Vampirbuch-Autor Markus Heitz kommt nach Stade

Stade. Sie sind attraktiv, verführerisch und geheimnisvoll. Dass Vampire sich ausschließlich von Blut ernähren, scheint ihre vornehmlich weiblichen Fans nicht weiter zu stören. Sie liegen der romantisierten Variante des Nosferatu massenweise zu Füßen. Mit den "Kuschelexemplaren" aus Film und Fernsehen hat Erfolgsautor Markus Heitz wenig am Hut. Am Montag, 7. März, ist er zu Gast in der Stader Seminarturnhalle, Seminarstraße 7, und liest von 20 Uhr an aus seinem Werk "Judastöchter". Was die Zuhörer an diesem Abend erwartet und was Heitz vom aktuellen Vampir-Hype hält, verrät er im Gespräch mit dem Abendblatt.

Abendblatt:

Herr Heitz, Sie lesen in Stade aus dem dritten Teil der Judas-Reihe. Das Buch hat 608 Seiten. Schaffen Sie die innerhalb von eineinhalb Stunden?

Markus Heitz:

Na klar. Ich beeile mich einfach ganz doll und lese vierhundert Sätze in der Minute vor. Man nennt mich auch das Wortmaschinengewehr (lacht). Nein, im Ernst: natürlich nicht! Meine Lesungen gestalte ich mehr als Kinotrailer. Das heißt, ich habe im Fall von Judastöchter fünf kleine Szenen dabei, die ich lose miteinander verknüpfe. So entsteht ein Eindruck von den Helden, von ihren Problemen, und natürlich breche ich dramaturgisch geschickt ab. Ich kenne keinen Trailer, der das Ende eines Films verrät.

Abendblatt:

Für alle, die den Roman nicht kennen: Beschreiben Sie doch bitte mal kurz, worum es darin geht.

Markus Heitz:

Theresia Sarkowitz, genannt Sia, ist eine Judastochter und damit eine ganz besondere Art Vampirin. Ihre menschliche Nachfahrin Emma liegt im Koma, und deren kleine Tochter Elena verfolgt den Plan, sich selbst zu töten, um auch zu einer Judastochter und unsterblich zu werden. Dann werden Emma und Elena unvermittelt entführt. Die Entführer verlangen von Sia, dass sie mehrere Gestaltwandler in Irland tötet, um die beiden lebend wiederzusehen. Sia bekommt Unterstützung in der Gestalt von Eric von Kastell, einem Werwolfjäger, und seiner Halbschwester Justine. Die spannende Frage: Kann Sia ihre Nachfahren retten, und wer verbirgt sich hinter der mysteriösen Gruppe der Sídhe und den so genannten Nachtkelten, die Emma und Elena in ihrer Gewalt haben?

Abendblatt:

Die edlen Blutsauger liegen zurzeit ja absolut im Trend. Kaum ein Bestseller oder Blockbuster kommt heute ohne die mystischen Gestalten aus. Was halten Sie eigentlich von den "Biss"-Geschichten von Stephanie Meyer und die Fernsehserie "Vampire Diaries"?

Markus Heitz:

Dazu muss ich vorab sagen, dass ich mit der Judas-Reihe begonnen habe, als vom Vampirhype noch nichts zu spüren war. Zumal meine Vampire jenseits der Kuschelexemplare leben, die gerade durch Buch und Fernsehen geistern. Ich orientiere mich lieber am Volksglauben, und der sieht den Vampir als gnadenlose, mordende Bestie, die man ausrotten muss. Mit Romantik hat das nichts zu tun, wobei: abgeschwächte Ausnahmen bestätigen die Regel. Ich mag die Verkitschung des Vampirs nicht besonders. Das ist, als würde man behaupten, dass der weiße Hai lieber mit Robben und Tauchern schmust, verletzten Fischen hilft und in Wahrheit Vegetarier ist. Wobei mir die ersten zehn Minuten "Vampire Diaries" besser gefallen haben als der komplette Twilight-Film. Besser ist "TrueBlood".

Abendblatt:

Warum kommt die Verharmlosung der Bestie vor allem bei Frauen so gut an?

Markus Heitz:

Na ja, Bram Stoker hat ihn ja bereits romantisiert. Gerade erleben wir die Steigerungsform davon, denn das Bestialische hatte der Vampir bereits in früheren Büchern und Filmen ausleben dürfen. Im Grunde sind es Liebesfilme, die einen mystischen Touch bekommen haben. Da aus ästhetischen Gründen Zombies ausfallen, muss der Vampir herhalten. Welche Frau ist für Romantik nicht anfällig? Fragen Sie mal einen Buchhändler, wie viel Umsatz er mit den romantischen Titeln macht. Aber ich bin durchaus tolerant. Wem die verklärten Vamps gefallen, bitte sehr. Dennoch rate ich jedem, sich mit dem Volksglauben zu beschäftigen, wo die ganzen Facetten des Blutsaugers zum Tragen kommen. Leider ist das in den meisten aktuellen Büchern und Filmen nicht der Fall. Klischee und Stereotypen.

Abendblatt:

Sie selbst scheuen sich nicht vor der blutigen Variante. Vieler Ihrer magischen Wesen sind auf der Seite des Bösen angesiedelt. Haben Sie eine Affinität für die dunkle Seite?

Markus Heitz:

Erwähnte ich den Volksglaube bereits? Ich mache nichts anderes, als den Vampir ungefähr so zu zeigen, wie man ihn sich darin vorstellt. Und mit so einem Exemplar würde keine normale Frau der Welt ausgehen wollen! Ansonsten finde ich das Dunkle meistens spannender als das Helle, weil mehr möglich ist. Und je mehr man sich mit den Schreckgestalten beschäftigt, desto sicherer ist es, dass es sie nicht gibt. Jedenfalls für mich. Ich glaube weder an Vampire noch an Werwölfe oder Dämonen. Das Schlimmste, was einem Menschen nachts begegnen kann, ist ein anderer Mensch, der Böses will. Oder ein Geisterfahrer auf der Autobahn.

Abendblatt:

Gibt es denn einen Mythos, an den Sie glauben?

Markus Heitz:

Ich würde gerne dran glauben, dass Gerechtigkeit immer siegt. Aber das ist wohl auch Aberglaube?!

Abendblatt:

2008 erschien mit "Vampire! Vampire!" ihr Lach- und Sachbuch über die Blutsauger. Haben Sie bei der Recherche etwas Neues über den alten Mythos herausgefunden?

Markus Heitz:

Neues ist schwer herauszufinden. Ich habe das Augenmerk darauf gelegt, was es alles über ihn gibt. Als Beispiel: Vampire sind per se nicht unsterblich. Sia verdankt ihre Unsterblichkeit beispielsweise einem alchemistischen Experiment ihres Vaters. Zum Vampir kann man nicht allein durch den Biss werden. So trifft es laut Volksglaube auch starke Flucher, Kirchenabtrünnige, falsch Bestattete; und obendrauf kommen nochmals 50 andere Methoden. Die Gaben eines Vampirs sind umfangreicher als meistens dargestellt. Sie können etwa Menschen Krankheiten bringen, Unwetter beherrschen und vieles mehr. Das kommt meistens viel zu kurz.

Abendblatt:

Was fasziniert Sie persönlich an Vampiren und den Geschichten, die sich um sie ranken?

Markus Heitz:

Dass es die Figur immer noch gibt und sie in Osteuropa in weiten Teilen der Bevölkerung derart präsent ist, dass bei Beerdigungen Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, um den Verstorbenen nicht zum Vampir werden zu lassen. Zeigen Sie mal bei uns auf eine Frau und rufen Sie: "Das ist eine Hexe!" Man wird Sie einweisen lassen. Aber der Vampir ist in Osteuropa wesentlich stärker im Leben der Menschen verhaftet.

Abendblatt:

Ihr Werk "Kinder des Judas" spielt in Leipzig. Gibt's auch Vampire zwischen Elbe und Weser?

Markus Heitz:

Hamburg kam bereits zu Ehren, und zwar in "Blutportale". Dort unterhält das Böse unter anderem ein schickes Appartement in der Hafen-City und eine Villa in einem Stadtteil, den ich nicht näher nenne. Das müssen Sie selbst herausfinden.

Abendblatt:

Also dürfen wir uns bald über einen Vampirfilm aus der Hansestadt freuen? Oder welchen Ihrer Romane könnten Sie sich am ehesten in Filmfassung vorstellen?

Markus Heitz:

Wenn Sie mich so fragen - alle! Aber gerne die Judas-Reihe zuerst, und danach alle.

Abendblatt:

Was wird es als nächstes von Markus Heitz zu lesen geben?

Markus Heitz:

Aktuell arbeite ich am zweiten Band der "Albae", der im Spätsommer erscheinen wird. Danach ist wieder das Horror-Genre an der Reihe, aber ganz ohne Werwölfe und Vampire. Es ist wieder an der Zeit, etwas Neues zu erschaffen.

Karten für die Lesung mit Markus Heitz gibt es in Stade zum Preis von zehn Euro in der Buchhandlung Waller, Goss 6, im Weinkeller Tomischat, Wasser West 5, und im Café Schraders, Wasser Ost 2.