Der Komiker Atze Schröder tritt am Freitag, 27. August, beim Holk-Fest in Stade auf. Was er da vor hat, verriet er dem Abendblatt im Interview

Mit Minipli-Frisur auf dem Kopf und getönter Fliegerbrille auf der Nase läutet Atze Schröder am Freitag, 27. August, in Stade die Revolution ein. Von 20 Uhr an steht der Ruhrpott-Komiker im Stadeum-Park auf der Bühne. Das Abendblatt sprach mit ihm über Haarfrisuren, Politik, den norddeutschen Humor und seine neue Show.

Hamburger Abendblatt:

Schön, dass Sie anrufen! Wenn wir nicht verabredet wären, würde ich einen Telefonstreich vermuten.

Atze Schröder:

Aber die Stimme stimmt?

Die stimmt. Ein Telefonstreich würde aber auch zu Ihnen passen. Haben Sie denn schon mal jemanden am Hörer hereingelegt?

Nee, hab ich nicht. Aber ich wurde mal von einem Radiosender gelinkt. Da hat mich ein Imitator als Reiner Calmund angerufen und wollte sich Tipps von mir abholen, wie Calli in die Comedy-Szene reinkommt. Und ich hab's echt nicht gemerkt.

Ihr Gespür für Komik ist Ihnen trotzdem nicht abhanden gekommen. Sie touren ja gerade mit einer neuen Show durchs Land. Allerdings klingt "Revolution" zunächst mal wenig lustig...

Stimmt. Über den Titel haben sich vor einem Jahr auch alle gewundert. Aber im Moment liegt's ja sowas von in der Luft: Die Regierung regiert nicht mehr. An allen Ecken und Enden kracht's. Also hab' ich voll den Zeitgeist getroffen.

Bringen Sie den Hansestädtern am 27. August bei, wie das mit dem Aufbegehren funktioniert?

Unbedingt. Stade hat ja beim Mauerfall eher eine sekundäre Rolle gespielt. Da muss ich ja jetzt unbedingt mal hin und eine Revolution anzetteln. Und wenn's nur die des guten Geschmacks ist.

Was soll denn sonst noch revolutioniert werden? Oder geht's nur um Haare, Mode und Sex?

Nein. Wenn Banker Millionen kassieren und andere wegen einer Frikadelle herausgeschmissen werden, oder wenn sich so eine Presswurst-Hupe wie Amy Winehouse das Bruttosozialprodukt von Bangladesch durch die Nase zieht und alleinerziehende Mütter die Zahnspange für ihre Kinder nicht mehr bezahlen können, dann ist es Zeit für eine Revolution.

Keine Angst vor kritischen Themen?

Nein. Für eine gute Standup-Nummer braucht man immer eine ernsthafte Vorlage. Wir jubeln dem Publikum auch diesmal wieder viele Bömbchen unter, die oft erst auf dem Nachhauseweg zünden. Das seh' ich dann auch an den E-Mails, die ich nach den Shows bekomme, wo die Leute sagen: Mensch, da steckt ja doch eine Menge dahinter.

Sind Sie im Grunde die bessere Kanzlerin für Deutschland?

Ja, unbedingt (lacht) . Ich seh' das schon so, dass Künstler die Aufgabe haben, ernsthafte Themen lächerlich zu machen. Es wird ja immer versucht, uns alle zu verarschen, und wenn's nur als Wahlvieh ist. Wenn Leute, die Blödsinn verkünden, dann nicht mehr ernst genommen werden, dann hat man ja schon einiges erreicht. Ich hab das in einer Show mal mit den Rechtsradikalen gemacht und fand das wirklich sehr vornehm.

Gibt's da nicht manchmal böses Blut?

Sicher. Ich hab mal die Böhsen Onkelz durch den Kakao gezogen, da gab's wochenlang richtig was auf die Ohren. Bis hin zu Morddrohungen.

Verstehen die Leute Ihre Witze nicht?

Doch, die meisten schon. Aber irgendjemandem tritt man immer auf die Füße. Und dann gibt's halt auch solche Dumpfbacken, die kapieren's einfach nicht. Ich hab da eine Nummer über Ausländerintegration im Programm, wo ich sage: Ich bin wie ihr, ich bin auch Multikulti und dreisprachig in Essen-Kray aufgewachsen - und trotzdem fühlen sich welche denunziert.

Und wie ist es in Norddeutschland um den Humor bestellt? Funktioniert dort die Ruhrpott-Komik?

Im Norden komischerweise besonders gut. In der Color-Line-Arena in Hamburg haben wir mal mit 12 000 Leuten im Publikum richtige Club-Stimmung erzeugt. Die Leute scheinen also genau auf meinem Trip zu sein.

Haben Sie schon mal daran gedacht, sich als Politiker für eine bessere Welt zu engagieren?

Ich glaube nicht, dass ich dafür geeignet wäre. Ich hab' da nämlich so eine Schwäche: Ich kann nicht mehr als fünf Minuten ernsthaft sein. Und ich glaube, da würde ich nicht wiedergewählt werden. Aber vielleicht als Bundespräsident. Repräsentative Aufgaben übernehmen, Trost und Mut zusprechen, im Ausland für gute Stimmung sorgen. Das wär was.

Was wäre Ihre erste Botschaft ans deutsche Volk?

Macht nicht so ein langes Gesicht. Ist doch alles gar nicht so schlimm.

Und was würden Sie Angela Merkel mitteilen, wenn sie Sie jetzt anrufen würde?

Ich glaube, die ist im Moment beratungsresistent. Aber ich würde sagen: Leuchtende Farben bei den Blazern, Angie, leuchtende Farben.

Und der Haarschnitt ist okay? Damit kennen Sie sich als überzeugter Minipli-Träger ja aus.

Unbedingt. Die Frau mag ich mir zumindest nicht mit Locken vorstellen.

Alles klar, Herr Schröder! Dann rufe ich Sie gleich noch mal an und melde mich mit Angela Merkel.

Und ich glaub's wahrscheinlich noch.