Die Stader Selbsthilfegruppe für Schlaganfallgeschädigte und ihre Angehörigen besteht seit 20 Jahren

Stade. "Ein Schlaganfall verändert das ganze Leben", sagt Wolfgang Hönisch. Der 61-Jährige hatte 1991 als Sozialarbeiter der Stader Markus-Kirchengemeinde eine Selbsthilfegruppe für Betroffene ins Leben gerufen, die er bis heute leitet. Im September feiert die Gruppe ihr 20-jähriges Bestehen.

Wer einen Schlaganfall erlitten hat, ist nicht nur wegen Lähmungen und Hilflosigkeit auf fremde Hilfe angewiesen, sondern gerät zudem häufig in Isolation, hat Hönisch beobachtet. Nachbarn und Freunde meiden den Kontakt, meist aus Unsicherheit, weil sie nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen: "Man hält sich fern, dann kann man nichts falsch machen."

"Früher hatten wir einen großen Bekanntenkreis", erinnert sich ein Teilnehmer. Doch nach dem Schlaganfall hätten sich viele zurückgezogen. "Ganz normal" möchten die Betroffenen von ihrer Umwelt behandelt werden. "Wir sind nicht dümmer als vorher, sondern können uns vielleicht bloß nicht mehr so gut ausdrücken." Dieser drohenden Isolation soll die Selbsthilfegruppe entgegenwirken. Hier müsse niemand erklären, was ein Schlaganfall ist, das wissen alle, sagt Hönisch. So entfalle die Hemmschwelle.

Zu den monatlichen Gruppenabenden im Gemeindehaus der Markus-Gemeinde in Stade-Hahle kommen regelmäßig 15 bis 20 Teilnehmer. Sie tauschen sich über ihre Erfahrungen aus, erhalten Informationen über Themen wie Barrierefreiheit oder Gedächtnistraining und unternehmen Ausflüge. "Die Gespräche in der Gruppe geben Halt", sagt ein Teilnehmer, das gemeinsame Motto sei "Nicht aufgeben".

Ganz bewusst richtet sich das Angebot der Gruppe nicht nur an die Betroffenen selbst, sondern auch an die Angehörigen, vor allem an die Ehepartner. Schließlich treffe ein Schlaganfall alle in der Familie, weil sich "das Leben von heute auf morgen, von einer Minute auf die andere, kolossal verändert", erklärt Hönisch.

Das bestätigt Dzemila Baukloh - vor 18 Jahren erlitt ihr Ehemann Udo (beide heute 66) einen Schlaganfall. Nur gemeinsam gehe es voran, sagt sie. Und auch die Freude über größere und kleinere Fortschritte auf dem Weg zurück zu mehr Normalität im Leben lasse sich dann teilen. "Eines Tages konnte mein Mann das Tablett vom Esszimmer in die Küche tragen - das war ein schöner Moment."

Moderne therapeutische Methoden ermöglichen häufig Verbesserungen bei der Beweglichkeit und in der Kommunikation, haben viele Teilnehmer am eigenen Leib erlebt. So auch Udo Baukloh: "Am Anfang konnte ich nur Ja und Nein sagen - das war's." Nicht so gut sprechen kann Johann Klintworth (78) aus Helmste. So erzählt seine Ehefrau Hildegard (76) seine Geschichte. Mit 43 Jahren erlitt ihr Mann einen Schlaganfall. Gerade in einem kleinen Ort registriere jeder, was passiert ist, "jeder kennt einen, alle gucken hinterher". So gehörte für Johann Klintworth viel Mut dazu, sich auf ein Dreirad zu setzen und damit durch den Ort zu fahren, um seine Beweglichkeit zu trainieren.

Andererseits werde in der Dorfgemeinschaft auch geholfen. "Man muss es nur sagen, wenn man Hilfe braucht", sagt Hildegard Klintworth. Und aus der Gemeinschaft ausschließen dürfe man sich auf keinen Fall. Für Johann Klintworth, der vor dem Schlaganfall in der Feuerwehr aktiv war, bedeutete das auch, weiterhin zu Veranstaltungen zu gehen. An der Stader Gruppe nehmen die Klintworths inzwischen seit 19 Jahren teil.

Die Selbsthilfegruppe für Schlaganfallgeschädigte und ihre Angehörigen ist offen für neue Teilnehmer. Die Treffen finden jeweils am zweiten Donnerstag im Monat von 19.30 Uhr an im Gemeindehaus der Markus-Kirchengemeinde in Stade-Hahle, Lerchenweg 10, statt. Informationen gibt es bei Wolfgang Hönisch unter 04141/41170 und bei Marlies Slier unter 04141/82883.