Jorks Feuerwehr schickt die “Oma“ auf Reisen. Das 73 Jahre alte Feuerwehrauto nimmt an der Steuben-Parade teil

Jork/New York. Es ist beinahe geschafft. Jürgen Haar ist erleichtert. Ein letzter Klaps und ein wehmütiger Blick, dann geht die "Oma" mit dem Schiff vom Hamburger Hafen auf große Reise nach New York. Am 25. September soll das 73 Jahre alte Feuerwehrauto aus Jork an der Steuben-Parade in der amerikanischen Metropole teilnehmen. Für Feuerwehrmann Haar und seine Mitstreiter geht ein Traum in Erfüllung. Doch die Realisierung dieser Reise war alles andere als einfach.

Die Idee entstand schon vor vier Jahren - in geselliger Runde nach der Jahreshauptversammlung der Jorker Feuerwehr. Günter Freudenthal, Jan Kühlke, Gerd Hubert, Henning von Husen, Jürgen Haar und der damalige Gemeindebrandmeister Claus Rehder schmiedeten den Plan, an der deutsch-amerikanischen Steuben-Parade in New York teilzunehmen.

Steuben-Parade ist nach einem preußischen General benannt

Die Parade ist benannt nach dem ehemaligen preußischen Offizier Friedrich Wilhelm von Steuben, der nach seinem Austritt aus der Armee eine zweite Karriere in Amerika als Generalinspekteur der Kontinentalarmee absolvierte, die während des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges (1775 - 1783) gegen das Vereinigte Königreich kämpfte. Jedes Jahr findet der Umzug im September auf der Fifth Avenue in New York City statt. Im Jahr 1957 wurde die Steuben-Parade von deutschstämmigen Amerikanern ins Leben gerufen, die die Traditionen ihrer Heimat aufrechterhalten wollten.

In diesem Jahr werden 46 Frauen und Männer aus Jork und Umgebung mitmarschieren, für sie alle ist es eine Premiere. "Es war aber sofort klar, dass wir nur mit der Oma an der Parade teilnehmen", sagt Jürgen Haar, der sich spontan um die Organisation der Reise des alten Feuerwehrautos kümmern wollte. Der erste Plan, das Fahrzeug mit dem Flugzeug über den großen Teich zu schicken, wurde schnell verworfen. Zehn Euro pro Kilogramm sollte es kosten, sagt Haar. Und die "Oma" bringt immerhin stolze 2950 Kilogramm auf die Waage.

Die Oma ist zu groß für einen Standardcontainer

Also wurde eine Containerverschiffung angedacht. Doch mit einer Höhe von 2,42 Metern ist die "Oma" schlicht zu groß für einen Standardcontainer. Somit musste ein 2,57 Meter hoher Spezialcontainer her. Im Januar dieses Jahres meldete sich dann der Horneburger Tino Klemp von der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) bei den Jorker Feuerwehrleuten. "Er schlug uns vor, das Fahrzeug ohne Container zu verschiffen", sagt Haar. Klemp überzeugte die Jorker.

Schließlich wurde der Oldtimer bei der auf Fahrzeugumschlag spezialisierten HHLA-Tochter Unikai auf den Frachter "Atlantic Cartier" der Atlantic Container Line verladen. Der Transport kostet insgesamt rund 12 000 Euro, verrät Klaus-Peter Suhr von der Feuerwehr Ladekop. Der Gesamtbetrag beinhaltet auch alle Gebühren, Reparatur- und Versicherungskosten. Suhr kümmert der sich um das Finanzielle bei "Omas" Reise nach New York, sammelt zum Beispiel Sponsorengelder. Eigentlich sollten sogar zwei Feuerwehrfahrzeuge verschifft werden, dieses Vorhaben wurde aber aus Kostengründen wieder verworfen. Selbst die 12 000 Euro sind noch nicht zusammen.

Das Jorker Feuerwehrauto befindet sich derzeit im Bauch des großen Frachters auf hoher See. Im New Yorker Hafen wird es dann von dem Jorker Jürgen Froböse in Empfang genommen. Schließlich wird die "Oma" von einer Polizei-Eskorte abgeholt und zur Feuerwehrschule in New York gebracht, wo das alte Fahrzeug untergestellt wird. Mit einer Feuerwehr-Eskorte wird die "Oma" am Tag der Parade zum Umzug geleitet. Der Grund für den ständigen Begleitservice ist der, dass die "Oma" in den Staaten außerhalb der Parade nicht versichert ist. Dass das Fahrzeug aber durchaus versichert ist, solange es bei der Parade mitfährt, erfuhr Jürgen Haar von Herb Seeff. Seeff ist stellvertretender Vorsitzender des Steuben-Kommittees, das die Parade organisiert. Er unterstützte Haar auch bei der Suche nach einer Versicherung außerhalb des Umzuges. Aber: "Eine Versicherung für die Oma zu finden, war unmöglich", sagt Jürgen Haar.

Schon den Parkplatz bei der Feuerwehr zu organisieren, sei nicht ganz einfach gewesen. "Eine Kontaktaufnahme mit der New Yorker Feuerwehr ist nach dem 11. September 2001 schwierig", sagt Haar. Seit dem Terroranschlag auf das World Trade Center würden die Helden der New Yorker Feuerwehr noch heute mit Anfragen aus aller Welt überschüttet.

Im März dieses Jahres traf sich Haar dennoch mit dem Chef der Feuerwehrschule, Chief Thomas A. Robson, der einen Parkplatz für das Jorker Feuerwehrauto zugesagt hatte. Dank einer Internetplattform konnte der Jorker Haar auch noch Kontakt mit Bill Schillinger aufnehmen. Schillinger ist bei der Organisation der Parade für die Feuerwehren zuständig und kümmerte sich um den Begleitschutz der "Oma" vom Hafen und zur Parade.

In Deutschland musste ein Reisepass für das Auto beantragt werden

Auch in Deutschland musste noch einiges passieren, bis die "Oma" auf das Schiff gefahren werden konnte. Sie brauchte ein sogenanntes Carnet, das ist ein Reisepass für Waren. Zudem musste das Fahrzeug noch dem deutschen Zoll vorgeführt werden. Diese aufwändigen Formalitäten erledigte Claus Rehder. Außerdem musste die "Oma" noch für die große Reise frisch gemacht werden. Günter Freudenthal nahm das Fahrzeug einmal komplett auseinander, reparierte, wechselte Teile aus und baute es wieder zusammen. Erst kurz vor der Verladung war Freudenthal fertig. "Am Ende bin ich ganz schön ins Schwitzen gekommen", sagt er und lacht.

Jetzt haben die Feuerwehrleute alle Steine aus dem Weg geräumt und die "Oma" trifft bald im New Yorker Hafen ein. Trotz des hohen Arbeitsaufwandes hat es keiner von ihnen bereut. "So etwas macht man schließlich nur einmal im Leben", sagt Klaus-Peter Suhr.