Mitarbeiter der Jorker Einrichtung “Tintenklecks“ sollen der mordkomplottverdächtigen Sandra T. ihre Tochter ausgehändigt haben.

Jork. Das Jorker Familiendrama wird zum Politikum. Gestern sollte das Amtsgericht Buxtehude entscheiden, ob die Jorker Wirtin Sandra T. ihre fünf Jahre alte Tochter sehen und zu sich holen kann. Die 34-Jährige steht im Verdacht, ein Mordkomplott gegen ihren Lebensgefährten Andreas S. geplant zu haben. Er ist der Vater der Fünfjährigen und hat einen nächtlichen Angriff mit Messerstichen auf ihn im Frühjahr nur schwer verletzt überlebt. Offiziell haben beide Elternteile das Sorgerecht. Der Buxtehuder Richter hat seine Entscheidung auf heute vertagt.

Die Frage, wie das Gericht entscheiden wird, ist nicht nur für die Eltern des Kindes, sondern auch für zahlreiche Mitarbeiter der Stader Kreisverwaltung und des Jorker Kinderhortes "Tintenklecks" von höchstem Belang. Dort nämlich war das Mädchen bis Montag voriger Woche in der Ferienbetreuung.

Als der Vater seine Tochter mittags abholen wollte, dann der riesige Schock: "Meine Ex-Partnerin, gerade aus dem Gefängnis entlassen hat unser Kind dort einfach ohne mein Wissen fortgeholt, ich empfinde das als eine Entführung", sagt Andreas S., der Vater des Mädchens.

Seine Ex-Partnerin Sandra T. ist die Besitzerin des Jorker Restaurants "Herbstprinz" und des "Altländer Hofes", der in der Nacht zu Montag niedergebrannt ist. Bis vor zwölf Tagen saß Sandra T. noch in Untersuchungshaft, weil der Verdacht besteht, dass sie nach Einschätzung der Stader Staatsanwaltschaft im Verdacht steht, dass sie Andreas S. beseitigen lassen wollte.

Dieser erhebt nun schwere Vorwürfe, die sich insbesondere gegen das Stader Kreisjugendamt richten. Nach der Verhaftung von Sandra T. hat die Fünfjährige wie zuvor weiterhin in einer Wohnung neben dem Jorker Restaurant "Herbstprinz" gewohnt - und damit bei seinem Vater.

Andreas S. ist aufgebracht, wenn er von den Behörden spricht: "Die haben zugelassen und ermöglicht, dass meine Ex-Partnerin, die ein Mordkomplott gegen mich angestiftet hat, einfach das Kind mitnimmt und es vom Wohnort fortbringt." Die Aufregung und Verzweiflung sind dem Mann anzusehen, seine Hände zittern, als er sagt: "Auch wenn Sandra jetzt, wie drei ihrer Komplizen auch, auf freiem Fuß ist, so ist der Verdacht, dass sie mich umbringen lassen wollte, längst nicht entkräftet."

In den Familien- und Behördenstreit nun unfreiwillig mit hineingezogen fühlen sich die Erzieherinnen der Jorker Kindereinrichtung "Tintenklecks". Deren Leiterin Andrea Sundermann hat das Gefühl, ihr Kinderhort solle zum Sündenbock gemacht werden. Tatsächlich aber habe sie das Kind nicht einfach so der Mutter ausgehändigt, sondern nach Rücksprache mit dem Stader Jugendamt.

"Wir haben das Kind an die Mutter herausgegeben, nachdem das Kreisjugendamt uns eine Urkunde gefaxt hat, die das gemeinsame Sorgerecht von Mutter und Vater des Kindes belegte", sagt die Tintenklecks-Leiterin. "Zu unseren Anfragen kam es, als die Mutter der Fünfjährigen hier vor der Tür stand, und ihr Kind abholen wollte."

Sandra T. war am Morgen des 18. Juli, drei Tage nach ihrer Haftentlassung, beim Jugendamt vorstellig geworden, so Sundermann. "Dort hat sie erfahren, dass die Kleine bei uns in der Ferienbetreuung ist", sagt die Hortleiterin. Während des ersten Anrufs der Jugendamtsmitarbeiterin habe diese den Telefonhörer einfach an Sandra T. weitergereicht, die mit der diensthabenden Erzieherin die Übergabe ihrer Tochter absprechen wollte. T. habe gesagt, sie wolle die Sacher erst klären und sich dann wieder melden, sagt die Hortleiterin. "Dann stand die Mutter des Kindes plötzlich doch vor der Tür und forderte die Herausgabe ihres Kindes", sagt Sundermann.

Danach glühten die Drähte zwischen Kreisjugendamt und "Tintenklecks". Am Ende wurde das Fax als schriftliche Bestätigung gesendet, dass der Mutter, weil sorgeberechtigt, das Kind auszuhändigen sei. "Uns wurde von der Jugendamtsmitarbeiterin gesagt, dass die Mutter ihr Recht einklagen und gerichtlich gegen uns vorgehen würde", sagt die Hortleiterin.

Jedes der Telefonate der brisanten Diskussion sei, wie in der Kindereinrichtung üblich, protokolliert worden. "Wir wussten, dass die Familiensituation heikel ist und haben nicht leichtfertig gehandelt, sondern auf ausdrückliche Weisung vom Amt.

So hat es Landrat Michael Roesberg, oberster Dienstherr des Kreisjugendamtes, gegenüber dem Abendblattes nicht dargestellt. Roesberg sagt: "Beide Eltern haben das Sorgerecht. Das haben wir auf Anfrage der Jorker Hortleiterin mitgeteilt".

Hortleiterin Sundermann weist diese Darstellung zurück: "Das erfolgte erst, als das Amt die Mutter zu uns geschickt hat."