Die Buxtehuder Fotofreunde haben seit ihrer Gründung vor elf Jahren einen Titel nach dem anderen gewonnen

Buxtehude. Wie ein Blitz schießt der Radfahrer durch das Bild. Mit voller Kraft tritt der Junge in die Pedale, Sekunden nur spürt Thomas Tremmel den Luftzug, den der Radler auslöst, auf seiner Haut. Ein Klick, und er hat den Moment mit seiner Kamera festgehalten. Der rot-weiße Sportanzug wirkt verschwommen, die Fahrer im Nacken des Jungen sind auf dem Foto nur schemenhaft zu erkennen. Und doch ist da diese Dynamik zu spüren. Das Sausen, Brausen und Schnaufen dringt durch das Bild hindurch und lässt den Betrachter teilhaben an einem Ereignis, bei dem er gar nicht dabei war - aber das Thomas Tremmel mit seiner Kamera für immer bewahrt hat.

Fotografen wollen zeigen, was sie fühlen, nicht, was sie sehen

Es sind Fotos wie dieses von einem Radrennen in Buchholz, mit denen sich die Buxtehuder Fotofreunde in die erste Liga der deutschen Amateurfotografen geknipst haben. Obwohl "knipsen" eigentlich das falsche Wort ist, denn was die Fotografen da tun, kommt eher dem Begriff "zelebrieren" gleich. Sie schießen kein Bild, sie saugen ihr Motiv in sich auf und geben es mit all seiner Intensität wieder. "Wir wollen nicht zeigen, was wir sehen, sondern das, was wir gefühlt haben", sagt Clubleiter Tremmel.

Seit ihrer Gründung vor elf Jahren haben die Fotofreunde, die kein klassischer Verein, sondern eine lose Gemeinschaft sind, unzählige Titel gesammelt. Auf den Sieg bei den Elbe-Weser-Ems-Fotomeisterschaften, die im Oktober dieses Jahres in Buxtehude stattfinden und die der Deutsche Verband für Fotografie, der Dachverband der Amateure, organisiert, haben sie quasi eine Art Dauer-Abo. Seit Jahren haben sie dort die Nase vorn.

Vor zwei Jahren waren sie zudem deutscher Vizemeister und bei den Nordmark-Meisterschaften, dem Wettbewerb der Bundesländer Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein, haben sie erst kürzlich die 24 anderen teilnehmenden Fotoclubs auf die Plätze verwiesen. "Wir freuen uns, wenn wir solche Titel holen", sagt Tremmel. "Aber es ist nicht so, dass wir da hinterhergeiern." Vielmehr sieht es der Club als Gemeinschaftserlebnis an - und die Preise nehmen sie gerne mit.

Ohnehin wird der Zusammenhalt bei den Hobbyfotografen groß geschrieben. 40 Mitglieder zählt die illustre Runde, deren Mitglieder aus Stade, Buxtehude, Hamburg und sogar Oldenburg kommen. Neuzugänge gibt es nicht, weil Tremmel einen Aufnahmestopp verhängt hat. "Wir sehen uns nun mal nicht als kostenlosen Volkshochschulkurs an", begründet der 46-Jährige diesen Schritt. Thema ihrer monatlichen Treffen sei fast immer das Bild selbst, der Aufbau, die Lichtverhältnisse oder die Perspektive. Welches Objektiv jetzt das bessere ist und was für tolle Technik von welcher Firma auf den Markt kommt, wird so gut wie nie besprochen.

Welche Marke die Kamera hat, ist für ein gutes Bild nicht wichtig

"Eine Kamera ist letztlich auch nur ein Klotz mit einem Loch", sagt Tremmel. Der Spiegel klappt hoch, das Licht fällt auf den Sensor oder den Film, fertig ist das Foto. "Die Marke ist da völlig wurscht." Viel wichtiger seien die Komposition eines Bildes und die Bereitschaft, Kritik anzunehmen. "Manche Dinge sieht man selbst einfach nicht, da können Tipps von anderen sehr helfen."

Den Fotofreunden gehe es vor allem um das fotografische Sehen, erklärt der Clubleiter. Das Problem sei ja, dass man seine Umwelt dreidimensional wahrnehme, ein Foto aber zweidimensional sei. Mit etwas Tricks und ein bisschen Erfahrung macht es der Foto-Experte jedoch möglich, Räumlichkeit und Tiefe in ein Bild zu bringen. Wer sich eine Weile damit beschäftigt, so Tremmels Meinung, wird irgendwann Feuer und Flamme sein fürs Fotografieren.

Tremmel selbst hat im Alter von 18 Jahren Feuer gefangen. Mit seinem Vater war er damals auf einem Flugtag und machte Fotos von den Fliegern. "Bei mir waren am Ende nur kleine schwarze Flecken auf den Bildern", erinnert er sich. Sein Vater jedoch hatte gut erkennbar Flugzeuge abgelichtet - aus dem einfachen Grund, weil er eine Spiegelreflexkamera mit Teleobjektiv besaß. Von da an war es um Thomas Tremmel geschehen, die Leidenschaft für die Fotokunst hatte ihn gepackt.

Zum Beruf wollte der Prüfer von Luftfahrtgerät sein Hobby jedoch nie machen. Dann wäre es ja kein Spaß mehr, sondern Druck. Etwas fotografieren müssen, hinter dem er nicht voll und ganz steht, nein, das kommt für Tremmel nicht in Frage. Auch bei anderen Clubmitgliedern sieht es ähnlich aus. Sie sind Beamte oder Selbstständige, Hausfrauen oder Rentner und ausschließlich in ihrer Freizeit mit der Kamera unterwegs. So wie Tremmel ziehen sie am liebsten durch die Landschaft, warten spektakuläre Sonnenaufgänge ab und reisen gemeinsam an malerische Orte wie Rügen.

Vom Familienurlaub darf Tremmel keine Fotos mehr machen

Seine Lieblingsmotive seien das Meer, leere Strände und ganz viel Natur, erzählt der Vater zweier Kinder. Das Bildermachen beim Familienurlaub hat ihm Ehefrau Kerstin, selbst passionierte Fotografin und seit einem Jahr Mitglied bei den Fotofreunden, mittlerweile jedoch verboten. "Einmal hatten wir am Ende nur Fotos von Steinen, aber kein einziges von den Kindern", gibt er zähneknirschend zu.