Droht Deutschland der Pflegenotstand? Nein, der Notstand ist schon längst angekommen.

Und die Realität in den Heimen sieht so aus: Immer weniger Pflegefachkräfte müssen immer mehr arbeiten. Nicht selten müssen Vollzeitbeschäftigte auch noch Überstunden und Sonderschichten übernehmen, um das schmale Gehalt aufzubessern. Für ein Gespräch mit den Altenheim-Bewohnern bleibt keine Zeit. Pflegehelfer übernehmen immer mehr Aufgaben der examinierten Altenpfleger. Alte Menschen liegen im Sterben, und sie liegen alleine, weil keine Pflegerin Zeit für sie findet. Da macht der Landkreis Stade sicherlich keine Ausnahme.

Auf Pflegebörsen und Pflegemessen setzen die Verbände, Pflegeeinrichtungen und Institutionen alles daran, um Menschen, auch ältere Berufstätige oder Menschen ohne Arbeit, für Pflegeberufe zu interessieren. Im Fokus stehen bei diesen Werbekampagnen ungelernte Arbeitnehmer, die als Hilfskräfte bereits in der Pflege arbeiten. Sie wissen sehr genau und aus eigener Erfahrung, welche körperlichen und psychischen Belastungen dieser schwere und anspruchsvolle Beruf mit sich bringt. Sie bringen Grundkenntnisse aus der Praxis in eine Umschulung mit.

Im Bezirk der Lüneburger Agentur für Arbeit öffnet man diesen Menschen für eine berufliche Qualifikation die Türen, wirbt um sie und verlässt sich auf ihre eigene Einschätzung im Hinblick auf die dreijährige anspruchsvolle Ausbildungszeit. Im Landkreis Stade hingegen scheint man diesen Menschen, die sich bewusst für eine Umschulung in der Altenpflege entscheiden, recht wenig Selbsteinschätzung zuzutrauen. Hier unterzieht man sie lieber einem psychologischen Test, als sie bei ihrer Entscheidung zu unterstützen und zu motivieren. Das ist nicht nur kontraproduktiv, das ist der blanke Hohn.