Die Estebrüggerin geht nach 27 Jahren Rathaus-Arbeit in den Ruhestand

Jork. Gina Lang war 27 Jahre im Jorker Rathaus Bindeglied zwischen Bürgern und Bürgermeister, Gemeinderat, Gästen und Kollegen. Eine Allrounderin auf dem glatten Parkett der leisen Diplomatie im lokalen Kommunalbereich, so diskret wie kompetent. Zum Jahresende wurde die sympathische 60-Jährige feierlich in den Ruhestand verabschiedet.

Ihre Karriere im Jorker "Gräfengericht" begann für Gina Lang im August 1983, zwei Jahre nach der Geburt ihrer Zwillinge Hans und Lena. Gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Fotografen und Buchautor Fred Lang war Gina Lang 1979 von Hamburg nach Estebrügge gezogen.

Gina Lang, die ursprünglich mit ihren Geschwistern nach Peru auswandern wollte, hatte in der Hansestadt an der staatlichen Fremdsprachenschule zunächst wegen der Auswanderungspläne Spanisch gelernt und sich zur Fremdsprachenkorrespondentin ausbilden lassen. In diesem Beruf arbeitete Lang im Im- und Exportbereich des renommierten Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft.

"Dort habe ich viele wichtige Erfahrungen gesammelt, mir Fachwissen aneignen können, was mir bei meiner späteren Arbeit immer wieder zugute kam", erinnert sich Lang.

Zu ihren Aufgaben gehörte nicht nur die Korrespondenz in verschiedenen Sprachen, sondern vor allem ihr Organisationstalent war gefragt, wenn Gäste des Afrika-Vereins aus aller Welt anreisten, Botschafter, Konsule, Bürgermeister und deren Bodyguards. "Diese Gäste mussten untergebracht, bewirtet, informiert und mit kulturellen Programmpunkten in Hamburg beeindruckt werden", berichtet Lang. Große Empfänge im "Atlantik-Hotel" oder "Ratsweinkeller" gehörten in Sachen Öffentlichkeitsarbeit zu ihren Feuertaufen.

Als 1983 die Stelle im Vorzimmer des Jorker Gemeindedirektors vakant wurde, bewarb sich die junge Mutter, auch wenn das Tätigkeitsfeld nur in einigen Punkten mit ihrem bisherigen beruflichen Einsatz vergleichbar war. Ihr Ehemann umsorgte als Hausmann fortan die Familie und Gina Lang stieg mit vollem Einsatz wieder ins Berufsleben ein.

"Die Arbeit war interessant, vielseitig und gefiel mir", sagt sie rückblickend. Zwei Jahrzehnte war Gina Lang die rechte Hand des damaligen Gemeindedirektors Richard Kladiwa. Als Vorzimmersekretärin bekam sie erste Einblicke in die Ratspolitik im Allgemeinen und das Verhalten der Politiker untereinander im Besonderen. "Da habe ich anfangs oft gestaunt, wie Politik gemacht wird und so manche Ratsherren öffentliche Vorstellungen geben", sagt Lang mit verschmitztem Lächeln.

"Doch ganz klar: Diskretion ist in diesem Job oberstes Gebot", sagt Lang.

Diktate, Ratsprotokolle, Terminmanagement, Besucherservice und Öffentlichkeitsarbeit gehörten zu ihrem beruflichen Alltag im Jorker Rathaus ebenso, wie das Bewirten und Betreuen zahlloser Besucher aus dem In- und Ausland. Unter ihnen waren Prominente, wie der ehemalige Bundespräsident Carl Carstens, Christina Rau oder Ole von Beust. "Bei Empfängen und dem vollen Programm zur Blütezeit haben wir immer alles getan, damit unsere Gäste Jork und das Alte Land in angenehmer Erinnerung behalten und gern wiederkommen", sagt Lang. So war auch Otto Waalkes zunächst als Trauzeuge vom Jorker Trauzimmer im "Gräfengericht" so beeindruckt, dass er kurz darauf seine Ehe mit Eva Hassmann inkognito im Jorker Standesamt schloss.

Nach Kladiwas Amtszeit war Gina Lang Sekretärin aller folgenden fünf Bürgermeister. Ihre Zuverlässigkeit schätzten während ihrer Amtszeit als Bürgermeister Cord Michelsen, Hans-Hinrich Hauschildt, Dietmar Elsholz, Thies Hardorp und Rolf Lühmann. "Ich habe mich 2004 sehr gefreut, eine so kompetente, kooperative, warmherzige und verlässliche Sekretärin zu haben", lobt Lühmann Gina Lang. "Sie half mir mit ihrer langjährigen Erfahrung am Anfang über manche Hürde, absolut loyal in jeder Beziehung." Man habe immer gemeinsam gewitzelt, wer von uns beiden zuerst aus dem Amt scheidet. Nun ist sie mir doch noch zuvor gekommen, so Lühmann. "Ich wünsche ihr, dass sie ihren Ruhestand lange und gesund genießen kann."

Zehn Jahre zuverlässiger Zusammenarbeit über zwei Amtsperioden als Bürgermeister verband Elsholz mit Lang. "Sie war das Bindeglied zwischen Politik und Verwaltung, sowie zwischen Herrn Kladiwa und mir", sagt Dietmar Elsholz. "Frau Lang stand mir mit ihrer angenehmen loyalen Art in allen Situationen, auch den schwierigen zur Seite. Sie war eine Kollegin, der man alles anvertrauen konnte."

Riesig war denn auch Gina Langs Freude, dass zu ihrem 25-jährigen Dienstjubiläum alle Bürgermeister kamen, um mit ihr gemeinsam zu feiern.

Doch nur Tätigkeiten als Vorzimmersekretärin der Verwaltungschefs waren Gina Lang nicht genug. Umtriebig mit immer neuen Ideen, begann sie mit Susanne Höft-Schorpp und anderen Helfern das Jorker Archiv zunächst in so genannten Findbüchern zu ordnen und sich später dann auch der digitalen Erfassung zu widmen.

Interesse an fortschrittlicher Technik prägte Langs Arbeit im historischen "Gräfengericht" ohnehin. "Schon Mitte der 80er-Jahre hatten wir den ersten Schreibautomat", erinnert sich Lang, und beschreibt die Gemeindearbeit in Jork als stets sehr fortschrittlich. Das Erfassen sämtlicher Ratsprotokolle, das Einrichten übersichtlicher Strukturen aller zusammengetragenen Dokumentendateien waren die ersten Vorläufer des heutigen Ratsinformationssystems. Ihr Ehemann motivierte und bestärkte Gina Lang denn auch, erste Entwürfe für einen ersten Internet-Auftritt der Gemeinde zu entwickeln. "Mit eigenen Bildern habe ich mit meinen Kollegen begonnen, Jork auf einer eigenen Homepage von seinen schönsten Seiten zu zeigen", sagt Lang. "Inzwischen haben Profis auf dem Gebiet das Ganze perfektioniert und unser neuester Internetauftritt ist doch wirklich gelungen", freut sich Lang, die auch daran maßgeblich mitgewirkt hat.

Nun sieht die Wahlestebrüggerin ihren Ausstieg aus dem Berufsleben mit 60 als geschenkte Lebenszeit für Dinge, die bislang immer der Arbeit untergeordnet wurden. "Meine erste private Amtshandlung war ein Abo des Hamburger Abendblattes, das ich jeden Morgen nach dem Frühstück in Ruhe lese", sagt sie. Entspannt den Tag zu beginnen und nicht mehr vom Alltagsdruck getrieben zu sein oder sich fürs Büro stylen zu müssen, das sei ebenso purer Genuss, wie spät abends mal gute Filme anzusehen oder mehr zu lesen, so Lang. Große Reisen plant sie nicht. Nur einmal quer durch Deutschland - mit dem Fotoapparat die schönsten Motive einfangen - das steht auf der Wunschliste, die sich die Langs erfüllen wollen. Denn zur Architekturfotografie hat ihr Mann sie vor Kurzem bekehrt und mit Jugendstilmotiven aus Riga (zu sehen unter www.mygall.net ) hat Gina Lang bereits ihr kreatives Hobby begonnen. Und im Frühjahr kommt ein weiteres Hobby auf den Plan. "Ich bin Rosenfreak und werde viel Zeit im Garten verbringen", sagt Gina Lang.