Der Umsatz mit Speisekartoffeln ist bei der Stader Saatzucht um zwölf Prozent gesunken. Schuld seien die Turbulenzen der Weltwirtschaft

Stade/Buxtehude. Sie ist viel kleiner und weniger ansehnlich als der Prachtbau der Commerzbank in Frankfurt. Und sie weckt weniger Emotionen, als ein Mercedes SLK. Dennoch haben die Commerzbank, der Fahrzeughersteller Mercedes Benz und die Stader Kartoffel eines gemeinsam: Die Weltwirtschaftskrise ist nicht spurlos an ihnen vorbeigegangen. Um insgesamt acht Prozent ist der Umsatz mit Kartoffeln bei der Stader Saatzucht in der abgelaufenen Saison zurückgegangen, bei den Speisekartoffeln sogar um zwölf Prozent. Doch während die Politik für die Banken und die Fahrzeughersteller finanzielle Rettungspakete bereit gestellt hat, um die Branchen zu stützen, geht die Stader Kartoffel leer aus. Kein Kartoffel-Konjunkturpaket, keine Sonderkredite, nichts.

Zugegeben, es hätte auch viel schlimmer kommen können. "Am Ende müssen wir, trotz des deutlichen Minus, zufrieden sein", sagt Matthias Meyer von der Stader Saatzucht. "So, wie die Weltwirtschaftskrise insgesamt verlaufen ist, hatten viele erwartet, dass es noch schlimmer enden könnte." Dass die Krise auch den Kartoffelmarkt erwischen würde, habe sich erst im Laufe des Jahres allmählich abgezeichnet. Reaktionsmöglichkeiten auf die Krise gab es für die Saatzucht so gut wie keine - die Kartoffeln lagen bereits in der Erde und reiften weiter, eine plötzliche Reduktion der Umsatzmenge, um den Preis auf einem stabilen, relativ hohen Niveau zu halten, war nicht möglich.

55 200 Tonnen Kartoffeln wurden im Jahr 2009 umgesetzt, im Jahr 2008 lag die Quote in der Region dagegen noch bei etwa 60 000 Tonnen Kartoffeln. 33 000 Tonnen der insgesamt 55 200 Tonnen Kartoffeln waren Speisekartoffeln, 17 000 Tonnen betrug der Anteil der Pflanzkartoffeln, der Rest, 5200 Tonnen, waren sogenannte Futterkartoffeln. Den größten Umsatz bestreite die Stader Saatzucht mit dem Verkauf von Pflanzkartoffeln, auch wenn diese bei der Betrachtung der insgesamt umgesetzten Kartoffelmenge nur an zweiter Stelle hinter den Speisekartoffeln stünden, so Meyer.

Der Kartoffel-Experte nennt zwei Ursachen für die derzeitige Krise mit dem Kartoffelabsatz. Zum einen sei die vergangene Ernte trotz einer schweren Viruskrise, die die Kartoffeln befallen hatte, und aufgrund kleinerer Anbauflächen zuletzt vergleichsweise ordentlich gewesen, so dass die Lager gut gefüllt waren. "Da konnte aber noch niemand ahnen, dass die Weltwirtschaftskrise auch vor der Kartoffel keinen Halt machen würde", sagt Meyer.

Als sich die Krise dann in vollem Umfang ausbreitete, war die Kaufbereitschaft vieler Unternehmen, Speise-, Saat- und Futterkartoffeln von der Stader Saatzucht zu kaufen, vergleichsweise gering. Aber nicht nur in der Region gab es Vermarktungsprobleme. Laut Andreas Klaffke von der Eurplant Pflanzenzucht GmbH stehe vor allem der Pflanzkartoffelmarkt in Deutschland und im europäischen Ausland derzeit stark unter Druck. Insbesondere die Aufbereitung von Saatknollen erfordere, so Klaffke, aufgrund der durch die vergangene Viruskrise verursachte schwachen Qualität der Saatknollen eine sehr große Kraftanstrengung.

Hier schließt sich der Kreis, denn die Zurückhaltung der Käufer hing wiederum mit der globalen Finanzkrise zusammen. Der globale Geldmangel habe spürbar die Bereitschaft vieler Banken beeinträchtigt, den Händlern und Investoren im Kartoffelmarkt überhaupt Kredite für anstehende Transaktionen zur Verfügung zu stellen. "Die fehlenden Geldkredite waren, wie in anderen Wirtschaftszweigen, auch für die großen Vertriebsunternehmen im Kartoffelmarktsektor ein erhebliches Problem", sagt Meyer.

Dass bei hohem Angebot und geringer Nachfrage auch die Kartoffelpreise in den Keller gehen, sei eine logische Konsequenz. Um den andauernden Preisschwankungen an der Börse entgegenwirken zu können, hat die Stader Saatzucht für die Landwirte daher einen sogenannten Speisekartoffelpool gebildet. Das relativ neue Pool-System habe sich, so die Stader Saatzucht, durchaus bewährt. Mit ihm konnte der gesamte Aufwuchs von 12 000 Tonnen geordnet vermarktet werden. Jeder der Erzeuger habe so immerhin einen respektablen Preis von 13 Euro je 100 Kilogramm Kartoffeln erzielen können, so Meyer.

Dass die Kartoffel die globale Wirtschaftskrise jetzt überstanden hat, davon geht der Stader Kartoffel-Experte aus. "Wir hatten im Frühjahr aufgrund der lang anhaltenden Kälte eine spätere Frühernte. Das reduziert schon mal die Menge der verfügbaren Kartoffeln", sagt Meyer.

Zudem wird aufgrund der jetzt hohen Sommertemperaturen und der damit einsetzenden Trockenheit eine geringere Erntemenge erwartet. "Das bedeutet, dass das Kartoffelangebot knapper ist, die Nachfrage wird aber, davon gehen wir aus, wieder deutlich steigen", sagt Meyer. Somit werden die Preis für die Kartoffeln steigen - und damit auch die Erträge der Saatzucht und die der Landwirte in der Region.