Der Hamburger Maler Geo Wolters war der vermutlich einzige Marinemaler, der über ein Kapitänspatent verfügte

Wischhafen. Die Sonne scheint, einige Boote und Schiffe liegen in dem kleinen Hafen, dessen Becken von Büschen, einigen Häusern und einem Deich umgeben sind. Eine idyllische Ruhe umgibt den Hafen des maritim geprägten Wischhafen an der Elbe. Es ist eine Szenerie, die Geo Wolters gut gefallen würde, wenn er denn noch lebte. Geo Wolters, mit vollem Namen Johann Joachim Georg Wolters, galt einst als einer der bekanntesten Marinemaler in Deutschland. Doch sein Ruhm verblasste schnell, heutzutage kennt kaum jemand noch den Namen Geo Wolters. Dabei hat wohl niemand die Kleinschifffahrt auf der Unterelbe so akribisch genau, präzise und liebevoll dargestellt wie der Hamburger Maler. Im Wischhafener Küstenschifffahrts-Museum wird sein Werk von morgen an erstmals seit Jahrzehnten wieder umfangreich gewürdigt.

Der Maler Geo Wolters ist in Vergessenheit geraten

Eher zufällig ist das Küstenschifffahrtsmuseum auf den vergessenen Maler gestoßen. "Vor einigen Jahren hat uns einmal jemand Grafiken von Geo Wolters angeboten, da wussten wir noch nichts über ihn", sagt Volker von Bargen, Vorsitzender des Museums. "Erst viel später sind wir in einem Jahrbuch auf den Künstler gestoßen. Und da war uns klar: Den müssen wir einfach zeigen, denn er vermittelt das, wofür unser Museum steht".

Informationen über Wolters sind schwer zu finden. In den eingängigen Nachschlagewerken ist sein Name fast nicht existent. Dabei ist sein Leben alles andere als langweilig, immerhin ist er der vermutlich einzige Marinemaler, der über ein Kapitänspatent verfügte und etliche Regatten gewonnen hat.

1866 wurde Geo Wolters als Sohn eines Hamburger Juristen im noblen Winterhude geboren. Seine Neigung zur Malerei und seine Begeisterung für die Seefahrt waren bereits früh ausgeprägt. Die älteste Zeichnung, die noch erhalten ist, zeigt Winterhude an der Alster. Diese Zeichnung fertigte er im Alter von 13 Jahren an. Doch Wolters war nicht nur künstlerisch begabt, er war auch eigenwillig und zuweilen auch störrisch. 1884 musste er beispielsweise die Schule in Hamburg verlassen und in Wismar weiter zur Schule gehen, weil er seinen Lehrer geohrfeigt hatte. Nach seiner Schulzeit absolvierte er eine landwirtschaftliche Ausbildung auf dem Gut Stendal bei Eutin, doch das Land war nichts für den jungen Wolters. 1889 meldete er sich zum elitären Regiment der Gardejäger in Potsdam, nach dem Ende seiner Militärzeit widmete er sich als 24-jähriger dann ganz der Malerei und nahm Malunterricht und studierte später in Paris. 1904 ging er an die Akademie in Antwerpen.

Sein Wissen über die Besonderheiten der Schiffe eignete sich Wolters, der seit 1897 über ein Kapitänspatent verfügte, als Volontär auf einer Bootswerft an. Ewer, Tjalken, Jollen - Wolters prägte sich alles ein. Seine Malerei wurde inzwischen gelobt, 1895 stellte er in der Hamburger Kunsthalle eines seiner Gemälde aus.

Auch als Segler wurde Wolters bekannt. Die Yacht des Spanischen Königs Alfons XIII. führte er 1911 zu einem Regattasieg, dafür erhielt er vom König den spanischen Verdienstorden 1. Klasse. Wolters dankte dem König für die Ordensverleihung mit einem Aquarell.

Weniger erfreut war Kaiser Wilhelm II. über Wolters seemännisches Geschick. Bei Regatten düpierte Wolters mit seiner Yacht "Westward" in neun Rennen die kaiserliche Yacht "Meteor". Der Kaiser verzieh ihm dies nie. Als der in Finanznot geratene Wolters etliche Jahre später dem Ex-Kaiser im holländischen Exil seine Bilder zum Kauf anbot, wurden sie umgehend zurückgeschickt, mit dem Vermerk: "Segeln kann er, malen jedoch nicht".

Kaiserin Hermine mochte die Kunst von Wolters, Wilhelm II. aber nicht.

Das fand Wilhelms Ehefrau, Kaiserin Hermine, nicht. Sie schrieb 1929: "Ich hatte auf größeres Interesse in Holland gerechnet, leider fand sich kein Käufer [für Wolters Bilder]. Ich nehme ein Bild und lege 50 Mark bei. Könnte ich doch mehr kaufen! Die Bilder sind gut."

Wolters bis 1914 gut verlaufende Künstlerkarriere bekam mit dem Ersten Weltkrieg einen Knick. Als Leutnant fuhr er zur See, doch nach dem Krieg zitterten seine Hände so sehr, dass er keinen geraden Strich mehr ziehen konnte. Es stand auch nicht gut um seine Gesundheit. Dennoch schlug er sich bei Kriegsende von Belgien nach Hamburg durch und arbeitete als Schuppenaufseher. Mit dem verlorenen Krieg war in Deutschland zugleich auch die allgemeine Begeisterung für die Seefahrt und die Marinemalerei verloren gegangen.

Während der Wirtschaftskrise 1923 hielt Wolters sich und seine Familie mit seinem Ideenreichtum nur mühsam über Wasser. Wenig später war er aber wieder ganz in der Malerei zuhause und schuf 1925 die Radierungen "Die Kleinschifffahrt der Niederelbe". Dieses Werk gilt heute als sein bedeutendstes, zeigt es doch, mit welcher akribischen Genauigkeit er die Häfen an der Niederelbe abbildete. Diese Radierungen werden auch in dem Wischhafener Museum gezeigt.

Gegen 1936 stand es wieder einmal nicht gut um Wolters. Sein Leben war ein Auf und Ab, er verschenkte und verkaufte Bilder, er dokumentierte so gut wie gar nichts, so dass es bis heute keinen Katalog mit einer Übersicht über sein Schaffen gibt. Wolters' künstlerisches Schaffen lag zwischen 1936 und 1940 ziemlich brach, er war auf die finanzielle Unterstützung des Staates angewiesen, um nicht zu verhungern. 1940 erlitt er zudem eine Lungenentzündung.. Doch Wolters war nicht völlig in Vergessenheit geraten. Die Zeitschrift "Die Yacht" widmete ihm 1941 zu seinem 75. Geburtstag einen Artikel. Darin wurden seine vielen Regattasiege - es waren insgesamt 375 - erwähnt, aber auch seine künstlerische Arbeit.

Der Artikel blieb nicht ohne Wirkung. Geo Wolters erhielt nun wieder mehr Aufträge. 1943 schrieb er seinem Sohn, dass es mit den Aufträgen für seine Gemälde gut ginge, er aber aufgrund seines fortgeschrittenen Alters nicht mehr so viel arbeiten könne. Wenig später, am 3. November 1943, starb Hamburgs wohl wichtigster Marinemaler.

Die Ausstellung "Geo Wolters - Der Meister der Kleinschifffahrt" ist vom 30. Juli bis 14. November im Kehdinger Küstenschifffahrts-Museum, Unterm Deich 7, in Wischhafen zu sehen. Die Ausstellung ist täglich außer Montags von 10 Uhr bis 12 Uhr und von 13 Uhr bis 18 Uhr geöffnet, ab dem 1. Oktober nur noch sonnabends, sonntags und an Feiertagen www.kuestenschifffahrtsmuseum.de