Mitten im Dorf sollen altengerechte Häuser mit angeschlossenem Pflegeheim entstehen. Nur einige Anwohner sind gegen das Vorhaben

Ahlerstedt. Der moderne Lebensabend erinnert ein bisschen an das Altwerden auf die alte Art. Mitten im Dorf sollen die Senioren wohnen, etwa im einem kleinen Haus mit Garten. Der Bäcker ist zu Fuß erreichbar, ebenso sind es Freunde und Familie. Und wenn es einmal sein muss, können die alten Menschen gleich an Ort und Stelle gepflegt werden. Nur, dass diese Arbeit nicht mehr von den Angehörigen erledigt werden muss, wie noch in früheren Dorfgemeinschaften. Dafür stehen heutzutage Experten bereit.

Eine Vision wie diese möchte die kleine Geest-Gemeinde Ahlerstedt schon bald verwirklichen. Im weitgehenden Einvernehmen mit Politik und Verwaltung plant das Winsener Büro "Plan- und Bauwerk" eine neue Seniorenwohnanlage, die 77 Pflegeplätze bieten soll. Das Besondere daran: Die neue Einrichtung soll mitten im Zentrum der 5200 Einwohner großen Gemeinde liegen und außerdem das sogenannte Betreute Wohnen ermöglichen. Auf dem Gelände sollen zwölf kleine Häuser entstehen, die jeweils auch über ein Stück Garten verfügen. Die alten Menschen können die Angebote der Pflegeeinrichtung wie Physiotherapie nutzen und nötigenfalls eines Tages in ein Zimmer in der Pflegeeinrichtung ziehen.

"Die Bewohner hätten bei uns alles fast alles in ihrer Nähe. Dinge wie die Sparkasse, ein Restaurant und eine Apotheke liegen im Umkreis von 150 Metern", sagt Ahlerstedts Bürgermeister Uwe Arndt (Frei Wähler), der das Vorhaben als regelrechten "Sechser im Lotto" für seine Kommune bezeichnet, zumal die Planer etwa 40 Vollzeit-Arbeitsplätze versprechen. Die Begeisterung wird auch in der Politik geteilt, die drei Ratsfraktionen CDU, Freie Wähler und SPD haben ihre grundsätzliche Zustimmung erteilt. Das Planungsbüro hat für das Vorhaben Ende des vergangenen Jahres zwei Grundstücke zwischen der Kakerbecker Straße und dem Willi-Wegewitz-Ring erworben. Jetzt steht vonseiten der Gemeinde noch die Änderung des Bebauungsplanes aus. Als Betreiber wird voraussichtlich die Bremer Residenz-Gruppe fungieren.

Einrichtungen, die im Zentrum ländlicher Gemeinden liegen und sowohl Pflege als auch Betreutes Wohnen anbieten, sind im Landkreis Stade bisher selten. Ein Beispiel für eine vergleichbare Einrichtung befindet sich in Jork. Dort wurde im Jahr 2009 der Seniorenstift eingeweiht, der sich in ähnlich exponierter Stelle an der Straße Osterjork befindet. Auch dort können die Bewohner in eigenen, kleinen Häusern leben. Diesem Beispiel wollen man folgen, sagt Peter Teuber, der zuständige Projektentwickler bei Plan- und Bauwerk. "Es tritt ja häufig der Fall ein, dass ein Ehepartner früher als der andere zum Pflegefall wird. Da ist es sinnvoll, wenn einer nur über den Hof zu gehen braucht, um den anderen zu besuchen."

Wie auch Susanne Brahmst, Sozialdezernentin des Landkreises Stade, bestätigt, ist es ein neuerer Trend, dass Pflegeeinrichtungen und betreute Wohnungen kombiniert werden. Dass diese Wohnzentren für alte Menschen dann in der Dorf- oder Stadtmitte platziert werden, ist laut Peter Teuber ebenfalls eine neuere Entwicklung. "Vor 20, 30 Jahren hat man Pflegeheime auf die grüne Wiese gestellt.

Aber es hat sich heraus gestellt, dass die alten Menschen dort nicht so häufig besucht werden. Bei zentral gelegenen Einrichtungen funktioniert das besser." Angehörige könnten leichter zu Besuch kommen, etwa nach den täglichen Besorgungen. An altengerechte Wohnanlagen, die in der Dorfmitte liegen, werden sich die Bewohner des Landkreises wohl in Zukunft gewöhnen müssen. Dafür spricht ein weiterer Trend: die Überalterung der Gesellschaft. In der Samtgemeinde Harsefeld, zu der Ahlerstedt gehört, ist diese in einer aktuellen Studie belegt.

Nicht überall stoßen die Wohnanlagen allerdings auf Gegenliebe. Dafür spricht nicht zuletzt das Ahlerstedter Beispiel. Mehrere Anwohner, die neben dem geplanten Pflegeheim leben, wollen gegen die Planung Einspruch einlegen, wenn ein Bebauungsplan vorliegt. "Wir wollen das Heim nicht verhindern, aber es könnte anders gebaut werden. Uns stört die klotzige Bauweise", sagt Manfred Sassik, der nötigenfalls auch vor Gericht ziehen würde.