Der Verein “Die Brücke - Hilfe und Halt“ gibt psychisch Kranken die Chance, wieder am Alltagsleben teilzunehmen

Stade. Zwanzig Jahre lang arbeitete Heinz K. erfolgreich als Handwerker. Ein gutes Gehalt, interessante Aufträge und gute Kontakte prägten sein Leben. Glücklich war er, bis ein weiterer Mensch in sein Leben eintrat, ein Mensch den er nicht kannte, der ihm aber doch vertraut wurde. Ein Mensch, der ihn zunehmend von seiner Familie entfremdete und dennoch nicht sichtbar war. Heinz K. leidet unter Schizophrenie. Seinen Beruf musste er an den Nagel hängen.

Sein Schicksal teilen etwa ein Prozent der Bundesbürger: Eine plötzliche psychische Erkrankung wie etwa die Schizophrenie wirft sie aus der gewohnten Lebensbahn, bedeutet das Ende der beruflichen Karriere. Hilfe finden diese Menschen außerhalb von Kliniken vor allem bei Vereinen, die sich der Betreuung dieser Menschen verschrieben haben. Einer davon ist der Stader Verein "Die Brücke - Hilfe und Halt".

Seit 25 Jahren existiert der Verein inzwischen, seine Bedeutung ist für jene Stader, die auf psychische, moralische und seelische Unterstützung angewiesen sind, nicht in Zahlen zu fassen. "Wir sind schon ein wenig Stolz auf das, was wir in den vergangenen 25 Jahren an Hilfe leisten konnten", sagt Annette Kim vom Vereinsvorstand. Eigentlich sind es zwei Vereine, einmal "Die Brücke", die im September 1985 gegründet wurde und zum anderen "Hilfe und Halt", ein ähnlicher Verein, der im November 1995 gegründet wurde. Im Jahr 2001 fusionierten die beiden Vereine, um Synergieeffekte zu erzielen.

Schon damals waren die Vereine aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken, auch wenn sie in der Öffentlichkeit weniger Präsent sind, als andere Gruppen. "Das hängt damit zusammen, dass der Verein sich natürlich vorrangig um die Hilfe und Unterstützung der psychisch Erkrankten kümmern will und muss", so Kim. Doch der Verein brauche natürlich auch eine öffentliche Unterstützung. Der Landkreis Stade hat sich relativ früh für eine öffentliche Unterstützung des Vereins stark gemacht und im März 1996 eine Finanzierungszusage an den Verein gemacht. Seit dem bezahlt der Kreis 1,5 Vollzeitstellen in dem Verein.

Zudem sind drei Personen für betreutes Wohnen und etwa 30 ehrenamtliche Helfer in dem Verein tätig und auch ein enger Kontakt zum Elbe-Klinikum wird gepflegt. Ein guter Teil der freiwilligen Helfer ist unter anderem in dem kleinen Lädchen des Vereins gegenüber vom Landgericht tätig. Hier können die psychisch Erkrankten vorsichtig versuchen, wieder in ein Berufsleben einzusteigen und Erfolgserlebnisse mitzunehmen.

"Die Betroffenen haben eine hohe Sensibilität, aber sie haben viele Kräfte", sagt Professor Martin Huber, der beratend in dem Verein tätig ist. "Die Betroffenen wollen etwas leisten und wenn sie es dann können, ist das für sie eine große Freude und es stärkt ihr Selbstbewusstsein nachhaltig." Das sei auch wichtig für den weiteren Genesungsprozess.

Daher sei es auch so wichtig, so etwas wie das Lädchen zu betreiben oder die Betroffenen bei ihren handwerklichen Tätigkeiten zu unterstützen. Die Bedeutung des Vereins wird voraussichtlich zunehmen. Davon geht nicht nur der Verein selbst aus, denn die Zahl der Menschen, die von einen Tag auf den Nächsten an einer psychischen Störung erkranken, nimmt zu. "Das Burn-out-Syndrom zählen wir hier nicht zu, das ist noch einmal ein komplizierter Sonderfall", so Huber. Zwar gebe es Burn-out-Patienten, die letztlich schwere Depressionen oder andere psychische Störungen erleben würden, doch diese Fälle würden immer noch die Ausnahme darstellen.

Die Bedeutung und Akzeptanz des Vereins wird anhand einiger Zahlen deutlich: Alleine im Jahr 2009 wurden etwa 900 Einzelgespräche in dem Verein geführt, rund 100 Personen kamen zu insgesamt 11 944 Besuchen in die Brücke. Die Zahl der Besucher ist damit im Jahr 2009 doppelt so hoch, wie noch im Vorjahr gewesen.

Insgesamt 15 Gruppenangebote gab es, die diverse Unternehmungen organisierten sowie lebens- und alltagspraktische Unterstützung für die Betroffenen gaben. Eine eigene Zeitungsredaktion, eine Malgruppe, Sport-, Trommel- und Bastelgruppen oder auch Spielnachmittage zählen zum beständigen Angebot.

Auch Exkursionen werden geplant. "Die sind aber nicht einfach für die Betroffenen, sondern mit Stress verbunden", sagt Kim. Für die Betroffenen sei es oftmals ein großer Schritt der Selbstüberwindung, um aus dem vertrauten Stader Umfeld beispielsweise nach Rügen zu reisen. "Da wird das gewohnte, strukturierte Umfeld, das Halt gegeben hat, für eine Weile aufgegeben, das macht viele natürlich erst einmal unsicher", sagt Kim. Dennoch werde das seit mehreren Jahren bestehende Exkursionsprogramm immer wieder durchweg begrüßt.

Im Großen und Ganzen ist der Verein zufrieden mit dem Erreichten und dem, was künftig erreicht werden soll. Einen Wunsch hat der Vorstand des Vereins aber dennoch: "Wir würden uns schon freuen, wenn noch mehr Stader in das Lädchen kämen, um vorbeizuschauen und vielleicht das ein oder andere zu kaufen", sagt Kim. Die psychisch erkrankten, die dort arbeiten, würden sich jedenfalls über jedes bisschen Mehr an Aufmerksamkeit von Seiten der Bevölkerung freuen.