Der Mann, der im Stader Drogen-Prozess aussagen soll, soll regelmäßig Drogen konsumiert haben

Stade. Der Kronzeuge im Prozess gegen zwei Stader Drogenringe hat noch kein Wort gesagt. Trotzdem sorgt Hauptbelastungszeuge Marcel K. für Gesprächsstoff. Die Verteidigung fordert jetzt einen Haftbefehl gegen den Zeugen. Es besteht der Verdacht, dass dieser regelmäßig Kokain konsumiert habe. Die Entnahme einer Haarprobe ist seit April dieses Jahres gescheitert, obwohl Marcel K. sie eigentlich freiwillig hatte abgeben wollen.

Es ist ohne Frage einer der spektakulärsten Prozesse, die Stade je erlebt hat. Im März dieses Jahres hatten Polizei und Staatsanwaltschaft mit zwei Großrazzien innerhalb von 36 Stunden zwei Stader Drogenringe gesprengt. Insgesamt wurden zehn Verdächtige geschnappt und neun von ihnen wegen bandenmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln angeklagt.

Es handelt sich um zwei Verfahren, die aber gemeinsam verhandelt werden, weil in beiden Verfahren derselbe Kronzeuge auftritt. Dieser Zeuge soll mehrfach als Drogenkurier für die beiden Drogenringe im Einsatz gewesen sein. Wegen seiner Straftaten wird er gesondert verfolgt.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft befindet sich der Kronzeuge zurzeit nicht in Haft, sondern im Zeugenschutzprogramm des Landeskriminalamtes Niedersachsen. Bereits Anfang April dieses Jahres hatte einer der Hauptangeklagten im Stader Drogen-Prozess die Staatsanwaltschaft schriftlich gefordert, bei dem Kronzeugen eine Haarprobe entnehmen zu lassen.

Grund sei der Verdacht auf regelmäßigen Drogenkonsum. Der Mann soll insbesondere Kokain genommen haben. "Bis heute wurde noch keine Haarprobe entnommen", sagt Rechtsanwalt Jürgen Meyer. Dies sei nicht möglich gewesen, weil sich der Zeuge seither die gesamte Körperbehaarung entfernt habe.

Rechtsanwalt Meyer sprach von Beweismittelvernichtung und davon, dass der Zeuge aktiv Aufklärungsarbeit verhindern würde. Deshalb wurde ein Haftbefehl gegen den Zeugen Marcel K. beantragt. Die Staatsanwaltschaft verwies darauf, dass der Zeuge voll geständig sei und sogar mehr Taten eingeräumt hätte, als die Ermittler ihm hätten nachweisen können. Gleichzeitig betonte die Staatsanwaltschaft, dass der Zeuge nicht gezwungen werden könne, seine Haare wachsen zu lassen.

Der Vorsitzende stellte den Antrag vorerst zurück. Mittlerweile sind acht Verhandlungstage des Stader Drogen-Prozesses vorüber. Zuletzt hatten die Verteidiger von sechs Angeklagten einen Befangenheitsantrag gegen die zuständige Strafkammer gestellt. Das heißt, sie haben die gesamte Kammer unter Vorsitz von Richter Rolf Armbrecht abgelehnt. Dieser Antrag wurde nun zurückgewiesen, eine unabhängige Strafkammer hat die zuständigen Richter für nicht befangen erklärt.

Hintergrund war die Tatsache, dass das Gericht vier der Angeklagten Haftstrafen auf Bewährung in Aussicht gestellt haben soll, falls sie Geständnisse ablegen. Drei von ihnen sollen deshalb entgegen der Anklageschrift nicht mehr als Mitglieder einer Bande angesehen werden. Der Vierte war nicht wegen bandenmäßigen Drogenhandels angeklagt.