Klaus Quiatkowsky gibt den Fraktionsvorsitz ab. Die Stader Genossen setzen jetzt auf Kai Holm

Stade. Es war eine Überraschung, doch so mancher hatte es auch erwartet. Dass Klaus Quiatkowsky in der Partei Platz für Jüngere machen würde, war abzusehen, immerhin ist das politische Urgestein seit 35 Jahren im Stader Rat tätig und seit zwölf Jahren Fraktionsvorsitzender der SPD. Dass er sich aber kurz vor der Kommunalwahl aus der vordersten politischen Reihe zurückzieht, sorgt bei vielen Bürgern ein wenig für Verwunderung.

Nicht wenige hatten auf dem Neujahrsempfang im Stader Rathaus noch gedacht, dass Quiatkowsky die Zügel noch eine Weile in der Hand halten werde, zumindest bis zur Kommunalwahl 2011, um seine immense Erfahrung im Wahlkampf gewinnbringend einzusetzen. Doch wenige Minuten vor dem Empfang war die Neustrukturierung der Stader SPD bereits beschlossene Sache und allgemeines Gesprächsthema. Kai Holm, 47 Jahre alt und seit 2001 im Stader Rat, wurde in einer extra anberaumten Sitzung der SPD vor dem Festempfang einstimmig zu Quiatkowskys Nachfolger gewählt, Rolf Bredendiek (61) rückt als Stellvertreter zudem in den Fraktionsvorstand, aus dem sich Quiatkowsky ebenfalls zurückzieht.

"Ich habe lange die Fahne oben gehalten, es ist an der Zeit, jüngeren Platz zu machen", sagt Quiatkowsky. Er ist gut gelaunt und wirkt, als wenn er halbwegs froh ist, zumindest einen Teil der Last, die auf seinen Schultern viele Jahre lastete, endlich abgeben zu können. Dass die Wahl auf Kai Holm gefallen ist, stimmt ihn zufrieden. Holm, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Elbe-Kliniken, galt lange Zeit auch außerhalb der Partei als der logische Nachfolger für Quiatkowsky. Ein nachdenklicher, kritischer Geist, der sanft aber bestimmt diskutiert und die Menschen begeistern kann. Ein Ratspolitiker, dem das bei Politikern eher selten gebrauchte Markenzeichen "glaubhaft" anhaftet. Kai Holm war einst der Shootingstar der SPD, das hoffnungsvolle Talent. Nun wird er sich behaupten müssen. Und das wird er, dessen sind die Genossen überzeugt.

Der neue Fraktionschef übernimmt eine Partei, die sich laut Quiatkowsky, Bredendieck und Holm trotz der bundesweiten Austrittswelle der letzten Jahre bei den Volksparteien dennoch in einem guten Zustand befindet. "Die SPD hat in Stade derzeit etwa 250 Mitglieder, diese Zahl bleibt seit etwa zwei Jahren konstant", sagt Bredendieck.

Auch von Seiten der Jusos komme laut Bredendiek genug Nachwuchs, um die Partei für die kommenden Aufgaben zu rüsten und eine Verjüngung in Angriff zu nehmen. Und die, so der neue stellvertretende Fraktionschef, sei dringend nötig. "Kai Holm ist mit 47 Jahren derzeit unser jüngstes Fraktionsmitglied. Das müssen wird ändern, denn wir, die wir jetzt im Rat sitzen, werden nicht jünger", sagt auch Quiatkowsky, Fraktionschef mit der längsten Amtszeit in der Geschichte der Stader SPD. Er geht beispielhaft voran. Bei der kommenden Kommunalwahl wäre er 70 Jahre alt, daher bezeichnet er seinen Rückzug als politisch klug. So könne die SPD bei der Kommunalwahl auch mit einem jüngeren Team antreten, das noch mehr Dynamik an den Tag legen werde.

Innerhalb der Partei war früh abzusehen, dass Holm noch in diesem Jahr die Nachfolge als Fraktionschef antreten würde. Vor vier Jahren gab es darüber bereits Einvernehmen, auch, dass der Wechsel noch vor der Kommunalwahl stattfinden wird. Nun ist vollzogen worden, was Parteikonsens war.

Die letzten zwölf Jahre seien, so Quiatkowsky, nicht immer leicht gewesen. Parteiintern habe es schon die eine oder andere harte Bewährungsprobe gegeben und so manches heftige Wort, auch wenn man sich nach Außen später wieder geschlossen zeigte. "Aber das gehört ja auch dazu, dass bestimmte Dinge kontrovers diskutiert werden", sagt Quiatkowsky. Trotz aller Querelen, die es wegen der Kraftwerkspolitik und vor allem wegen der damaligen Teilprivatisierung der Elbe-Kliniken gab, die Arbeit hat ihm nach eigener Aussage immer Spaß gemacht. Und sie habe auch einer innere Zufriedenheit hervorgebracht.

"Dass wir es in Stade geschafft haben, unsere Neuverschuldung trotz der Investitionen in Ottenbeck mit dem CFK-Valley und Airbus gering zu halten, das freut mich." Dass die SPD bei der Bürgermeisterwahl 2006 mit Andreas Rieckhof auf einen auswärtigen Kandidaten gesetzt hatte, bezeichnet Quiatkowsky im Rückblick als einen kleinen Husarenstreich. "Und auch, dass wir es jetzt, wo es uns finanziell nicht so gut geht, geschafft haben, mehr zur Haushalskonsolidierung beizutragen, als die Stadtverwaltung selbst, ist ein guter Erfolg." Vor allem auch deshalb, weil die SPD nichts mit letzter Macht durchdrücken musste. "Wir haben uns mit den anderen Parteien zuletzt gut verstanden, ich hoffe, dass das auch so bleibt."

Die Chance, dass der bisherige Kurs beibehalten wird, ist groß. "Ich trete zwar in große Fußstapfen, ich denke aber, dass wir gut fahren werden, wenn wir so weitermachen, wie bisher", so Holm. Doch will der neue Fraktionschef bei aller Kontinuität auch klare eigene Akzente setzen. "Wir werden aber nicht um jeden Preis verjüngen. Auf einen Erfahrungsschatz, wie ihn Klaus Quiatkowsky besitzt, können und wollen wir nicht verzichten", sagt Holm.

Quiatkowsky, der neben Astrid Bade und Uwe Tilsner auch als möglicher Nachfolger von Egon Ohlrogge als SPD-Fraktionschef im Kreistag gehandelt wird, will für seine Partei erneut bei der Wahl für den Stader Rat und für den Kreistag antreten. Für letzteren auf einem der vorderen Listenplätze. Fraktionschef wolle er im Kreistag aber nicht werden. Stattdessen wollen er und Bredendiek, der ebenfalls für den Kreistag kandidieren will, eine Brückenfunktion zwischen Stadt und Landkreis herstellen. Holm will dagegen im Kreistag keinen führende Position einnehmen, denn er wolle sich als Fraktionschef nicht einem möglichen Interessenkonflikt aussetzen.