Styron profitiert von der Nähe zur Dow in Bützfleth. Weltweit hat der Konzert über 40 Standorte und beschäftig etwa 1900 Mitarbeiter.

Stade. Fast unbemerkt hat sich in Stade ein weltweit agierendes Unternehmen etabliert. Nur wenigen Normalbürgern ist der Name Styron geläufig, doch das Unternehmen, das in Stade-Bützfleth ansässig ist, ist für die Produktion zahlreicher Alltagsgüter zuständig, in einigen Bereichen ist es Weltmarktführer. Das besondere an Styron: Die Firma ist seit dem ersten Tag ihrer Gründung im Jahr 2010 der größte Kunde des Chemie-Giganten Dow - und die Firma ist aus dem Dow-Konzern hervorgegangen.

Jens Hariefeld ist optimistisch, wenn er von der Zukunft des Styron-Konzerns redet. "Der Ausbau unseres Unternehmens geht kontinuierlich weiter, auch in Stade. Wir werden die Zahl der Mitarbeiter in den kommenden Jahren weiter aufstocken", sagt der Styron-Produktionsleiter. Einst war Styron, so wie Hariefeld auch, fest im Dow-Konzern integriert. Der Chemiegigant ist aber dazu übergegangen, in seinem Umfeld selbstständig agierende Unternehmen anzusiedeln, die er selbst heranzüchtet. Das Ziel: Mehr Flexibilität, eine bessere Aufgabenverteilung und eine gezielte Einbindung der technischen Fähigkeiten der Mitarbeiter. Sind die sich herausbildenden Konzernzellen fit genug für den Weltmarkt, werden sie in die Selbstständigkeit entlassen.

Bei Styron sei, so Hariefeld, dieser Prozess recht reibungslos verlaufen. Weltweit verfügt der Konzern über 40 Standorte, viele davon in Europa, und beschäftigt etwa 1900 Mitarbeiter. In Stade sind 120 Personen bei Styron angestellt. Damit zählt das Stader Werk zu jenen mittlerer Größe, von der Bedeutung ist es aber, so Hariefeld, recht weit oben in der Hierarchie angesiedelt. Global hat der Konzern im vergangenen Jahr knapp 3,5 Milliarden Dollar erwirtschaftet, der Umsatz in Stade liegt bei jährlich etwa 330 Millionen Euro. Davon entfällt der Großteil auf die Kosten für Rohstoffe, etwa 30 Prozent der Kosten entfallen auf Personal und Strom.

Rund 42 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet der Konzern in Europa, in Nordamerika wird rund 37 Prozent des Umsatzes gemacht. "Bei der Dow ist dies genau umgekehrt, da wird der Großteil des Gewinnes in Amerika gemacht. Wir sehen uns daher auch als ein eher europäisches Unternehmen", sagt Hariefeld. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass seit relativ kurzer Zeit ein neuer Investor im Boot ist. Styron wurde im März 2010 von der Bain Capital, einer Investmentfirma, die unter anderem hinter den Firmennamen Warner Music Group, Burger King, Brenntag oder Toys'R Us steckt, für 1,6 Milliarden Dollar aufgekauft. "Unter einigen Mitarbeitern gab es zunächst die Befürchtung, dass der Investor das Unternehmen aufkauft, um es dann zu zerschlagen. Doch diese Befürchtungen haben sich nicht bestätigt. Der Investor setzt, ähnlich wie bei der Firma Brenntag, die eine Tochter der Deutschen Bahn war, auf ein weiteres gezieltes Wachstum des Unternehmens", so der Styron-Produktionsleiter.

Mit dem neuen Investor sei die finanzielle Seite gut versorgt. Stellt sich die Frage, wie sicher die neuen Produktionsverhältnisse sind. "Wir sind bei der Produktion von Polcarbonaten, Latex und Kautschuk ganz weit vorne in der Weltproduktion. CDs, Autoteile, Medizinische Kunststoffe, das alles und viel mehr können wir zu optimalen Konditionen produzieren, auch weil die Dow unser größter Kunde ist", sagt Hariefeld. Seit Jahren fahre der Konzern unter Volllast, zuletzt wurden 169 000 Tonnen Polymere pro Jahr produziert. Die extrem kurzen Wege zu den Dow-Anlagen auf dem Industriegelände seien hier von enormem Vorteil, auch der enge Draht, der zum Dow-Konzern weiterhin gepflegt werde. Wenn die Dow ihre Produktion, wie zuletzt bei der Revision, drosselte, konnte sich Styron deshalb entsprechend auf eine Produktionsdrosselung einstellen.

Nur ein Szenario würde Styron ernsthafte Kopfschmerzen bereiten. "Wenn die Dow ihre Produktion in Stade komplett stoppen müsste, dann hätten wir ein Problem. Dann würde bei uns alles still stehen", sagt der Produktionsleiter. Dennoch glaubt er, dass die enge Verzahnung der beiden Konzerne kein Problem für die Zukunft darstelle.

Ähnlich wird dies bei der Dow gesehen. Die Pläne, weitere Firmen nach dem Modell von Styron zu entwickeln, werde laut dem Dow-Konzern weiter verfolgt. Am Bützflether Industriepark sollen zudem in Absprache mit der Stader Stadtverwaltung weitere Neuansiedlungen erfolgen. Dabei geht es vorrangig um Firmen, die nicht zu einer starken Konkurrenz für den Chemiekonzern werden, sondern Synergieeffekte freisetzen sollen. Damit würde der Dow-Standort in ein Firmennetz eingebettet werden, das den Konzern insgesamt stärkt. Der Chemiekonzern würde wiederum die Position der kleineren Unternehmen im globalen Wettbewerb stärken. Und auch die Stadt Stade profitiert: Sie stärkt ihre Position als Industriestandort und kann sich über zusätzliche Einnahmen freuen.