Eine Ausstellung dokumentiert die Geschichte der Fliegerei in der Heideblütenstadt aus der Zeit vor mehr als 100 Jahren bis heute

Schneverdingen. Mehr als 100 Jahre Luftfahrtgeschichte in der Lüneburger Heide dokumentiert eine Ausstellung, die noch bis zum 8. April in Schneverdingen zu sehen ist. Die heutige Heideblütenstadt war bereits zu Beginn des vorigen Jahrhunderts Schauplatz aufsehenerregender Flugversuche, während des Zweiten Weltkriegs waren hier deutsche Jagdflieger stationiert, und heute starten und landen Segelflieger auf dem Flugplatz auf dem Höpen.

Das erste Schneverdinger Flugfeld wurde 1909 auf Heideflächen in der Nähe des Bahnhofs errichtet. Hier unternahmen mutige Piloten Testflüge mit Maschinen des Hamburger Jacht- und Flugzeugkonstrukteurs Max Oertz. Es etablierte sich eine echte kleine Fliegerszene: Prinz Heinrich von Preußen, der Bruder Kaiser Wilhelms II, verfolgte mit Interesse die Flugversuche, die Schaulustige in Scharen aus Hamburg anlockten.

Abstürze der zerbrechlichen Maschinen mit mehr oder weniger tragischen Folgen waren beinahe an der Tagesordnung. An den Flieger Ernst Dax, der im Oktober 1911 tödlich verunglückte, erinnert heute in Schneverdingen ein Straßenname. Gleichzeitig machte Oertz mit seinen Flugzeugen aber auch deutlich erkennbare technische Fortschritte, die sich in Rekordzeiten bei Überlandflügen ausdrückten. So flog der Holländer Henry Wynmalen in nur 27 Minuten von Schneverdingen nach Hamburg-Wandsbek, Spitzengeschwindigkeiten von rund 150 Kilometern pro Stunde wurden bei diesen Flügen erreicht.

Kurioserweise kam es genau deshalb nicht zu einem kommerziellen Erfolg: Max Oertz hatte gehofft, seine Flugzeuge an das preußische Militär verkaufen zu können, doch dort bevorzugte man langsamere Maschinen, weil sich damit feindliche Truppen besser beobachten ließen. So verlegte Oertz sich auf den Bau von Wasserflugzeugen, der Flugplatz in Schneverdingen wurde 1913 geräumt.

25 Jahre später begann das zweite Kapitel Schneverdinger Fliegerhistorie mit dem Bau des Flugplatzes Reinsehlen, der 1939 in Betrieb genommen wurde. Wegen der weiten, dünn besiedelten Flächen war die Heide ein begehrter Standort für militärische Aktivitäten. Die Luftwaffe errichtete ab 1938 einen Versuchsflugplatz mit Rollfeldern, Luftabwehrstellungen und Flugzeughallen, der zunächst der Ausbildung von Piloten diente. Später starteten von hier aus Jagdflieger, die die alliierten Bomberverbände angreifen sollten. Zum Einsatz kamen unter anderem Maschinen der Typen Focke Wulf Fw 190 und Messerschmitt Bf 110, ebenso die Arado Ar 234 mit Strahltriebwerken, an deren charakteristisches Triebwerkgeräusch sich ältere Schneverdinger noch erinnern. Wiederum kam es zu tödlichen Zwischenfällen, so bei Kollisionen und Abstürzen. Ein abgeschossener US-amerikanischer Bomber vom Typ Boeing B-17, bekannt als "Fliegende Festung", fiel im März 1945 auf das Gebäude einer Schuhfabrik in Schneverdingen, das dabei zerstört wurde.

Der Flugplatz wurde immer wieder erweitert, doch letztlich nicht mehr wie geplant fertiggestellt und bei Kriegsende ohne Blutvergießen an die vorrückenden britischen Truppen übergeben. Das Gelände diente dann einige Jahre lang als Flüchtlingslager, bis die Engländer es für sich beanspruchten und hier ihr militärisches Hauptquartier "Camp Reinsehlen" einrichteten.

Die ersten Segelflieger in Schneverdingen waren englische Militärangehörige, die nach dem Krieg private Flüge unternahmen. 1951 wurde dann der Luftsportverein Schneverdingen gegründet. Bis heute findet jedes Jahr von März bis Oktober auf dem Flugplatz des Vereins auf dem Höpen ein reger Segelflugbetrieb statt, bei schönem Wetter sind häufig mehrere Segelflieger gleichzeitig am Himmel über Schneverdingen zu sehen.

In einer der alten Flugzeughallen aus Luftwaffenzeiten stehen nach einer umfangreichen Sanierung heute die Segelflugzeuge. Regelmäßig im September lädt der Luftsportverein zum Tag der offenen Tür ein. Dann präsentiert sich Schneverdingens inzwischen dritter Flugplatz zahlreichen Besuchern, die hier auch als Passagiere zu Rundflügen über die Heide abheben können.

Die Anfänge der Fliegerei in Schneverdingen seien ein fast vergessenes Stück Geschichte, sagte Hartmut Fach, der Vorsitzende des Kulturvereins Schneverdingen, bei der Eröffnung der Ausstellung. Gezeigt werden historische Fotos, Karten und aktuelle Luftaufnahmen. Auf Informationstafeln sind außerdem spannende Texte über Menschen und Maschinen, Flugtage, Abstürze und Rekordflüge nachzulesen.

"Futter" fanden die Ausstellungsmacher unter anderem in einem in dieser Zeitung erschienenen Artikel, der die ersten Flugversuche in den Jahren 1909 bis 1913 beleuchtete.

Die Ausstellung "Piloten und Flugmaschinen über Schneverdingen" ist in der Kulturstellmacherei Schneverdingen, Oststraße 31, noch bis zum 8. April zu sehen. Geöffnet ist die Ausstellung dienstags von 15 bis 17 Uhr, donnerstags von 19 bis 21 Uhr und sonntags von 16 bis 18 Uhr.

www.kulturverein-schneverdingen.de