Landkreis möchte mehr als 1500 Hektar großes Gebiet unter Schutz stellen. Landwirte kündigen bereits jetzt schon erste Einwände an.

Stade/Buxtehude. Gemütlich auf den Wanderwegen im Schwingetal spazieren zu gehen, das wird auch künftig möglich sein. Diese Wege zu verlassen ist jedoch strikt verboten. Das Gebiet entlang der Schwinge zwischen Stade und Hagenah gilt seit Jahren als besonders schützenswert. Jetzt soll es endgültig unter Schutz gestellt werden. Zu einem reinen Naturschutzgebiet wird die 1502 Hektar große Fläche jedoch nicht. Ein Teilerfolg vor allem für die Landwirte, die jedoch noch immer einige Bedenken haben.

Seit 2004 gelten neben dem Schwingetal auch rund 220 Hektar im Randbereich des Naturschutzgebietes Hohes Moor bei Oldendorf sowie am Rande des Ostetals mit den Landschaften Reither Bach und Obere Bever offiziell als besonders schützenswert. Das Land Niedersachsen hat unter anderem diese drei Gebiete im Kreis als Flora-Fauna-Habitat-Gebiete (FFH-Gebiete) an die Europäische Union gemeldet.

Innerhalb von sechs Jahren musste nun, das Europarecht in nationales Recht überführt werden. Im vergangenen Jahr ordnete der Landkreis eine vorläufige Sicherung an, die zwei Jahre Bestand hat. Jetzt gelte es, "eine endgültige Schutzstellung" anzustreben, sagte Stades Kreisbaurat Hans-Hermann Bode gestern während der Sitzung des Kreisausschusses für Regionalplanung und Umweltfragen.

Der Ausschuss empfiehlt dem Kreistag einstimmig, die Verordnungen über den Landschafts- oder Naturschutz für die drei genannten Gebiete auf den Weg zu bringen. Für Diskussionen sorgte das Schwingetal als größte Fläche dennoch. Für das als nächstes anstehende öffentliche Auslegungs- und Beteiligungsverfahren deutet sich also bereits weiterer Streit an.

Die Kreistagsabgeordnete Verena Wein-Wilke von den Grünen und ihre Fraktion hätten sich zum Beispiel das Schwingetal als Naturschutzgebiet gewünscht. Das Landschaftsschutzgebiet sei bereits ein "niedrigschwelliger Einstieg", sagte Wein-Wilke. Doch worin besteht eigentlich der Unterschied?

In einem Naturschutzgebiet sind Landschaft, Tiere und Pflanzen streng geschützt. Damit soll ein abgegrenztes und unter Naturschutz gestelltes Ökosystem so erhalten werden wie es ist. Ein Landschaftsschutzgebiet wird hingegen ausgewiesen, wenn es sich nicht um unberührte Natur, aber um eine trotzdem schützenswerte Landschaft handelt, die zum Beispiel auch Bedeutung für die Erholung hat. Landschaftsschutzgebiete umfassen vom Menschen geschaffene Kulturlandschaften, die sich ohne die Pflege des Menschen völlig verändern würden.

Im Schwingetal hätte ein Naturschutzgebiet gravierende Folgen für die bestehende Landwirtschaft. Gerade im Bereich der Schwinge gibt es viele landwirtschaftlich genutzte Flächen. Kreislandwirt Johann Knabbe spricht von mehr als 60 Prozent landwirtschaftlichem Grünland innerhalb des geplanten Landschaftsschutzgebietes.

Im Schwingetal solle laut Kreisbaurat Bode nicht nur der Status Quo gehalten werden, sondern das Gebiet auch entwickelt werden. Deshalb gebe es eine ganze Reihe von Verboten, aber auch Freistellungen. "Die Entwicklung der Flächen wird nur gemeinsam mit den Nutzern gehen", sagte Bode gestern. Deshalb sei diesen Nutzern Rechnung getragen worden.

Der SPD-Kreistagsfraktionschef Hans-Uwe Hansen mahnte jedoch an, zwischen allen Interessen abzuwägen und nicht zu sehr zu Gunsten externer Nutzung zu entscheiden. "In der Vergangenheit wurde im Landkreis Stade schon gegen die Interessen des Naturschutzes zusammengeschnippelt. Das ist nicht schön", sagte Hansen.

Wenn der Kreistag der Empfehlung des Fachausschusses folgt, können Einwände und Stellungnahmen formuliert werden. Das Verfahren soll im nächsten Jahr abgeschlossen sein. Einwände deuten sich zumindest im Schwingetal von Seiten der betroffenen Landwirte an. Nach Ansicht von Kreislandwirt Knabbe müssen vor allem zwei wichtige Punkte geklärt werden.

Erstens werde in der Verordnung eine 400 Quadtratmeter große Entwicklungsfläche gefordert, die jedoch nur in der Karte, nicht aber im Text auftauche. "Wir fordern dazu eine stichfeste Begründung", sagt Knabbe. Zweitens haben die Landwirte ein Problem mit einem fünf Meter breiten Streifen am Flussufer, der nicht genutzt werden darf. Auf zweieinhalb Metern soll sich das Flussufer selbst entwickeln, auf den anderen zweieinhalb Metern darf ab dem 1. August gemäht, aber der Schnitt nicht weggenommen werden.

Die Landwirte fordern jedoch eine komplette Nutzung dem 15. Juli, dem Ende der Brutzeit der Wiesenvögel. Ein wichtiger Grund dafür ist die Tatsache, dass die EU die Flächen nicht fördert, wenn sie nicht genutzt werden. Diesbezüglich kündigt Knabbe an: "Wir werden jetzt das Gespräch suchen."