Touristiker und die Kirche wollen gemeinsam Strategien erarbeiten, um mehr Touristen in die Kirchen zu holen.

Stade. Was für New York der Times Square oder für Paris der Eifelturm ist, das könnte für die Region Unterelbe demnächst die Orgellandschaft sein. Denn die möchte das seit dem 1. Januar gestartete Projekt "Orgel und Kulturjournalismus in der Region Unterelbe" als einen Touristenmagnet von internationalem Rang etablieren.

Die Grundvoraussetzungen dafür wurden vom 16. bis zum 19. Jahrhundert gelegt. Damals blühte das Orgelhandwerk vor allem in den beiden historischen Hansestädten Stade und Buxtehude. Der Landkreis Stade gehört seither mit seinen insgesamt 25 historischen Orgeln von namhaften Orgelbauern wie Arp Schnitger oder Philipp Furtwängler zu einer der bedeutendsten Orgellandschaften weltweit.

Um die intakt zu halten, bemühen sich die Altländer intensiv. Für die Instandhaltung der Schätze zeigt man örtlich eine hohe Spendenbereitschaft.

Dank der finanziellen Unterstützung konnte man beispielsweise in den letzten vier Jahren die Kirchenorgeln in den Gemeinden Grünendeich, Mittelnkirchen, Hollern und Borstel restaurieren - auch in Steinkirchen ist man zurzeit am Werkeln.

Um auch das überregionale Interesse für die Orgellandschaft zu wecken, wurden zuletzt zwar schon mit ersten Erfolgen auf Reisemessen, Kirchentagen oder der deutschen Tourismus-Börse geworben, an Vermarktungsstrategien für die gesamte Orgellandschaft mangelte es bisher. Für die Vermarktung soll jetzt das Orgeltourismus-Projekt zuständig sein.

"Der Kreis Stade möchte mit der Orgelakademie Stade und der Kirche den Orgelschatz auch anderen näher bringen", so Stades Landrat Michael Roesberg. Insgesamt kostet das dreijährige Projekt 300 000 Euro. 75 000 Euro investiert dabei der Kreis Stade, und 225 000 Euro steuert die Europäische Union bei. Mit Hilfe der Fördermittel sollen passende Angebote für die Touristen ausgearbeitet und weiterentwickelt werden.

Um das wertvolle Kulturerbe zwischen Elbe und Weser Menschen aller Altersgruppen zugänglich machen zu können, organisiert die Orgelakademie Stade bereits schon seit zehn Jahren Projekte wie "Alte Orgeln für junge Menschen", betreibt Forschung, erstellt Publikationen und veranstaltet Orgelreisen, -exkursionen und Orgelführungen. Diese touristischen Aktivitäten werden nun in dem neuen Orgeltourismus-Projekt strukturell weiterentwickelt, um noch mehr Menschen an die Orgelschätze im Alten Land heran zu führen.

Die Tourismusexpertin der Landesregierung Claudia Schmidt sagt: "Bei den zu entwickelnden touristischen Angeboten muss bedacht werden, dass es sich bei den Reisenden in die Region Unterelbe derzeit vor allem um Tagesausflügler handelt. Für die sollte die Erlebnisdichte während eines Ausflugs hoch und die Entfernung zwischen den einzelnen Attraktionen gering sein. Zur vollen Gästebefriedigung sollte es Kombinationspakete in Form von Radtouren von Kirche zu Kirche mit Orgelvorführungen oder Konzerte mit Übernachtungen und Restaurantbesuchen geben. Schließlich möchten die Ausflügler nicht nur die Orgellandschaft kennenlernen, sondern auch ihr Umfeld."

Um die Musik, Architektur und Technik den Touristen verständlich näher zu bringen, benötigt es gute Organisten und Reiseführer. "Wir möchten mehr Organisten ausbilden, Stipendien anbieten und letztendlich einen Organistenpool schaffen. Es ist wichtig, dass wir genügend professionelle Organisten haben. Die Instrumente mit ihrem unglaublichen Klangbild müssen für die Touristen regelmäßig über das Jahr verteilt zu hören sein", so Orgelkulturtourismus-Projektleiter Christoph Schönbeck.

Annegret Schönbeck von der künstlerischen Projektleitung dazu: "Es geht dabei nicht nur darum, dass die Organisten das Orgelspiel als solches nur beherrschen, sondern auch wissen, wie sie als Experte das Instrument dem Laien vermitteln können. Diese Lehrleistung muss ihnen in Kursen gezeigt werden. Zur Unterstützung werden wir deshalb zusätzlich auch Orgelführer ausbilden." Damit die historischen Instrumente Touristen aus der ganzen Welt in den Landkreis Stade und die nähere Umgebung locken, ist geplant, von den Orgeln der Region Videos zu drehen.

Die werden dann im Internet auf You Tube und andere Plattformen gestellt. Zudem soll es Flyer und eine Datenbank mit Bildern und Beschreibung von den jeweiligen Orgelschätzen geben. Das touristische Angebot und alle Termine rund um die Orgellandschaft werden auf einer Internetseite dargestellt.

Die weltweiten Vernetzung des regionale Kulturerbes muss nach Ansicht der Experten dringend geschehen. So besteht die Chance, die Neugierde für die wertvollen Musikinstrumente global zu wecken und einen regional übergreifenden Orgeltourismus zu etablieren. Der kann dann langfristig die Tourismuswirtschaft ankurbeln.