Ein Hedendorfer Landwirt will zwei Hähnchenmastanlagen errichten. Bürger fühlen sich nicht ausreichend informiert und protestieren

Hedendorf. Diesen Geruch kann man nicht in Worte fassen. Durchdringend, etwas süßlich, ein bisschen wie Ammoniak. Im Sommer, sagt Elly Kühl, könne sie manchmal trotz der Hitze gar nicht die Fenster öffnen. So unerträglich sei der Gestank, der zu ihr herüberweht. Die Hedendorferin wohnt in Riechweite der zwei Hähnchenmastställe des Landwirts Diedrich Dammann in der Feldmark. Rund 80 000 Tiere werden dort schlachtreif gemästet. Jetzt sollen in zwei weiteren Ställen noch einmal so viele Hähnchen dazu kommen. Für Elly Kühl ein Alptraum.

Gemeinsam mit Helmut Wiemann und Klaus Freise sowie einigen anderen Hedendorfern will sie dafür kämpfen, dass die zwei neuen Ställe gar nicht erst entstehen. Dafür gibt es Unterstützung aus der Politik. Anfang dieser Woche hat der Buxtehuder Verwaltungsausschuss sein Einvernehmen für den Neubau versagt. Michael Nyveld, Fachgruppenleiter Bauordnung der Stadt Buxtehude, hatte noch vor der Abstimmung erklärt, dass er keine Möglichkeit sehe, dieses Einvernehmen zu verweigern.

Die Buxtehuder Politiker entschieden jedoch anders, sodass eine entsprechende Mitteilung an den Landkreis Stade geschickt wurde, der in diesem Fall Genehmigungsbehörde ist. Als Begründung sei darin die nicht gesicherte Erschließung der Ställe aufgeführt, sowie die möglichen Umweltbeeinträchtigungen, die von dem Vorhaben ausgehen, sagt Nyveld.

Genau diese Argumente führen auch die drei Hedendorfer ins Feld, die sich als Sprachrohr der anderen Ortsbewohner sehen. Das Problem sei, dass sich die Ställe auf einer Anhöhe befinden und der Geruch deshalb stärker im niedriger liegenden Ort wahrgenommen werde, als es in einem flachen Gelände der Fall wäre, sagt Wiemann.

Er sei kein Ideologe und könne auch das unternehmerische Handeln des Landwirts nachvollziehen, fügt Freise hinzu. Aber wenn seine persönlichen Belange betroffen seien, müsse er aktiv werden. Dabei macht er zugleich klar, dass es gar nicht darum gehe, die eigenen Wünsche einzuklagen. Vielmehr empören er und seine Mitstreiter sich über das Vorgehen des Hedendorfer Ortsrats in der Angelegenheit.

Denn Ortsbürgermeister Gerd Beckmann hatte in der Ausschusssitzung Anfang der Woche zunächst erklärt, er habe über die Hähnchenmastställe nichts Genaues gewusst. Erst nachdem Ortsratsmitglied Jochen Dammann aus dem Protokoll eines Gesprächs zwischen Ortsbürgermeister und Buxtehuder Stadtverwaltung aus dem April dieses Jahres vorlas, in dem die Ställe thematisiert wurden, räumte Beckmann das Gegenteil ein. Es habe jedoch keine Beschlussvorlage der Verwaltung gegeben. Und darum sei das Thema auch nicht im Ortsrat gelandet, verteidigte er sich. Für eine Stellungnahme war Beckmann gestern nicht zu erreichen.

"Die selbstverständlichen Regeln eines demokratischen Prozesses sind ausgehebelt worden", sagt Klaus Freise. Die betroffene Öffentlichkeit sei ignoriert worden, deshalb stinke das Ganze gen Himmel. "Ein offenes Gespräch vorab hätte gut getan", ergänzt Wiemann. Zur Erklärung: Erst die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hatte Mitte Oktober mit einem Antrag dafür gesorgt, dass der Neubau überhaupt in öffentlicher Sitzung behandelt wird.

Elly Kühl geht sogar noch einen Schritt weiter. "Wenn ich etwas verberge, muss irgend etwas faul sein. Das denkt man da doch", sagt sie. Die drei sind der Überzeugung, dass hier nicht nach Recht und Gesetz vorgegangen worden sei. Deshalb erwägen sie zu prüfen, ob sie nicht selbst gegen das Vorhaben klagen wollen. Das hatten zuvor bereits FDP und Grüne in der Ausschusssitzung angekündigt.

Von einer Bürgerinitiative gegen die Ställe will Helmut Wiemann aber nicht sprechen. "Zumindest jetzt noch nicht", sagt er. Erst einmal gehe es ihnen um Akteneinsicht, Gespräche und Informationen, wann etwa die Ställe gereinigt werden und wie die zeitlichen Abläufe in dem Betrieb generell aussehen. "Wir finden, dass der Betreiber auf uns zugehen muss", sagt Elly Kühl.

Ob es dazu tatsächlich kommt, ist offen. Denn Hähnchenmäster Diedrich Dammann sieht sich auf der sicheren Seite. "Ich bin optimistisch, dass die Ställe realisiert werden", sagt er. Seiner Meinung nach gebe es keine stichhaltigen Gründe dagegen. Die kleinbäuerliche Landwirtschaft wie in früheren Zeiten gebe es nun mal nicht mehr. Von einem industriellen Unternehmen will er trotzdem nicht sprechen: Lediglich er, seine Frau und ein weiterer Helfer verrichten die anfallenden Arbeiten.

Der Verbrauch von Hähnchen ziehe stark an, sagt Dammann, der mit dem Unternehmen Wiesenhof zusammenarbeitet. 2001 habe er angefangen, seinen Betrieb auf Hähnchen umzustellen. In den je 1600 Quadratmeter großen Ställen würden die Küken auf Stroh gehalten werden, vor jeder der Schlachtungen, die alle 30 und 38 Tage stattfinden, gebe es Kontrollen des Kreisveterinäramtes. "Wir sind ein zertifizierter Betrieb", sagt Dammann. Die Ställe seien seine finanzielle Grundlage "Wenn mein Sohn später mit einsteigt, müssen wir mit drei Familien davon leben." Gleichwohl räumt er ein, dass es manchmal Wetterlagen gebe, in denen der Geruch im Ort wahrnehmbar sei.

Das wiederum scheint nicht alle Ortsbewohner zu stören. "Der Mann muss doch auch mit irgendwas sein Geld verdienen", sagt Wulfried Peters. Von ihm aus könnten ruhig noch zwei Ställe dazu kommen. Ähnlich sieht es die gebürtige Hedendorferin und Landwirtin Bettina Allers. "Ich glaube, dass viele Landwirte ihre Tiere gern anders halten würden." Aber so lange die Leute nicht bereit seien, viel Geld für Fleisch auszugeben, gebe es auch die günstig produzierende Massentierhaltung.