Eine Glosse von Cornelia Putzbach

Als leidenschaftliche Theatergängerin bin ich sehr aus auf Neues, Ungesehenes, die Dinge des Lebens auf den Kopf Stellendes und Inspirierendes. Nun die Überraschung: Meine alten Meister sind zurück. Wenn es vor sehr langen Jahren in der Schule hieß: Wir lesen Büchner, Lessing, Schiller, wurde mit den Augen gerollt - noch bevor klar war, um welches Stück es sich eigentlich handeln würde.

Nun sind sie alle wieder da. Werther und Woyzeck, Faust, Romeo und Julia und die Räuber. Nichts erinnert an lähmende Lesehausaufgaben, bei denen man nach zwei Seiten schon so müde war wie sonst nach einigen Runden Staffellauf um den Sportplatz

Mögen die Klassiker auch sehr jung gewesen sein, als sie ihre Stoffe zu Papier brachten: Wir brauchen die langen Jahre der eigenen Entwicklung, um jetzt mit großer Spannung und Offenheit zu erfassen, was dort wohl gemeint war. Wir brauchen die Brücke von Regisseuren und Schauspielern, die eingetaucht sind in die verzweifelten Stoffe, überraschenden Wendungen und Gültigkeiten bis in die Neuzeit. Diese Brückenstücke sehen wir in den meisten Fällen zum Glück nicht in Inszenierungen "wie damals".

Ich möchte wissen, was die Inhalte zu jener Zeit mit unserem Leben heute zu tun haben. Mit der Occupy-Bewegung, den wirtschaftlichen Verhältnissen, sozialen Aufgaben. Ich wünsche mit Aha-Erlebnisse. Und die erlebe ich oft und oft besonders beeindruckend auf den Bühnen unserer Stadt.