Prozessauftakt vor dem Landgericht: Alexander D. legt umfassendes Geständnis ab. Er habe den Tod der Frau nicht gewollt.

Stade. Alexander D. blickt immer wieder nach unten. Es fällt ihm sichtlich schwer, über das Geschehene zu sprechen. Der 32-Jährige hat zugegeben, die 44 Jahre alte Prostituierte Natalia P. in einer Modellwohnung an der Teichstraße in Stade erwürgt zu haben. Doch er sagt, es sei ein Versehen gewesen. Die Frau starb während einer Sexpraktik, die er nur ihr zuliebe ausgeübt habe. Er habe das nicht gewollt, sagt der Mann, der sich jetzt wegen Totschlags vor dem Landgericht Stade verantworten muss.

Es ist der 22. September 2011. Alexander D. fährt mit dem Zug von Uelzen nach Stade. Dort möchte er die Prostituierte Natalia P. besuchen. Die beiden kennen sich bereits seit März 2011. Damals ging D. als Freier in ein Uelzener Bordell, dort lernte er die Russin kennen. Er ging immer wieder zu ihr, verliebte sich sogar in sie.

Auch die Frau entwickelte offenbar Gefühle für D. Nach dem vierten Besuch habe er auch nicht mehr für den Geschlechtsverkehr bezahlen müssen, sagt D. "Wir haben eine gemeinsame Zukunft geplant." Deshalb sei er ihr in einige Städte nachgereist, in denen sie als Prostituierte arbeitete, nach Hamburg, Gifhorn und Stendal.

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An diesem Tag fährt er zum ersten Mal nach Stade. Mit dem Taxi lässt er sich vom Bahnhof in die Teichstraße zu der Modellwohnung fahren, in der Natalia P. derzeit wohnt und ihre Freier empfängt. Sie essen gemeinsam. Er trinkt Alkohol. Doppelkorn. Fast eine ganze Flasche. Einen Monat zuvor war sein Großvater gestorben, den er zuvor gepflegt hatte. "Seitdem habe ich zur Flasche gegriffen. Es half einige Zeit gegen den Schmerz", sagt D.

Der Tod des Großvaters ist einer von vielen Schicksalsschlägen in Alexander D.s Leben. Seine Mutter starb vor knapp zweieinhalb Jahren, sein Vater leidet an Krebs. Auch die Mutter von Natalia P. starb vor wenigen Jahren. Ein Grund, warum sie sich mit Alexander D. so gut versteht. An diesem Abend haben die beiden noch Geschlechtsverkehr, dann sehen sie fern, unterhalten sich und schlafen gegen 22 Uhr ein.

Am nächsten Morgen soll es nach der Dusche wieder zum Geschlechtsverkehr kommen. "Ich sollte sie vorher würgen", sagt D. Das habe sie schon zuvor einmal von ihm verlangt. "Ich mag so etwas nicht, doch ich wollte sie nicht enttäuschen." Die 44-Jährige legt sich auf den Rücken und D. würgt sie mit der rechten Hand. Nach kurzer Zeit dreht sie sich auf den Bauch und sagt: "Wir machen das anders."

Heute sagt Alexander D. mit leiser Stimme: "Das war das Letzte, was sie jemals gesagt hat." Am Tag der Tat würgt D. die Frau, während er auf ihrem Rücken sitzt. Er legt seine Stirn auf ihren Nacken. Plötzlich bemerkt er, dass ihr Körper weich wird. Er lässt los und richtet sich auf. Er sieht, wie die Beine und Finger der Frau zucken.

D. dreht Natalia P. auf den Rücken. Ihr Gesicht ist blau, der Mund offen. "Ich habe kurz versucht, sie mit dem Mund zu beatmen und sofort gedacht, dass ich sie umgebracht habe." D. verfällt in Panik. Er deckt den leblosen Körper ab, sitzt noch einen Moment neben ihm und raucht. "Ich kann mir bis heute nicht verzeihen, warum ich nicht einfach den Notarzt gerufen habe", sagt D. Dann verlässt er die Wohnung, kauft sich auf dem Weg zum Bahnhof eine Flasche Schnaps und fährt mit dem Zug nach Uelzen. "Ich wollte es meinem Vater erzählen und dann zur Polizei, doch dann verließ mich der Mut."

Er offenbart sich seinem besten Freund, sagt ihm, dass er sich umbringen will. Mittlerweile hat D. mehr als zwei Promille Alkohol im Blut. Doch sein Freund überredet ihn, zur Polizei zu gehen und bringt ihn zur Wache in Uelzen. Dort erzählt D. die ganze Geschichte. Er wird festgenommen. Gegen ihn wird ein Haftbefehl erlassen. Seit gestern muss sich Alexander D. vor dem Stader Landgericht verantworten. Der Prozess wird fortgesetzt.