Möbelhersteller Dedon bringt der deutschen Elf ihre Anhänger ganz nah - und die Spieler lesen die Fanpost auf Lüneburger Möbeln.

Steffen Haidweiler ist in Tagen wie diesen ein gefragter Mann. Empfängt ständig E-Mails voll positiver Energie. "Yes, super gemacht", schreiben die Absender, "Macht's noch einmal" oder "Weiter so, Lüneburg drückt die Daumen!" Von den mitgeschickten Fotos strahlen Gesichter glücklich, und dekoratives Beiwerk leuchtet schwarz, rot und goldfarben, sei es in Gestalt einer Flagge, einer Halskette oder eines komplett umlackierten Autos. So sieht Fanpost aus.

Steffen Haidweiler ist zufrieden - und das, obwohl keine einzige Zeile ihm selbst gilt. Von seinem Schreibtisch in einem Großraumbüro am Rande Lüneburgs aus schickt er die elektronische Post Zeile für Zeile und Bild für Bild weiter in den Garten des Oliwski-Dwór-Hotels in Danzig. Dort können die Fußballspieler um Kapitän Philipp Lahm Sekunden später lesen, was ihnen Fans aus ganz Deutschland wünschen. Das ist der heißeste Draht zur Nationalmannschaft, den es je gegeben hat. Ein Experiment. Haidweiler, beim Gartenmöbelhersteller Dedon der Mann fürs Online-Marketing, ist einer der Väter der Aktion.

Da überrascht es nicht, an welchem Ort die Fußballstars ihre Post aus Deutschland lesen können: in einem Sitzmöbel vom Typ Nestrest. Das geflochtene Konstrukt in Kegelform, 80 Kilogramm schwer, ist am Ast einer alten Eiche im Hotelgarten aufgehängt worden. Dedon hat das Serienmodell um einen 21-Zoll-Flachbildschirm ergänzt. "Die Computertechnik ist unter der Sitzfläche versteckt", sagt Haidweiler. "Auf dem Monitor laufen die Bilder in einer Endlosschleife." Rund 120 sind es bis gestern gewesen. Nicht schlecht dafür, dass die Aktion bislang fast nur durch Mundpropaganda an die Öffentlichkeit gelangt ist, meint der 27-Jährige.

Die Idee scheint im Mannschaftshotel gut anzukommen. "Eine tolle Idee", lässt Team-Manager Oliver Bierhoff ausrichten. "Wir alle waren sofort von der Möglichkeit begeistert, während des Turniers nah bei unseren Fans sein zu können und mit ihnen das Fußball-Highlight EM zu teilen." Sollte es eines Beweises dafür bedürfen, dass die Deutschland-Kicker in ihrer knapp bemessenen Freizeit tatsächlich mal einen Blick auf das werfen, was ihre Anhänger daheim so mitzuteilen haben, so dürfte den am ehesten ein Missgeschick liefern. Dedon-Sprecherin Julia Roeckner: "Die gucken auf den Screen. Das wissen wir, seit irgendjemand irgendwo draufgedrückt hat." Im Ergebnis wurde der Bildschirm schwarz, ein Programmierer musste einfliegen.

Wenn's um Computer geht, sind Fußballer eben auch nur ganz normale Anwender. Es ist beruhigend zu wissen, dass sie mit der runden Lederkugel besser umgehen können.

Auch wenn die Idee mit den Fangrüßen aus der Heimat neu ist: An Sitzmöbel aus Lüneburg haben sich die Spieler im Laufe vieler Jahre gewöhnen können. "Als Projekt-Partner der Deutschen Fußballnationalmannschaft statten wir das Mannschaftshotel seit der WM im eigenen Land 2006 bei jedem Turnier mit unseren Outdoor-Möbeln aus", sagt Julia Roeckner. Auch wenn jedes dieser Hotels sicherlich über eigene Gartenstühle verfügt hätte, ist so ein Umbau nicht ungewöhnlich. "Der DFB hat eigene Stylisten, die so ein Hotel ein bisschen hübsch machen für die Spieler. Es ist nicht so, dass die Mannschaft einfach eincheckt und dann ein paar Wochen bleibt." Nein, da werde vorher sehr, sehr viel Aufwand betrieben.

Dedon-Gründer Robert "Bobby" Dekeyser, 47, kennt auch dieses Geschäft. Er ist selbst Profi-Fußballer gewesen. Zwar liegt diese Zeit mittlerweile mehr als 20 Jahre zurück. Den Kontakt hat der gebürtige Belgier jedoch bis heute nicht verloren. "Es ist schon witzig, wenn plötzlich ein Michael Ballack bei uns im Büro steht", sagt Julia Roeckner. Und Oliver Bierhoff sei ein guter Freund des Chefs.

Der Chef ist jetzt erst mal gespannt, was der heiße Draht nach Danzig noch so hervorbringt. "Als früherer Torwart weiß ich genau, wie wichtig die Unterstützung der Fans für den Verlauf eines Turniers ist", sagt er.

Und da kommt der in Tagen wie diesen besonders gefragte Online-Spezialist Steffen Haidweiler wieder ins Spiel. ein bekennender Bayern-Fan übrigens. Ein Mann, der sich darauf freut, in den kommenden Tagen noch viele fröhliche Grüße in den Garten des Oliwski-Dwór-Hotels weiterleiten zu können. Ein Mann, der meint, dass die Fußball-Euphorie im Land noch steigerungsfähig ist "Bei diesem Turnier wurde man erst sehr spät in diesen Sog, in diese Stimmung reingezogen."