Rechtsextremer Stefan Silar wurde verurteilt. Sein Berufungsprozess läuft am Stader Landgericht

Stade/Tostedt. Die Zuschauer im Gerichtssaal waren zufrieden mit dem Ergebnis, noch bevor der Prozess richtig begonnen hatte. Stefan Silar wird aller Wahrscheinlichkeit nach seinen rechten Szeneladen "Streetwear" in Tostedt schließen. Dies ist Teil eines Deals zwischen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung, dem Stefan Silar zustimmte. Im Gegenzug würde seine Haftstrafe von 18 auf 12 Monate verkürzt werden.

Am Landgericht Stade wird seit gestern der Berufungsprozess Silars verhandelt, der laut dem Niedersächsischen Innenministerium eine der zentralen Personen der norddeutschen Naziszene ist. Silar war am Tostedter Amtsgericht im Februar zu 18 Monaten Freiheitsstrafe wegen schweren Landfriedensbruchs verurteilt worden. Das Amtsgericht sah es als erwiesen an, dass Silar einer der Rädelsführer bei einer Straßenschlacht in Tostedt war. Silar pflegt enge Kontakte zu Sebastian Stöber, dem Besitzer des Wöhrdener Gasthauses "Zur Synphonie".

Am 24. Mai 2010 eskalierte der Streit um den rechten Szeneladen, der als zentraler Treffpunkt von Neonazis gilt. Etwa 70 Personen, darunter Linksextreme, marschierten damals in Tostedt in Richtung von Silars Laden. Silar hatte über Bekannte von der Aktion erfahren, informierte die Polizei und eilte zu seinem Geschäft, wo er sich mit "weiteren Bekannten" traf. Schnell war eine Gruppe von etwa 20 gewalttätigen Rechten zusammen, einige von ihnen bewaffnet. Silar vor Gericht: "Ich bin nur auf die Straße gegangen, um mein Hab und Gut zu schützen." Flaschen und Steine flogen, Feuerwerkskörper explodierten. Der Polizei gelang es, mit einer Straßensperre und Hundeführern die verfeindeten Lager zu trennen.

Silar, der sich mit einem Messer und einer Vogelschreckpistole bewaffnet hatte, durchbrach jedoch die Polizeikette, die zum Schutz seines Geschäftes gebildet worden war. Silar ging provozierend mit einem Messer auf die Linken zu, was er in Stade vor Gericht auch zugab. "Mit dem Messer hätte ich bestimmt nicht zugestochen", sagt er leise. Er habe den Linken nur zeigen wollen, dass es "bis dorthin und nicht weiter" gehe. Er hätte "wohl nicht unbedingt ein Messer ziehen sollen", erklärt er. Als Rädelsführer sieht sich Silar nicht, obgleich er laut den damals beteiligten Polizeibeamten "So, jetzt kann es losgehen" gerufen haben soll.

Dass er die Polizeisperre bewusst durchbrochen habe, verneint Silar vor Gericht. Sein Anwalt, Arndt Hohnstädter, bezweifelt, dass es sich um eine echte Polizeisperre gehandelt habe. Es sei vielmehr ein Provisorium gewesen. Von daher hätte es auch keinen echten Durchbruchversuch geben können.

Ein Journalist, der als Zeuge vor dem Landgericht auftrat, berichtet dagegen von "expliziten Durchbruchversuchen" von Silars Gruppe. Auch habe sich Silar im Verlauf der Auseinandersetzungen "nicht zurückgehalten". Später verfolgte der Tostedter mit Kameraden die Linken, als diese schon auf dem Rückweg zum Bahnhof waren. "Wir wollten die Wohnung eines Bekannten am Bahnhof schützen", so Silar.

Die bisherigen Aussagen Silars reichen der Staatsanwaltschaft und dem Gericht nicht aus - ein Geständnis sehe anders aus. Der Prozess wird daher fortgesetzt.