Beim Hafenfest in Wischhafen hatten viele Schiffe mit dem Schlick zu kämpfen

Wischhafen. Dieter Hinsch nippt zufrieden an seinem Bier. Der Leiter der Organisationsgruppe des Hafenfestes sitzt an Bord des Küstenmotorschiffes "Iris-Jörg", hoch über den Köpfen der Besucher des fünften Hafenfestes. Neben der "Iris-Jörg" liegen andere Oldtimer-Schiffe. Die meisten sind aus der näheren Umgebung über die Wischhafner Süderelbe zum Fest in den kleinen Hafen eingelaufen.

Über die Reling blickt Hinsch auf die Hafenmeile herab. Dort schlendern Besucher an Essständen, Kunsthandwerkanbietern und Ausschankbuden vorbei. Es ist ruhig geworden. Am frühen Nachmittag, beim Festumzug, sei die Hafenmeile entlang des Hafenbeckens aus allen Nähten geplatzt, sagt Hinsch. Menschenmengen hätten die Straßen zu dem kleinen Hafenbecken gesäumt. Zu sehen gab es 14 Festwagen und 20 Fußgruppen. Der Höhepunkt für Hinsch bei der dreißigminütigen Parade am Sonnabend sei die Schornsteinfeger-Sambagruppe gewesen.

Hinsch schätzt, dass am Wochenende fast die erwartete Besucherzahl von 10000 Menschen gekommen ist. Wischhafen selbst hat rund 3500 Einwohner. Für die Organisation des Festes haben sich fast alle ansässigen Vereine, die Verwaltung, die Kirche und die Schulen engagiert. Für Heike Wagner, Mitglied der Organisationsgruppe, ist das die Besonderheit des Wischhafener Hafenfestes.

Das Motorfrachtschiff "Samka" aus dem dänischen Mastral läuft auf Grund

Eine andere Besonderheit war am Festwochenende wohl aber maritimer Natur: Ein Schlepper musste am Freitag das 33,5 Meter lange Motorschiff "Samka" über den Schlick in den Hafen ziehen. Die "Samka" ist eines der historischen Schiffe, die für das Hafenfest den Weg nach Wischhafen eingeschlagen haben.

Die Mannschaft der "Samka" hatte nicht nur den beschwerlichsten Endspurt, sondern auch die längste Reise. Von der süddänischen Insel Ærø hat das 64 Jahre alte Frachtschiff rund 16 Stunden gebraucht, allein für die letzten hundert Meter war es eine ganze Stunde. "Wir hatten nicht an Tidenhub und den Schlick gedacht", sagt Erik Kromann und lacht. Das kenne er von der Ostsee halt nicht. Die Dänen haben den Zwischenfall mit Humor genommen. "Das erste, was sie nach dem Anlegen gemacht haben, war von Bord zu gehen und den Schlick zu fotografieren", erzählt Hinsch amüsiert.

Kromann ist, wie er sagt, ein einfacher Matrose an Bord. Der Leiter des Seefahrtsmuseums in Marstal, der Hafenstadt auf Ærø, hat die "Samka" 2003 für das Museum auftreiben können. Sichtbar stolz zeigt er mutigen Besuchern das Schiff. Wer Enge nicht scheut, kommt auf der "Samka" auf seine Kosten. Wenn er sich denn traut, mit Hilfe einer schmalen Planke über das matschige Hafenwasser zum stählernen Schiff zu balancieren.

In Innenraum des Schiffes sind die Räume eng, die Treppen steil. Kromann zwängt sich an einem auf dem Boden stehenden Suppentopf vorbei, um die Kombüse zu zeigen. Nur auf dem Deck und im Lagerraum des Schiffes gibt es Bewegungsfreiheit. Und schlafende Matrosen. "Wir hatten hier gestern eine ausgelassene Geburtstagsparty", sagt Kromann und zeigt auf eine provisorische Bar. Es sei spät geworden, einige müssten nun am Nachmittag den verpassten Schlaf nachholen. Von den 16 Männern an Bord der "Samka" dürfen sich nur vier in die Kojen kuscheln. Die anderen schlafen auf Luftmatratzen im Lagerraum.

Etwas gemütlicher hat es da die sechsköpfige Crew auf dem Ewer "Johanna", der neben der "Samka" liegt. Hier haben alle eine Koje. Auch die Anfahrt aus der Hamburger HafenCity sei unkomplizierter als bei den Dänen gewesen, sagt Sonja Tostmann, zweite Vorsitzende des Vereins Stiftung Hamburg Maritim, dem der rund fünf Meter lange Segler gehört. Dem 107 Jahre alten Flachbodenschiff konnte der Schlick nichts anhaben.

Ein belgischer Musiker nimmt das Motorengeräusch der "Johanna" auf

Überraschungen hätten sie aber auch erlebt. Für einen Belgier musste die Crew den Motor des Schiffes anwerfen, erzählt Tosmann. Der Mann habe ihr gesagt, dass er Motorengeräusche sammle. Besucher mit außergewöhnlichen Wünschen hat die Besatzung der "Heinrich" nicht empfangen dürfen. Der Segler aus Stade liegt in zweiter Reihe hinter der "Johanna", und so weit treibt es selbst den neugierigsten Schiffsliebhaber nicht über die schmalen Planken. Dafür habe die Besatzung auch ihre Erfahrung mit dem Schlick gemacht, erzählt Skipper Maik Zeh. Er zeigt auf ein riesiges Loch im von der Ebbe freigelegten Hafenboden auf Höhe des Bugs. "Ich musste ordentlich Gas geben und rangieren, bis wir die richtige Position erreicht hatten." So ganz hätten sie diese aber immer noch nicht erreicht. "Wir bewegen uns quasi immer noch", sagt Zeh, "allerdings in die Tiefe, denn das Segelschiff sackt beständig in den Schlickboden ein."

Auf das nächste Fest und den Blick hinter die Kulissen der "maritimen Oldtimer-Szene", wie Hinsch sagt, müssen sich die Wischhafener und die Gäste gedulden. Das Hafenfest wird nur alle fünf Jahre veranstaltet. Der Aufwand sei mit der rund neunmonatigen Organisationsphase einfach zu hoch. "Außerdem bleibt es so etwas Besonderes", sagt Hinsch. Anekdoten für die nächsten fünf Jahre haben die Wischhafener dank des Wochenendes wohl auch genug. Dafür reichen ja auch fast 16 Dänen, die Schlick fotografieren, Motorengeräuschesammler oder Samba tanzende Schornsteinfeger.