Eine Ausstellung im Stader Schleusenhaus macht die Flut von Symbolen und Texten im täglichen Leben zum Thema

Stade. Eine Ausstellung über die Zeichenflut, das klingt zunächst nach Bildern von Stopp-Schildern, Bierflaschen-Barcodes oder Dixi-Klo-Toilettenmännchen. Doch weit gefehlt. Auch wenn es in der Ausstellung "Zeichen geben - Ein Künstlerprojekt", die gestern im Schleusenhaus des Stader Kunstvereins eröffnet wurde, um eine alltägliche Zeichenflut geht, so wird die tägliche Zeichenflut hier nicht plump und plakativ präsentiert. Was sich die insgesamt fünf Künstler Sabine Horstmann, Carsten Lüdemann, Dagmar Mahlstedt, Regine Rothlach und Wimmer Wilkenloh, ausgedacht haben, fordert vom Betrachter, dass er nachdenkt und Assoziationen herstellt. Die Zeichen des Alltags sind teils geschickt versteckt und offenbaren sich dem Betrachter erst beim zweiten Hinsehen.

Die Idee zur Ausstellung entstand vor etwa zwei Jahren

"Die Idee für die Ausstellung entstand vor etwa zwei Jahren", sagt die Künstlerin Dagmar Mahlstedt. Das Ziel der gemeinsamen Arbeit der fünf Künstler war, das jeder von ihnen in seinem Stil seine ganz eigene Auffassung des Themas künstlerisch umsetzt. "Wir haben uns regelmäßig getroffen und unsere Ideen und Arbeiten besprochen. Das hat die Arbeit aller anderen natürlich positiv beeinflusst und unsere Sinne für andere Sichtweisen gestärkt", sagt Wimmer Wilkenloh, der es schätzt, dass die fünfköpfige Gruppe seit mehreren Jahren so gut und harmonisch zusammenarbeitet. "Heutzutage ist in der Kunst doch alles auf Konkurrenz aufgebaut, das passt mir nicht", sagt er. Mahlstedt sieht das ähnlich. "Die alten Künstlergruppen wie im frühen 20. Jahrhundert gibt es praktisch nicht mehr. Heute werden Künstler gleich von der Hochschule in Galerien abgeworben und da machen sie dann einsam und abgeschottet ihre Arbeit . Da setzen wir schon einen gewissen Gegentrend", sagt die in Brunsbüttel geborene Künstlerin.

Aber was ist nun das Besondere an den Arbeiten der fünf Künstler, die zwar gemeinsam, aber doch jeder für sich gearbeitet haben? "Nun, einige von uns haben ein Zeichen für etwas gesetzt, andere haben Zeichen an sich gesetzt", sagt Mahlstedt. Bei Dagmar Mahlstedt sieht das dann aus wie zunächst wirre Linien und Farben. Beim zweiten Betrachten wirken die in einem langwierigen Prozess gewählten schrillen Farbakzente beispielsweise wie der Dunst von Neon-Reklame-Schildern, die weltweit die Großstädte zieren.

Die Antwort darauf, was Zeichen sind, entsteht im Geist des Betrachters

Bei Carsten Lüdemann wirkt die Zeichenflut dagegen wie bunte Anlehnungen an Barcodes oder wie Lichtzeichen in einer Straße. Zuweilen verweilt der Betrachter auch vor dem Bild und kommt doch nicht darauf, ob hier versteckt Zeichen gemalt oder versteckt Zeichen gesetzt werden. Viele der Werke offenbaren einmal mehr: Kunst und der Inhalt der Kunst entwickelt sich erst im Auge und im Geist des jeweiligen Betrachters. Dass die Zeichen ganz unterschiedlich erfahren und interpretiert werden, ist gewollt. Kunst soll schließlich auch zum Denken anregen.

Wimmer Wilkenloh hat sich für die Umsetzung des Themas des verstorbenen amerikanischen Künstlers Keith Haring angenommen. Dessen ursprünglich indisch inspirierten Figuren hat er weiter reduziert und thematisch abstrahiert, mit Zeichen über Leben und Sein, Fühlen und Erfahren versehen. "Früher habe ich vor allem mit der Sprühdose gearbeitet. Diesmal habe ich die Arbeit weiter reduziert, zitiere Keith Haring mit einfachen Linien und reduziere ihn auf das Wesentliche", Sagt Wilkenloh. Viel zu verspielt sei Haring eigentlich gewesen, viel zu bunt. Zwei Farben, ein paar Schriftzeichen, gerne auch aus dem Sanskrit, das reicht Wilkenloh. Und es reicht für das, was er ausdrücken will. Zuweilen ist aber auch bei seinen Arbeiten der zweite, intensivere Blick nötig. Dann wirkt eines seiner Figuren-Bilder plötzlich wie ein verkapptes Vorfahrt-Gewähren-Schild, in dem eine erschrockene Figur gefangen ist. Gefangen in der Kunst oder gefangen in der Zeichenflut - das ist hier die Frage. Die nicht ganz unkomplizierte Antwort darauf muss jeder Betrachter für sich selbst finden.

Die Ausstellung "Zeichen geben - Ein Künstlerprojekt" kann noch bis zum 25. Juli täglich von 10 bis 18 Uhr im Kunstpunkt Schleusenhaus, Altländer Straße 2, in Stade besichtigt werden.