Ausbau der Verkehrsinfrastruktur wird von Geldmangel, Lärm und Problemen bei der Entwässerung gebremst

Stade. Die Proteste gegen Stuttgart 21 haben auch Stade aufhorchen lassen. "Wir müssen demokratische Entscheidungen so transparent wie möglich machen, das ist die Lehre der Proteste", sagte Karsten Behr (CDU) bei der Eröffnung der großen Diskussionsrunde am Mittwochabend im Stader Rathaus. Stades Verkehrszukunft wird, wie Stuttgart 21, deutliche Spuren im Stadtbild hinterlassen, das ist klar. Zwei Autobahnen in unmittelbarer Nähe, ein groß angelegtes Schienenbauprojekt, ein weiterer Ausbau des Bützflether Hafens und die Elbvertiefung stehen bevor.

Das birgt viel Konfliktpotenzial. Deshalb geht die Politik auf die Bürger zu. Stimmen sollen gehört werden, Einwände, Befürchtungen und Ideen gesammelt werden und in Berlin, Hannover sowie in Stade beratschlagt werden - niemand soll sich ausgeschlossen fühlen oder später sagen können, er wäre nicht gehört worden.

Die Stader Bürger sind dem Aufruf von CDU, FDP und der Wählergemeinschaft gefolgt. Etwa 250 Bürger sind in das Rathaus gekommen, die Grünen und die SPD sind im Saal vertreten und auch der Landrat, die beiden CDU-Landtagsabgeordneten Kai Seefried und Helmut Dammann-Tamke und der Parlamentarische Staatsekretär Enak Ferlemann (CDU) sind erschienen. Nur einer fehlt: Niedersachsens Verkehrsminister Jörg Bode (FDP). Wegen einer, wie Behr zugibt, "Kommunikationspanne unsererseits" ist der Minister abwesend - aber das schadet der Veranstaltung kaum. Denn zu besprechen gibt es auch so noch Vieles.

Staatssekretär Ferlemann kritisiert die Politik der Stadt Buxtehude

7,2 Milliarden Euro von insgesamt zwölf Milliarden Euro, so Ferlemann, habe der Bund 2010 in den Straßenbau investiert. Im kommenden Jahr werde mit den vorhandenen zehn Milliarden munter weitergebaut. Ganz oben auf der Prioritätenliste: die Küstenautobahn A 20, denn die sei für eine Entlastung der A 1 notwendig und auch, um die Anstiege im Güterverkehr zu verkraften. Der Bund geht von einem Plus von 70 Prozent mehr Transporten bis 2025 aus, davon entfallen geschätzte 70 Prozent auf den Lkw-Transport. "Ende des Jahres wird deshalb unser Aktionsplan Güterverkehr und Logistik vorgestellt", sagt Ferlemann. Das Ergebnis könne er schon vorwegnehmen: Die Häfen seien die Jobmotoren der Zukunft, Niedersachsen sei der europäische Verkehrsknotenpunkt. Daher habe die Hafenhinterlandanbindung höchste Priorität. Für Stade bedeutet dies: Der Bau der Küstenautobahn wird von Oldendorf und Drochtersen ausgehend nach Bremerhaven vorangetrieben.

Die A 26 mit der Anbindung an Hamburg bleibe für die Region aber das wichtigste Projekt. Kritik äußerte Ferlemann an der Stadt Buxtehude. "Ich hoffe, dass deren absurde Klage gegen die derzeitigen Pläne abgelehnt wird." Die Stadt verzögere das Projekt unnötig, weil beispielsweise ein paar Hobbysegler einen Ponton für die Este fordern, "nur damit die ihrem Hobby nachgehen können". Dass die Buxtehuder Unternehmen keinen Druck auf die Stadt ausüben würden, überrasche, so Ferlemann.

Deutlich mehr Bewegung gebe es bei den Eisenbahnplänen der Stadt Stade. Diese will die Chemietransporte aus dem Stadtgebiet heraus verlegen und eine Gleisanbindung für den vergrößerten Industriehafen schaffen. Das koste, so Bürgermeister Andreas Rieckhof, geschätzte 11,7 Millionen Euro.. Aufgrund von Einsparungen bei der alten Bahnstrecke in Höhe von etwa vier Millionen würde das Projekt letztlich etwa fünf Millionen Euro netto kosten. Die Deutsche Bahn habe einem Umbau für 2013/2014 bereits zugestimmt, werde sich aber nicht finanziell beteiligen.

Das größte Problem besteht für die Stadt derzeit vor allem bei der Trassenführung. Die Pläne der Stadt, die Bahn parallel zur L 111 und der A 26 laufen zu lassen und die A 26 später zu kreuzen, könne nur funktionieren, wenn das Lärmproblem gelöst wird und die Anrainergemeinden kooperieren. Am Abend wird deutlich, dass dies eher nicht der Fall ist. Die Gemeinde Hollern-Twielenfleth kündigt Protest an. Wie der parallele Ausbau von Schiene und Straße nun funktionieren soll, muss das Land Niedersachsen klären. Im Frühjahr könnte es dazu mehr Informationen geben, dann will Stade Bode erneut in die Hansestadt einladen.

Dann wird auch eine Lösung für das Bodenproblem in Kehdingen erhofft. Die Böden dort sind, so Anwohner, so feucht und moorig, dass die Sorge besteht, dass die Häuser wegen der A 26 Schaden nehmen könnten. Rieckhof stimmt den Bürgern zu und plädiert deshalb auch für eine vorherige Bestandsaufnahme, um Schäden dokumentieren zu können, sollten sie denn auftreten. Das Problem ist, dass die Entwässerung des Moorgebietes wegen der Trasse, die die Region zerschneidet, beeinträchtigt wird. Das bisherige System von Entwässerungskanälen würde, so die Anwohner, nicht mehr funktionieren. "Eine Lösung muss gefunden werden, daran arbeiten aber jetzt auch die zuständigen Verbände", sagt Seefried.

Stadt Stade soll für Hafenausbau Geld aus Cuxhaven erhalten

Weiter ist man beim Hafenausbau in Bützfleth. Dort hat sich bereits eine Lösung angebahnt, um den Ausbau zügig voranzutreiben. Enak Ferlemann erklärt, dass die Stadt Cuxhaven noch Finanzmittel übrig habe, die für den Ausbau des dortigen Hafens bestimmt gewesen sind. "Die könnten wir nach Stade abzweigen", sagt Ferlemann. Das gehöre zum Miteinander an der Küste. Er will das Signal hierfür nach Hannover geben. Die Neuigkeit überrascht alle, auch Rieckhof. Dessen Verwaltung bräuchte dann nicht mehr auf den erwarteten Finanzbescheid der Landesregierung warten.

Der Ausbau des Hafens soll im Jahr 2012 zügig weitergehen. Das hat auch der Hamburger Logistiker Buss inzwischen angedeutet. Das Unternehmen wartet nur noch auf die letzten Genehmigungen, um den etwa neun Millionen Euro teuren Ausbau der kleinen Hafenerweiterung, die etwa vier Hektar Umfasst, in die Wege zu leiten. "Es gab noch Unklarheiten beim Schallschutz, die scheinen jetzt ausgeräumt"; sagt Rieckhof. Wenn der erste Bauabschnitt abgeschlossen ist, soll umgehend die zweite Ausbaustufe begonnen werden: 40 Hektar groß, etwa 100 Millionen Euro teuer. "Wenn alles glatt geht, könnte Stade ein Gewinner der Globalisierung werden", so Rieckhof.

Derweil haben sich die Landräte aus Harburg und Stade, Joachim Bordt und Michael Roesberg, mit Harburgs Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg beraten. "Wir haben ein vitales Interesse an eine schnellstmöglichen Realisierung der Autobahn 26, weil unsere wirtschaftliche Entwicklung davon abhängt", so Meinberg. Der Anschluss nach Hamburg müsse daher umgehend erfolgen.