Die Frau, die im März ihren Ehemann brutal ermordet hatte, nahm sich in der JVA Vechta das Leben. Sie hinterließ einen Abschiedsbrief.

Stade/Vechta. In der Nacht zum 8. März 2011 hatte die Frau ihren Ehemann in der gemeinsamen Wohnung am Stader Triftgang mit einer Axt erschlagen, dann zerstückelt und in Plastiksäcke verpackt. Sie wurde festgenommen und hat die grausame Tat gestanden. Jetzt ist die 65-jährige Russin tot. Sie hat sich am späten Montagabend mit einem Schal in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Vechta getötet.

Kurz vor 20 Uhr am Montagabend lebte die 65-Jährige noch. Wie an jedem Abend wurde sie in ihre Zelle eingeschlossen, die Justizvollzugsbeamten redeten noch mit ihr. Nur eine Stunde später wurde sie tot in ihrer Zelle gefunden. Sie hatte sich einen Schal um den Hals gebunden und sich mit Hilfe ihres eigenen Körpergewichts so lange selbst stranguliert, bis sie das Bewusstsein verlor und erstickte. Als die Wärter sie fanden, war sie bereits tot.

Die 65-jährige Russin hinterließ einen in ihrer Landessprache geschriebenen Abschiedsbrief. Darin schrieb sie unter anderem, warum sie sich gerade am Montagabend das Leben genommen hatte. Sie wählte den Todestag ihres Sohnes, der sich vor vielen Jahren ebenfalls das Leben genommen hatte. Sie schrieb zudem, dass sie in Stade beigesetzt werden möchte, dort, wo auch ihr Sohn begraben ist.

Vor mehr als 20 Jahren war die 65-Jährige mit ihrem Mann nach Deutschland gekommen. Sie lebten zuletzt in ihrer gemeinsamen Wohnung am Triftgang in Stade. Sie lebten dort unauffällig, Nachbarn aus dem Haus, in dem vier weitere Familien wohnen, beschrieben sie als zurückgezogen. "Sie sind fast nur zum Rauchen vor die Tür gekommen. Die Fenster waren praktisch immer verschlossen und mit Gardinen zugehängt", sagte eine Nachbarin über das Ehepaar. Doch hinter verschlossenen Türen war die Welt der beiden Rentner nicht in Ordnung.

Wie die Stader Staatsanwaltschaft gestern bestätigte, habe die Rentnerin sehr stark unter ihrem sechs Jahre älteren Mann gelitten. Er soll sie regelmäßig geschlagen haben. Kai Thomas Breas, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Stade, spricht von Übergriffen und körperlicher Gewalt. Offenbar ertrug die Frau diese Situation über viele Jahre, unterdrückte ihren Frust und ihre Wut. Das alles entlud sich vor wenigen Wochen. In der Nacht zu Dienstag, 8. März, erschlug sie ihren Mann mit einer Axt in der Wohnung.

Die Anwohner bekamen davon nichts mit. Zwar hörten direkte Nachbarn am Abend der Tat ein dumpfes Geräusch aus der Wohnung des Ehepaares. Eine junge Mutter sagte, sie habe sich dabei nichts gedacht. Schließlich hätte ja auch etwas in der Wohnung umgefallen sein können. Eine andere Anwohnerin beobachtete die Seniorin am frühen Morgen des nächsten Tages dabei, wie sie allein einen schweren Teppich in Richtung Mülltonne zog.

Dabei soll sie sich über ihre Winterstiefel weiße Pantoffeln beziehungsweise Socken gezogen haben. Doch auch darüber machten sich die Nachbarn zum damaligen Zeitpunkt keine weiteren Gedanken. Auch nicht darüber, dass es im ganzen Treppenhaus nach Chlor gerochen habe. Erst als die Beamten der Kriminalpolizei an ihren Türen klingelten, wurden den Nachbarn all diese Dinge richtig bewusst.

Später wurde klar: Die 65-Jährige beseitigte die Spuren. Sie zerstückelte den Leichnam ihres Mannes mit einem scharfen Messer und verpackte die Einzelteile in sieben Plastiksäcke. Anschließend verstaute sie diese im Keller und putzte die Wohnung blitzblank. Denn am Tag nach der Tat erwartete sie Besuch von einer Verwandten, die sie aus Anlass des Weltfrauentages in ihrer Stader Wohnung besuchte. Als die beiden Frauen während dieses Besuches zusammen saßen, vertraute sich die 65-Jährige ihrer Verwandten an, erzählte ihr von der Tat. Diese wiederum alarmierte schließlich am Abend nach der Tat telefonisch die Polizei.

Die Beamten fanden im Keller die Säcke mit den Leichenteilen, fanden die Überreste der blutigen Tat. Selbst die hartgesottenen Ermittler der Kriminalpolizei und der Spurensicherung blieben von der Tat nicht unberührt. Die 65-jährige Rentnerin ließ sich widerstandslos festnehmen. Noch in der Nacht wurde sie von den Beamten der Stader Polizei vernommen. Die Rentnerin gestand die Tat. Sie wurde dem zuständigen Haftrichter vorgeführt. Dieser erließ einen Haftbefehl wegen Totschlags. Die 65-jährige Rentnerin wurde in die JVA nach Vechta gebracht und eingesperrt.

Seit dem 9. März saß sie dort in Untersuchungshaft, wartete auf ihre Anklage. Doch soweit ist es nicht gekommen. Die Rentnerin entschied, sich das Leben zu nehmen. Auf die Frage, warum dieser Suizid innerhalb des Gefängnisses nicht verhindert werden konnte, wusste Staatsanwalt Breas keine Antwort. "Wenn man sich umbringen will, schafft man es auch", sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft dazu gestern im Gespräch mit dem Abendblatt.

Die Leiche der 65-jährigen Staderin wird jetzt in der Oldenburger Rechtsmedizin obduziert. Dies sei ein ganz normaler Vorgang, teilte Breas mit. "Wir haben zwar die Obduktion des Leichnams angeordnet, schließen ein Fremdverschulden nach derzeitigem Erkenntnisstand aber eindeutig aus ", ergänzte er.