Problem: 52 Millionen Euro Subventionen von der EU gibt es nur dann, wenn Verkehr auf der A 26 von Horneburg bis zur Abfahrt Jork fließt.

Jork. Ob ein Verkehrschaos auf Jork zurollen könnte, wenn die Autobahn-Anschlussstelle Jork 2014 für den Verkehr freigegeben wird, interessierte so viele Bürger, dass im Veranstaltungssaal des Hotels Altes Land kein freier Platz mehr war. Eingeladen hatte die Fraktion Bürgerverein Jork (BVJ), um das Thema mit allen Sorgen und Fragen der Bürger und Fakten von Verkehrsexperten zu beleuchten.

Die Stimmung unter den 120 Zuhörern entglitt jedoch immer wieder vom Sachlichen ins Polemische, sogar Unhöfliche, als Gisela Schütt, Leiterin der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr für den Geschäftsbereich Stade, Jorks Bauamtschef Thomas Bültemeier sowie Heiko Köhnlein, Leiter des Kreisumweltamtes und zuständig für die Kreisstraßen und Professor Dietrich Fornaschon aus Jork Pläne, Prognosen und Analysen vorstellten. Immer wieder musste Moderator Partho Banerjea (BVJ) einlenken und die Wogen der Emotionen glätten, weil die Schmerzgrenze bei vielen schon jetzt vom Verkehr belasteten Bürgern offenbar erreicht ist. Klaus Hubert, Fraktionschef vom BVJ, brachte es auf den Punkt: "Wir haben die Entwicklung unterschätzt, nicht geglaubt, dass die A 26 über einen so langen Zeitraum von hinten nach vorn gebaut wird."

Weil das etwa vier Kilometer lange Teilstück des zweiten Bauabschnitts von Horneburg bis Buxtehude vorerst am Anschluss Jork endet, fürchten die Altländer für Jork einen Verkehrsinfarkt.

Doch 52 Millionen Euro Förderung von der Europäischen Union bringen die Landesverkehrsbehörde in Zugzwang. Das Geld fließt nur, wenn auch Verkehr zwischen Horneburg und dem vorläufigen Autobahnende rollt. Der jedoch muss dann über die Kreisstraße 26 in Richtung Neukloster oder Jork abfließen können.

Der Landesstraßenbaubehörde liegen aktuelle Zahlen aus einer Untersuchung der Firma SSP Consult zur Verkehrsbelastung für den Fall vor, dass die Autobahn für Jahre an der Jorker Straße (K 26) zwischen Jork und Neukloster endet. Demnach könnte sich das Verkehrsaufkommen Richtung Jork auf der K 26 von derzeit rund 8000 Fahrzeugen auf circa 15 000 pro Tag verdoppeln. Die alle fünf Jahre erfassten Zahlen für die Bundesstraße 73 weisen für das Jahr 2010 täglich 22 000 Fahrzeuge aus und für die Landesstraße 140, die West-Ost-Achse durch Jork durchschnittlich 15 000 Fahrzeuge. Da die Zählungen der Fahrzeuge stets außerhalb der Ortschaften erfolgen, müsse noch der Verkehr im Ort, etwa zwischen Wohngebieten und Einkaufsmärkten dazugerechnet werden, so Schütt. Für den wegen der Fördermittel notwendigen Autobahnverkehr zwischen Horneburg und Anschluss Jork sieht Schütt verschiedene Optionen: Zum Beispiel nur Pkw-Verkehr oder Fahrzeuge übergangsweise nur in eine Richtung passieren zu lassen, sowie ein Verbot für Schwerlastverkehr auf dem kurzen Teilstück. So könnte dennoch die EU-Auflage der Verkehrsfreigabe erfüll werden.

"Mit den vorliegenden Zahlen und verschiedenen Optionen könnten wir nun mit Bürgern, der Polizei und Gemeindevertretern in Dialog treten und gemeinsam nach realisierbaren Möglichkeiten suchen", sagte Schütt. Aus dem Saal ertönte abfälliges Gelächter, einer rief "Subventionsbetrug" wegen der 52 Millionen Euro. Ein Mann kritisierte die fehlende Einschätzung, wann das Chaos ausbreche und ein weiterer Zuhörer warf Schütt vor, dass sie keine Berechnungen für zu erwartende Feinstaubbelastungen durch Lkw vorweisen könne.

Für Irritationen sorgte auch Professor Dietrich Fornaschon mit veralteten Zahlen und der Aussage, dass Jork die von der A 26 zu erwartenden Fahrzeuge nicht tragen könne. Er sehe die Metropolregion Hamburg in der Pflicht, zuerst ihre Teilstücke fertigzustellen, damit der Verkehr dorthin abfließen könne, so Fornaschon. Der Professor, der in Jork wohnt, wurde vom Bürgerverein als Verkehrsplanungsexperte von der Buxtehuder Hochschule 21 und öffentlich bestellter Gutachter vorgestellt. Auf Anfrage des Abendblattes teilte die Hochschule jedoch mit, dass Fornaschon dort seit Jahren gar nicht mehr tätig ist.

Der Buxtehuder Ratpolitiker Heinrich Bröhan (CDU) kritisierte die Verkehrsexperten mit einem Rundumschlag: Alte Zahlen, keine zeitnahen Informationen, keine Aussage, wann der Anschluss der A 26 an die A 7 fertig sei. Er warf den Referenten auf dem Podium schlechte Vorbereitung vor. "Sollten sie nach Buxtehude kommen, erwarten wir Konzepte für die Kreuzung Dammhausen, für Neukloster und Heitmannshausen", sagte Bröhan. Jorks Bürgermeister Gerd Hubert konterte: "Was hat der Buxtehuder Rat denn bisher gemacht?" Hubert spielte damit auf die noch laufenden Klageverfahren der Stadt zum Autobahnanschluss Buxtehude und der Este-Querung in Richtung Neu Wulmstorf an, die den Weiterbau der Autobahn verzögern. Dort wird noch um das Thema Brücke oder Trog gestritten und geklagt. Die Troglösung unter der Este würde um ein Vielfaches teurer, so Schütt, als eine Brücke über die Kreisstraße 39 und die Este.