Die neue, umweltfreundlichere und hochmoderne Fähre kostet 2,1 Millionen Euro. “Dat Ole Land II“ pendelt zwischen dem Alten Land und Wedel.

Lühe/Grünendeich/Wedel. Es ist nicht das Wetter, um mit einem nagelneuen Schiff entspannt auf Jungfernfahrt von Lühe nach Schulau zu gehen. Eine steife Brise peitscht das Elbwasser zu Wellen mit Schaumköpfen und stäubt Gischt über den Bug. Kapitän Thorlef Hoffmann steht die Anspannung ins Gesicht geschrieben. Gemeinsam mit Kapitän Edgar Baumgarten steht der erfahrene Seemann auf der Brücke und achtet auf jede Kleinigkeit. "Alles ist neu, noch ungewohnt trotz unserer Probefahrten", sagt Hoffmann.

Seine Augen strahlen, als er von der neuen Technik an Bord berichtet. "Da gibt es in der Praxis noch viel auszuprobieren." Denn im Vergleich zur ausgemusterten Fähre, die nach Cuxhaven verkauft wurde und dort als Ausflugsschiff im Küstenbereich fahren wird, hat die neue schnittige Fähre nicht nur einen Hauch von Eleganz und ein einladendes Ambiente der Fahrgasträume, sondern auch jede Menge Hightech im schlanken Bauch.

Kapitän Hofmann schwärmt von den beiden Scania-Motoren, die mit jeweils 331 Kilowatt, also 900 Pferdestärken, die zwei Schiffsschrauben antreiben. Neu sind auch das Bugstrahlruder und viele elektronische Finessen. Die hatten kurz vor Überführung der Fähre von der Bolle-Werft in Derben bei Magdeburg in den Heimathafen Grünendeich genau wie der Eisgang auf der Elbe noch für Aufregung gesorgt, so Kapitän Hoffmann, weil sich die Abschlussarbeiten daran verzögerten.

Auch die Fahreigenschaften von "Dat Ole Land II" seien völlig anders, so der Schiffsführer. "Die Fähre ist mit 220 Tonnen um das Doppelte schwerer als unser altes Schiff, hat mit 1,45 Metern 23 Zentimeter weniger Tiefgang, was sich beim Manövrieren deutlich auswirkt", sagt Hoffmann, der 16 Jahre lang Chemietanker über die Weltmeere gesteuert hat. Zudem ist sie 8,85 Meter länger und 1,84 Meter breiter als ihre Vorgängerin.

Es liegen mehr als 20 Jahre technischer Entwicklung zwischen der altvertrauten und der völlig neuen Fähre. Einzig die Geschwindigkeit, für die das Doppelherz im Maschinenraum schlägt, bleibt mit etwa 11,7 Knoten, die das Schiff auf Tempo 25 Kilometer pro Stunde bringen, annähernd gleich. Ob sich der Kraftstoffverbrauch ändern wird, kann nach so kurzer Zeit noch nicht genau gesagt werden.

Es sind nun zwei Maschinen, die effizienter und umweltfreundlicher als der alte 421-PS-Motor (310 Kilowatt) laufen. Knapp 80 Liter Diesel pro Stunde schluckte die alte Maschine. Doch auch mit dem neuen Antrieb wird der erfahrene Kapitän wie gehabt clever mit Treibstoff haushalten und die Kraft des auf- oder ablaufenden Elbwassers mit nutzen.

Die ersten Fahrgäste genießen indessen die komfortable Innenausstattung der neuen Fähre, während sie sich ihren Weg durch unruhiges Fahrwasser Richtung Schulau bahnt. Strapazierfähige Holzoptik der Bodenplanken, elegante, bequeme Sitzlösungen und sogar eine Spielecke mit Lego-Bausteinen für die jüngsten Fahrgäste werden ausnahmslos gelobt.

Die Innengestaltung hatte Antje Hoffmann, die Frau des Kapitäns und Geschäftsführers der Lühe-Schulau-Fähre, übernommen. "Sowohl kind- als auch seniorengerecht sollte die Einrichtung sein, damit sich wirklich alle Passagiere wohlfühlen können", sagt Antje Hoffmann. Ganz klar, dass auch Rollstuhlfahrer die Fährverbindung über die Elbe nun problemlos nutzen können.

An Bildschirmen in den Fahrgasträumen können die Passagiere den Schiffskurs auf Seekarten verfolgen. Über mehrere Außenkameras erhalten sie Informationen über Sehenswürdigkeiten entlang der Elbufer. Auch für die Steuerung oder das Anlegen des Fährschiffes bekommt der Kapitän Informationen von verschiedenen Außenkameras via Bildschirm. Etwa 250 Sitzplätze bietet "Dat Ole Land II" auf 34 Meter Länge und 8,50 Meter Breite. Dazu gibt es Stellmöglichkeiten für rund 70 Fahrräder. "Wir mussten die Kapazität der Fähre erhöhen, um den steigenden Anforderungen besonders in der Hochsaison im Sommer gerecht zu werden", sagt Antje Hoffmann. "Wir haben mit den Ingenieuren der Bolle-Werft ein neues Fährschiff für die Bedürfnisse unserer Fahrgäste auf dem Reißbrett maßgeschneidert." Die Finanzierung habe "gut geklappt", so die Hoffmanns.

Die Bruttokosten für das neue Schiff von etwa 2,1 Millionen Euro werden von allen Anteilseignern getragen. Rund 1,8 Millionen Euro werden die Kommunen beisteuern. Etwa 300 000 Euro bestreitet die Fährgesellschaft aus Eigenmitteln. Dazu kommt noch der Erlös aus dem Verkauf der alten Fähre. Die Lücke wird über einen Kredit finanziert, den die Anteilseigner-Kommunen schultern. Gesellschafter der Lühe-Schulau-Fähre sind der Landkreis Stade mit 35 Prozent, die Hansestadt Stade mit 25 Prozent, die Stadt Wedel mit 20 Prozent sowie die Samtgemeinde Lühe und die Einheitsgemeinde Jork mit je zehn Prozent Beteiligung am Stammkapital.

Das Jahr 2011 war für die Lühe-Schulau-Fähre mit mehr als 90 000 Passagieren ein Rekordjahr. Etwa 60 Pendler nutzen die Fährverbindung über die Elbe regelmäßig. Die ist nun täglich wieder möglich. Alle Informationen zu den Abfahrtzeiten im Winter- und Sommerfahrplan unter www.luehe-schulau-faehre.de

Die neue Fähre arbeitet sich aus Wedel kommend durch Wind und Wellen zurück zum Alten Land. Gemeinsam mit Decksmann Anatoli Neppke manövrieren die Kapitäne Baumgarten und Hoffmann das gelb-blaue Schmuckstück hoch konzentriert zum Lüheanleger in Grünendeich. Mit Fingerspitzengefühl steuern sie die Fähre backbord sanft an den Anleger.

Neppke legt einen vorbildlichen Achtknoten am Poller. In Kapitän Hoffmanns Gesicht ist freudiges Stahlen. "Sie ist doch ein wunderschönes Schiff", sagt der Käpt'n, und freut sich nach der gelungenen Jungfernfahrt auf die Schiffstaufe am 17. März.