Der niedersächsische Landtag soll sich mit dem Verkauf des Wöhrdener Gasthofs an einen Rechtsextremen beschäftigen

Hollern-Twielenfleth. Die Versteigerung des Wöhrdener Gasthauses "Zur Synphonie" wird nun auch Thema im niedersächsischen Landtag. Die innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Pia Zimmermann, wirft den niedersächsischen Sicherheitsbehörden vor, in diesem Fall "geschlafen" zu haben. Sie kündigt an, den Vorgang bei einer der kommenden Landtagssitzungen zu hinterfragen.

In Hollern-Twielenfleth ist der Verkauf der Gaststätte Thema Nummer eins

Der Tostedter Sebastian Stöber, der bei der Bundestagswahl 2009 für die NPD kandidiert hatte, hat die frühere Gaststätte bei einer Zwangsversteigerung vor dem Stader Amtsgericht am 17. Juni für 115 000 Euro erworben. Das Gebäude soll nun dem international vertretenen Rockerklub Gremium MC zur Verfügung stehen. Nach Aussage der Polizei will der Klub den ehemaligen Gasthof als regionale Basis nutzen. Gremium MC steht im Verdacht, Teil der organisierten Kriminalität zu sein.

Klar, dass dieses Thema in Hollern-Twielenfleth und besonders im Ortsteil Wöhrden derzeit Thema Nummer eins ist. Doch obwohl viele Bürger bereits eine feste Meinung zu dem Thema haben, halten sich die meisten von ihnen öffentlich bedeckt. Eine gewisse Angst ist zu spüren, keiner der Befragten will auf einem Foto in der Zeitung zu erkennen sein, viele wollen sich nur anonym zum Thema Gremium MC äußern.

Eine Obstverkäuferin ist skeptisch, weiß nicht, ob sie dazu überhaupt etwas sagen soll. "Ich weiß ja nicht, was da auf uns zukommt, da kenne ich mich einfach zu wenig aus," sagt die 53-jährige Frau. Eine ältere Frau, die Kundin in dem Obstladen ist, rät dazu, "erst einmal abzuwarten, wie sich diese Rockergeschichte entwickeln wird". Vorher sei es wenig sinnvoll, etwas dazu zu sagen.

Ernst Brudeck ist ein Urgestein im Ort. "Ja, von der Rockersache habe ich gehört", sagt der 84-jährige ruhig. "Aber ich habe nichts dagegen. Das sind ja nur junge Motorradfahrer", sagt er. Manchmal werde halt viel zu schnell Alarm geschlagen. "Warten wir doch erst einmal ab, was die da machen", sagt Brudeck.

Eine 35-jährige Mutter aus Twielenfleth hat Zweifel, ob tatsächlich alles wahr ist, was sie derzeit über den Motorradklub höre. Schließlich würden Gerüchte schnell die Runde machen.

Gerda Eckhoff, die ebenfalls in einem Obstladen tätig ist, rät zu Geduld. "Wir müssen schauen, wie sich das entwickelt, aber etwas unheimlich finde ich das schon", sagt die 82-Jährige. Die Politik solle aber auf alle Fälle ein Auge auf die Gruppe werfen und notfalls einschreiten, damit der Tourismus keinen Schaden nimmt.

Eine 47-jährige Verkäuferin aus Hollern hingegen hat große Bedenken. "Ich befürchte, dass die Politik und die Polizei das nicht in den Griff bekommen werden", sagt sie. Zudem gehe sie davon aus, dass es gewalttätige Ausschreitungen gebe werde. Vielleicht nicht heute oder morgen, aber irgendwann werde bestimmt etwas passieren. Sie hofft, dass sich die Bürger jetzt solidarisch zeigen und Flagge zeigen. "Unsere Kinder sind sonst in Gefahr. Als Mutter habe ich da ein ganz ungutes Gefühl", sagt die 47-jährige. Dass einige Bürger im Ort behaupten, keine Bedenken gegen den Klub zu hegen, kann sie nur schwer glauben. "Dass manche so blauäugig sind, gerade bei unserer Vergangenheit, das verwundert mich sehr."

Ein 38-jähriger Obstbauer bezeichnet die Nachricht über die neuen Eigentümer der Gaststätte "Zur Synphonie" als eine "schlechte Nachricht für uns alle". Was jetzt gegen den Klub getan werden könne, sei schwer einzuschätzen. "Die Frage ist ja, wie weit sind die Rocker in der Lage, die Region zu drangsalieren?", fragt der Obstbauer. Die Menschen für Demonstrationen zu gewinnen, werde schwer.

Wie groß das kriminelle Potenzial von Gremium MC ist, ist weiterhin unklar. In Süddeutschland wird der Motorradclub vom bayrischen Verfassungsschutz überwacht. Die Stader Polizei geht davon aus, dass die neue Niederlassung in Wöhrden eine reelle Gefahr sein könnte.

"Wir haben es aber mit einer neuen Zelle zu tun, daher müssen wir noch abwarten, wie hoch das kriminelle Potenzial der Gruppe letztendlich wirklich sein wird", so Polizeisprecher Rainer Bohmbach. Das hänge stark von den einzelnen Mitgliedern der Niederlassung ab.

Kriminelles Potenzial des Klubs in der Region ist schwer einzuschätzen

Auch das Landeskriminalamt in Hannover kann noch keine Einschätzung abgeben, ob die kriminelle Energie der Mitglieder in dieser Region ebenso hoch ist wie die von Mitgliedern in einigen anderen Gliederungen von Gremium MC. Zwar würden immer wieder einzelne Mitglieder von Gremium MC wegen unterschiedlicher Delikte vor Gericht stehen, dennoch könne nicht davon ausgegangen werden, dass es in kurzer Zeit automatisch zu Gesetzesbrüchen kommen werde.