Das Dorf Hollenbeck bekommt bis zu zwei Millionen Euro für seine Erneuerung

Hollenbeck. Warum er nicht längst nach Hamburg gezogen ist, wo er schon seit vielen Jahren arbeitet, warum er lieber jeden Morgen und jeden Abend eine Stunde mit dem Auto fährt und warum er eben am liebsten in Hollenbeck ist, kann Rüdiger Frank ganz einfach begründen. "Das hier ist mein Garten und meine Heimat. Wenn man hier lebt, braucht man eigentlich keinen Urlaubsort mehr", sagt der 47-Jährige, dem man die entspannende Wirkung seines Wohnortes gleich anzumerken glaubt.

Was er meint, wird dem Besucher deutlicher, als er dem gut gelaunten, groß gewachsenen Mann zu der alten Glocke folgt, die an einem Feldweg hinter Büschen unter einer Art Dach hängt. Hollenbeck hat zwar keine eigene Kirche, die nächste steht in Ahlerstedt - aber eine Glocke gibt es schon, und die erfüllt immer noch eine wichtige Funktion. "Sie läutet jeden Tag zweimal, einmal um zwölf und einmal um sechs. Man hört es im ganzen Dorf und kann sich dann sagen, jetzt ist es Mittagszeit oder Zeit für den Feierabend", sagt Frank.

Das verlässliche Signal sorge für eine gewisse Ruhe und Behaglichkeit, ein Heimatgefühl. Dazu trägt natürlich noch eine Menge mehr bei: Zum Beispiel die 104 Jahre alte Nachbarin, die noch immer vor ihrem Haus fegt und viele Geschichten auf Lager hat, die Tatsache, dass sich so viele beim Vornamen kennen, die schönen Fachwerkhäuser oder auch die plattdeutschen Theaterabende im Dorfgemeinschaftshaus, wenn die Auftritte der Gruppe "De Patzköpp" bis zum letzten Platz gefüllt sind.

Damit auch nachfolgende Generationen noch von der Idylle in Hollenbeck schwärmen können, engagiert sich Rüdiger Frank als Vorsitzender im "Arbeitskreis Dorferneuerung". Die etwa 20-köpfige Gruppe macht sich seit fast einem Jahr darüber Gedanken, wie die 630 Einwohner zählende Gemeinde, die ein Ortsteil des Flecken Harsefeld ist, aufgewertet werden kann. Der Arbeitskreis ist keine Gruppe, der allgemeine Dinge und Wünsche bespricht. Es geht um konkrete Maßnahmen, den Einsatz von bis zu zwei Millionen Euro. Denn das Vorhaben ist in ein Förderprogramm des Landes Niedersachsen aufgenommen worden, mit dem die Attraktivität kleinerer Ortschaften gestärkt werden soll. So soll verhindert werden, dass ländliche Kommunen überaltern oder aussterben.

"Es geht auch darum, dass die Gemeinschaft gestärkt wird, dass die Hollenbecker zusammen überlegen, wo das Dorf hin will", sagt Peter Walthart,

Bauleitplaner der Samtgemeinde Harsefeld. Laut Rüdiger Frank ist dieser gewünschte Effekt auch eingetreten. An den Versammlungen, die am Anfang des Projekts standen, hätten rund 120 Leute teilgenommen, darunter "Jung und Alt". Im Dorfgemeinschaftshaus wurde diskutiert, was sich wo ändern müsse, Vorschläge wurden an Pinnwände geklebt. Ein Mitarbeiter der Bremer Planungsgesellschaft Grontmij GfL koordiniert seit Beginn des Projekts die Bemühungen. Aus beklebten Pinnwänden ist ein konkreter Plan geworden, der jetzt vorliegt. Rund 22 Einzelpunkte sind darin aufgeführt, darunter Investitionen in neue Wege, Bänke, Dächer, Parkplätze, Beete und Bäume.

Dreh- und Angelpunkt der Bemühungen ist das Dorfgemeinschaftshaus. Rüdiger Frank ist in dem etwa 100 Jahre alten Gebäude einmal zur Schule gegangen - und auch Jürgen Deden, der wie Frank in Hollenbeck geboren ist und sich in der Dorferneuerung engagiert, erinnert sich noch daran, wie sämtliche Klassen unter einem Dach, teilweise auch in einem Raum unterrichtet wurden. Jetzt finden in dem Haus nicht nur die legendären Darbietungen der "Patzköpp", sondern auch politische Sitzungen statt, im Keller trainiert eine Turngruppe. Der ist allerdings feucht und das gehört zu den Dingen, die bald anders werden sollen. Auch im Dachgeschoss soll sich etwas tun: "Wir wollen die oberen Räume so herrichten, dass dort Lesungen stattfinden können", sagt Jürgen Deden. Denn es gehe darum, dass der Ort auch für die Jüngeren attraktiv bleibt.

Nicht nur attraktiver, auch sicherer soll der Ort werden. Vor allem für den Nachwuchs. Rüdiger Frank führt seinen Besucher an einen der neuralgischen Punkte Hollenbecks - den Ortsausgang, wo die Kinder, die mit dem Fahrrad zur Schule nach Harsefeld fahren, die Straße überqueren müssen. Mit Geld aus der Dorferneuerung soll diese Stelle, an der Autofahrer häufig noch schnell unterwegs sind, sicherer gemacht werden.

Weiter geht der Weg vorbei an kleinen Häuschen, wo ein Schild Yoga anbietet und ein anderes zum Scheunenfest einlädt, hin zu einer Kreuzung, die zu einer Art Kreisverkehr ausgebaut werden soll. Es ist ein Platz mit Geschichte: "Früher wurde hier einmal das Korn gedroschen", sagt Jürgen Deden. Vorbei an freundlich grüßenden Radlern und Treckerfahrern geht es zum Sportplatz.

"Hier trainiert die Fußballmannschaft des Harsefelder Sportvereins. Aber auch unsere Feuerwehrfeste finden hier statt", sagt Rüdiger Frank. Gerade zu diesen Anlässen gibt es aber ein Problem: Es fehlt nämlich ein Stellplatz für Dixi-Klos.

Damit die ganzen Vorhaben Realität werden können, muss jetzt zunächst der Harsefelder Rat zustimmen. Der Flecken würde 35 Prozent von der Summe tragen, 65 Prozent übernimmt das Land. Vorher jedoch werden die Pläne den Behörden des Landkreises vorgelegt. Wie Jürgen Deden und Rüdiger Frank einräumen, müsste sich auch nach der Realisierung der Dorferneuerung noch einiges tun. Denn dem Ort fehlen ein Bäcker, ein Dorfladen - und vor allem ein Gasthaus. Die Erneuerer hoffen deshalb, dass die derzeitige Aktion nur den Anfang markiert.