Ex-Stadtarchivar Jürgen Bohmbach hat die Biografien der Opfer des NS-Regimes aufbereitet

Stade. In diesem Frühjahr verlegte der Künstler Gunter Demnig die ersten neun von insgesamt 21 Stolpersteinen in Stade, mit denen der Stader Opfern des NS-Regimes gedacht wird. Im Frühjahr 2011 sollen weitere der mit Kurzbiografien versehenen Steine in Stade verlegt werden. Damit die Erinnerung an die Verfolgten und ermordeten Menschen, die in Stade wohnten, nicht auf eine bloße Namensnennung und den Todesort reduziert bleibt, hat die Stadt Stade jetzt eine 32-seitige Broschüre herausgebracht, die die Hintergründe zu dem Geschehen und den Personen beleuchtet.

Der ehemalige Stadtarchivar Jürgen Bohmbach hat - als seine letzte offizielle Aufgabe - für die Stadt die Broschüre erstellt, die in einer Auflage von 1000 Exemplaren im Stadtarchiv und künftig auch in mehreren Stader Buchhandlungen für zwei Euro verkauft wird.

"Für die Stadt geht es nicht nur darum, die Stolpersteine zu setzen, sondern Geschichte erlebbar zu machen", sagt Stades Bürgermeister Andreas Rieckhof. Das Ziel sei es gewesen, das soziale Umfeld der betroffenen Personen anschaulich darzustellen. Bohmbach, der sich bereits in der Vergangenheit mit der Aufarbeitung von Stades Geschichte im Dritten Reich verdient gemacht hat, sei für das Projekt prädestiniert gewesen, so Rieckhof.

Jürgen Bohmbach arbeitete seit Sommer 2009 an der Broschüre

Im Sommer 2009, als die Debatte um die Verlegung von Stolpersteinen in Stade im vollen Gang war, holte Bohmbach seine alten Forschungsaufzeichnungen zu dem Thema wieder hervor und arbeitete die Biografien der 21 Menschen auf. Im März, so der ehemalige Stadtarchivar, waren die Forschungsarbeiten soweit abgeschlossen.

"Die Biografien sind alle unterschiedlich lang, die Menge des vorhandenen Materials, um die Lebenswege zu rekonstruieren, war sehr verschieden", sagt Bohmbach. Für den Historiker und Archivar ging es bei der Arbeit darum, die sehr schlichte Form des Erinnerns in Gunter Demnigs Werk zu erweitern. "Die Stolpersteine mit ihren zwangsläufig sehr knapp gehaltenen biographischen Daten, können einem Passanten nicht die Gänze des Geschehenen aufzeigen", so Bohmbach. Daher sei die Broschüre eine sinnvolle Ergänzung, auch weil am Ende des Textes für Interessierte ein Rundgang-Vorschlag durch die Stadt angeboten wird.

Inhaltlich gliedert sich das Werk in mehrere Abschnitte. Zu Beginn geht Bohmbach auf die Anfänge der Stader Vergangenheitsbewältigung ein, dann wird die Diskussion um die Verlegung de Stolpersteine kurz skizziert. Mit dem Abschnitt "Verfolgung und Ermordung" leitet die Broschüre direkt zu den Biografien derer über, denen die Stolpersteine gewidmet sind - unter ihnen der bekannte Stader Heinrich Waller.

Insgesamt fünf Untergruppen werden mit den Orten ihrer Internierung und Vernichtung dargestellt: Euthanasie-Opfer, Juden, Zeugen Jehovas, Sozialdemokraten sowie Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter.

Bohmbach will sich nun einem neuen Buchprojekt widmen. Dabei geht es um die Geschichte von Juden im Elbe-Weser Dreieck während des Dritten Reiches.