Der Stader Bundestagsabgeordnete hört sich die Kritik der Bürger an den Liberalen an und verspricht Besserung

Stade. Gut gelaunt steht er da am Pferdemarkt. Einen zentraleren Platz hätte er gerne gehabt, in der Mitte des Pferdemarktes - aber da ist Wochenmarkt. Serkan Tören, FDP-Bundestagsabgeordneter aus Stade, ist dennoch zufrieden. Immer wieder kommen Menschen beim FDP-Stand vorbei, um mit ihm einen kleinen privaten Plausch zu führen oder um mit ihm und den anderen Vertretern der Liberalen, die an dem bunt geschmückten Stand stehen, über die derzeitige Bundespolitik zu reden. Dass das nicht immer leicht fällt - es ist nicht wirklich schwer zu verstehen. Seit dem Beginn der Regierungskoalition von CDU/CSU und FDP sind viele Streitereien vom Zaun gebrochen worden.

Tören gesteht ein, dass bei der FDP Fehler gemacht worden sind

Von Wildsau-Politik und Gurkentruppen war die Rede, das Image der Koalition - nie war es so schlecht wie jetzt. "Ja, ich gebe zu, dass das ein echtes PR-Desaster war, das wir in den letzten Monaten erlebt haben", sagt Tören. Dass sich die vormals erklärten Traumpartner Union und Liberale dermaßen in den Haaren liegen würden, hatte auch er nicht erwartet. Da sei viel aus dem Bauch heraus geredet worden, da sei zu schnell auf die Wutausbrüche der CSU reagiert worden. "Wir haben eine recht junge Partei in Berlin. Da machen wir natürlich Fehler. Nun müssen wir aus diesen Fehler lernen", sagt Tören.

Doch nicht alles sei schlecht. Das versucht der FDP-Politiker den Bürgern immer wieder zu vermitteln. "Deutschland ist sehr gut aus der Krise herausgekommen, die Auftragsbücher sind voll, die Arbeitslosigkeit sinkt. Wir stehen damit so gut wie praktisch kein anderes Land in Europa da", sagt Tören. Aber das sei während der Kleinkriege, die in den Medien groß ausgefochten wurden, zu kurz gekommen. "Das hätten wir anders verkaufen müssen oder besser gesagt, besser nach außen kommunizieren müssen", sagt er.

Damit will sich eine Rentnerin aber nicht abspeisen lassen. "Was habe ich denn vom Aufschwung, wenn von ihrer Partei meine Rente infrage gestellt wird und ich bei der Krankenkasse immer mehr Geld bezahlen muss?", fragt sie. Die Gesundheitsreform sei ihrer Meinung nach eine einzige Katastrophe. "Ich bin chronisch krank und muss jetzt jeden Monat acht Euro mehr für die Krankenkasse bezahlen, dazu kommen die hohen Kosten für die Medizin, die von der Kasse jetzt nicht mehr bezahlt werden. Das ist für mich eine Menge Geld", sagt die Rentnerin. Woher sie das Geld nehmen soll, wenn sie jetzt netto weniger in der Tasche haben wird, fragt sie in die Runde. Bedrückendes Schweigen bei den Liberalen, Schulterzucken, Verlegenheitsantworten.

Nicht auf alles gibt es eine Antwort. Das weiß auch Tören. "Unser Problem ist ja, dass wir einen großen Katalog an Zielen hatten, die wir verwirklichen wollten und wollen", erklärt der Parlamentarier. Diese Ziele seien aber immer wieder torpediert worden - vor allem von Seiten der CSU. "Natürlich ist Politik immer ein Kompromiss", sagt Tören. Die FDP könne nur Vorschläge für Reformen machen. Wie viel davon letztendlich umgesetzt wird, hänge vor allem vom guten Willen der Union und dem Verhandlungsgeschick der Minister ab. Und bei ersterem habe es in besonderem Maße gemangelt.

Das Problem der Liberalen sind vor allem die CSU-Abgeordneten

"Die CSU wurmt es, dass sie in Bayern derzeit nur mit einer Koalition regieren können", sagt Tören. Die FDP werde dort wohl nur als Mittel zum Zweck gesehen und sei ein Partner, den man gerne wieder los wäre. "Die CSU versucht alles, um wieder die absolute Mehrheit in Bayern zu gewinnen", so der FDP-Politiker. Dafür werde auch mal über die Stränge geschlagen und auf Bundesebene vieles blockiert und torpediert. Das, so vermutet Tören, soll das Profil der CSU in Bayern wieder stärken und bei den nächsten Landtagswahlen der Partei eine absolute Mehrheit bescheren. "Ob das aufgeht, bleibt abzuwarten", sagt der Stader FDP-Mann. Tören macht weiter gute Miene, zur Bundespolitik und auch bei der Kritik, die er vor Ort einstecken muss. Ein älterer Herr geht auf Tören zu, findet es eine "Unverschämtheit", wie die FDP mit den Steuergeldern der Bürger umgehen würde, dass Steuererleichterungen versprochen wurden und nun beim Durchschnittsbürger nichts davon ankäme. Tören bleibt ruhig, hört sich die Kritik an, erklärt dann, dass, erneut wegen eines Kompromisses, nur ein Teil der bisherigen Steuerziele umgesetzt werden konnte. Der aufgebrachte Mann lässt sich besänftigen - vorerst.

"Ich finde es gut, wenn die Menschen mir so deutlich sagen, was sie stört", sagt Tören. Ohne diese Rückmeldung sei es nur schwer möglich, bürgernahe Politik in Berlin zu machen. "Und das brauchen wir, wenn wir glaubhaft bleiben wollen und die Demokratie stärken wollen", so der Stader. Doch bis der Berliner Scherbenhaufen wieder weggeräumt ist, wird noch einige Zeit vergehen, ist sich Tören sicher. Das Negative bleibt bei den Bürgern eher im Kopf als das Positive. "Wir werden eine Menge in unserer Außendarstellung ändern müssen, vielleicht auch mal etwas mehr Ruhe in die Diskussionen rein bringen und nicht sofort kontern", sagt er. Das würde dem Image der FDP jedenfalls gut tun. Denn eines will Tören, den der anhaltende Zustimmungsverlust für die Liberalen ärgert, nicht: Dass der Slogan "FDP - Fast Drei Prozent" eines Tages Wirklichkeit wird.