte, bevor er nach Himmelpforten zog, in Oldendorf, und zwar genau dort, wo Alexander V. bis zu seiner Festnahme gewohnt hat. Sergej L. war bislang nicht polizeilich in Erscheinung getreten.

Alexander V. hatte seinen Führerschein wegen Alkohols am Steuer verloren. Im Jahr 2007 wurde der damals Arbeitslose Platzwart beim TuS Oldendorf. Anschließend wurde er für zwei Jahre als Gemeindearbeiter bei der Gemeinde Oldendorf beschäftigt. Während seiner zwei Jahre bei der Gemeinde gelang es ihm jedoch nicht nachzuweisen, dass er keinen Alkohol mehr trinkt. Trotzdem fand Alexander V. eine Arbeitsstelle bei einer Kraftfahrzeugwerkstatt in Oldendorf.

Über die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen Sergej L. und Alexander V. und den Beginn einer Hauptverhandlung muss nun die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Stade entscheiden. Im Falle einer Verurteilung droht Alexander V. eine 15-jährige, Sergej L. eine lebenslange Freiheitsstrafe. Sie haben während ihrer polizeilichen Vernehmung die ihnen vorgeworfenen Taten weitestgehend eingeräumt.